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PR NEO 0035 – Geister des Krieges

PR NEO 0035 – Geister des Krieges

Titel: PR NEO 0035 – Geister des Krieges Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Humberg
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bleiben, wenn ich das nicht will?«
    Toreeads dünnlippig-ovaler Mund verzog sich. »Du bleibst, weil ich die Verantwortung für dich trage. Ich bürge bei meinen Vorgesetzten mit meinem eigenen Leben dafür, dass du unter Kontrolle bist und nichts tust, was Verlauf und Ausgang unserer Mission beeinträchtigen könnte. Dich frei und unbewacht auf dem Schiff zu wissen ist schlicht inakzeptabel.«
    Rhodan hob eine Braue. Daher wehte der Wind also.
    »Perry ...«
    »Schon in Ordnung, Ras«, wiegelte er abermals ab. Er drehte sich nicht zu Tschubai um und ließ den Naat nicht aus den Augen. »Toreead und ich unterhalten uns nur. Wie damals beim Essen.«
    Rhodan erinnerte sich gut an den Borschtsch, den Toreead ihm in die Zelle gebracht hatte. In jenem Moment waren sie sich einander weniger fremd gewesen. Konnte er nun darauf aufbauen?
    Langsam ging er zwei Schritte auf seinen unfreiwilligen Gastgeber zu. Toreead rührte sich nicht vom Fleck. »Mit deinem Leben, ja?«, fragte Rhodan. »Erklär mir eines, Toreead: Welchen Wert besitzt dieses Leben noch? Der Verband befindet sich mitten im Sturm auf Rayold, zugegeben, aber man muss kein Stratege sein, um zu erkennen, welchen Ausgang dieser Sturm haben wird. Die Naats verlieren. In jeder Minute, die wir hier stehen, sterben deine Artgenossen an der stupiden Uneinsichtigkeit ihrer Vorgesetzten. Ihr mögt euch überlegen fühlen, aber wie der Verlauf dieses Angriffs belegt, seid ihr es nicht. Die Topsider dort unten halten ihre Stellung mit aller Kraft, die sie aufzubringen vermögen. Sie verteidigen das Tatlira-System, weil sie das Despotat verteidigen, ihre Heimat. Ihr könnt und ihr werdet sie nicht in die Knie zwingen. Also, Toreead, sag mir: Welchen Wert hat dieses Leben, das du durch mich in Gefahr siehst?«
    Die spontane Ansprache hatte Spuren im schwarzen, ledrigen Gesicht des Naats hinterlassen, auch wenn Toreead sich sichtlich um das Gegenteil bemühte. Die Naats wussten höchstwahrscheinlich nichts von Crests Zugriff auf ihre Bordpositronik; sie hatten keine Ahnung, dass einige ihrer menschlichen und arkonidischen Gefangenen bestens über den Zustand der Schlacht um Rayold I informiert waren.
    Für Toreead hatte Rhodan bis eben rat- und tatenlos in einer winzigen Zelle ausgeharrt und mit seinem Schicksal gehadert. Dennoch ließ sich der Naat nicht anmerken, ob und wie sehr ihn Rhodans ebenso treffende wie tadelnde Analyse überraschte.
    »Ihr werdet sterben, Toreead«, setzte Rhodan eindringlich nach. »Wir alle werden es, wenn ihr nicht schnellstens euer Vorgehen ändert.«
    Als wollte es seine Worte unterstreichen, zog just in diesem Augenblick ein weiteres Beben durch den Leib der ITAK'TYLAM. Rhodan spürte die ungleichmäßigen Vibrationen unter den Fußsohlen. Ein Treffer mehr. Wie viele würden folgen, bis das Schiff endgültig vernichtet war?
    »Wahrscheinlich hast du recht«, sagte Toreead nüchtern. Die brenzlige Situation des Schiffs schien an ihm abzuprallen. Das Licht flackerte kurzzeitig.
    »Wahrscheinlich?« Rhodan schüttelte seufzend den Kopf. Diese elende Sturheit! Wem nutzte sie? »Ich habe recht, das weißt du mindestens so gut wie ich. Die ITAK'TYLAM kämpft bislang nicht an vorderster Front; es mag also sein, dass sie diese Schlacht tatsächlich übersteht – wenngleich ich es stark bezweifle. Aber was dann, Toreead? Dann stirbst du in der nächsten. Oder der übernächsten. Die Arkoniden nutzen euch doch aus! Sie zwingen euch in den Krieg, und ihr pariert! Ich bin kein Naat, aber ich glaube euch inzwischen gut genug zu kennen, um dir eines attestieren zu können: Mit eurem kritiklosen Gehorsam und eurem Hang zum Kämpfen manövriert ihr euch selbst in die Ecke. Stirbst du nicht heute und hier, dann doch garantiert bald unter ähnlichen Umständen. Es sei denn, du änderst deine Ansichten und nimmst endlich Vernunft an!«
    Es mutete fast überheblich an, den Naat so zu tadeln. Rhodan bedauerte es, kaum dass die Worte seinen Mund verlassen hatten. Doch er wusste, wie nötig sie gewesen waren. Die Naats rannten blindlings ins Verderben und rissen seine Gefährten und ihn mit sich. Er musste sie aufhalten – und die beste Option dazu war stets das direkte Gespräch.
    Aber verstehen sie meine Argumente? Können sie das überhaupt? Er hoffte es. Andernfalls hätte er genauso gut versuchen können, einen Fantan zum Verzicht auf sein Besun zu überreden. Ich darf andere Zivilisationen nicht nach menschlichen Maßstäben messen – und sie auch nicht

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