PR NEO 0037 – Die Stardust-Verschwörung
gesteckt. Sie scheren sich nicht darum, ob wir leben oder sterben, wenn wir nicht mehr nützlich für Sie sind.«
Jedes Wort schnitt in Crests Seele. Tatsächlich – exakt so war es bislang gewesen. Ich schäme mich dafür, wollte er sagen, doch er brachte die Worte nicht über die Lippen. »Die Dinge ändern sich«, sagte er stattdessen. »Und es wird höchste Zeit, dass auch die Arkoniden das erkennen.«
»Sie sind der Erste, dem es so ergeht, ja?«, fragte Novaal. Dieser Mann war es gewohnt gewesen, Befehle an Hunderte, Tausende seiner Art zu erteilen. Er hatte Raumschlachten kommandiert und dem Tod dutzendfach ins Gesicht geblickt. Dennoch fiel es ihm offenbar schwer, mit einem alten Arkoniden umzugehen, der einem sterbenden Naat gegenüber Barmherzigkeit erwiesen hatte.
»Ich bin in mancherlei Dingen der Erste«, sagte Crest, und seine Hand fuhr an den eiförmigen Zellaktivator, der an einer Kette um seinen Hals hing. Nur die wenigsten kannten die Bedeutung dieses Gerätes, das ihm die Unsterblichkeit verlieh. In dieser Hinsicht ähneln wir uns, Novaal, dachte er. Wir beide verbergen etwas, um uns zu schützen. Nur dass Ihr Geheimnis ans Licht gerissen wurde und von meinem nur wenige wissen. »Aber darum bin ich nicht hier.«
»Sondern?«
Crest legte den Kopf in den Nacken, um Novaal in das Dreieck aus glühenden Augen schauen zu können. »Darf ich Ihren Sohn sehen?«
»Sie bitten mich um Erlaubnis? Das ist nicht die arkonidische Art!«
»Ich sagte doch, dass ...«
»Was wollen Sie von Sayoaard? Den Naat-Krüppel bestaunen, dem sein Vater den Moralvorstellungen seiner Kultur folgend unmittelbar nach der Geburt die Gnade des Todes hätte erweisen müssen?« Novaals Arme hoben sich, und einen Augenblick lang sah es so aus, als wollte er den Arkoniden packen und ihm den Kopf mit bloßen Händen von den Schultern reißen.
»Sie verstehen mich nicht«, sagte Crest, »und das kann ich Ihnen noch nicht einmal verübeln. Vielleicht kann ich Ihrem Sohn helfen.«
Mit einem Mal verschwand alles Imposante aus Novaals Erscheinung. Er sackte in sich zusammen, schien all sein natürliches Charisma zu verlieren. »Helfen«, wiederholte er nachdenklich. »Ich glaube nicht, dass ihm noch jemand helfen kann.«
Crest deutete an dem Naat vorbei auf die Tür. »Darf ich?«
Novaal ging einen Schritt zur Seite. Die mächtigen Säulenbeine schrammten über die Kante eines Schränkchens; ein Wunder, dass es nicht zerbrach.
»Eins noch«, bat Crest, »ehe ich hineingehe.« Er stockte, denn er wusste den Namen des toten Soldaten nicht. »Der Sterbende eben nannte einen Namen. Ich habe ihm etwas versprochen. Wissen Sie etwas über einen gewissen Praeliriis?«
Novaal ließ sich auf alle viere hinab. So konnte er Crest genau in die Augen schauen. »Der Mann, dessen Tod Sie beobachtet haben, diente seit einigen Jahrzehnten unter meinem Kommando. Ich weiß alles über Praeliriis oder doch mehr als jeder andere außer ihm.«
»Wo kann ich ihn finden oder Kontakt mit ihm aufnehmen?«
Der Naat gab rasche, abgehackte Laute von sich, indem er ruckartig die Luft ausstieß. Er lachte, wie Crest auf einmal klar wurde, völlig humorlos und mit einem Hauch von Bitterkeit. »Praeliriis war sein leiblicher Bruder. Und dann, Jahre später, ein Soldat, mit ihm gemeinsam in der Ausbildung. Der Mann eben, er beging einen Fehler, und Praeliriis starb. Das ist Jahrzehnte her. Er kam als gebrochener Mann unter mein Kommando, und er ging als Held.«
Langsam wandte sich Novaal um und kroch auf allen vieren durch die Tür. Dazu musste er sich schräg lehnen, weil seine Schulterbreite sonst den Rahmen gesprengt hätte. Es war die einzige Möglichkeit für ihn, den kleinen Raum dahinter zu betreten.
Dort lag sein verkrüppelter Sohn Sayoaard. Crest sah ihn an, und der Anblick weckte sein Mitleid. Durch seine Verkrüppelung war der junge Naat schon genug gestraft, und nun kamen die neuen Wunden hinzu. Beim Kampf um die VEAST'ARK war er von Sergh da Teffrons Gehilfen Stiqs Bahroff schwer verletzt worden. Bahroff hatte den Naat von der mobilen Medoeinheit getrennt, ohne deren Unterstützung der Junge zum Tode verurteilt war. Die Mediker hatten ihn verarztet, verbunden, seinen Körper abgedeckt. Fast sah er so aus, als schliefe er nur.
Fast.
Tatsächlich lag er in tiefem Koma und dämmerte offenbar unaufhaltsam dem Tod entgegen. Die Ärzte bezweifelten, dass er das Bewusstsein noch einmal zurückerlangte, ehe es für immer erlosch.
Crest atmete tief
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