Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
PR NEO 0039 – Der König von Chittagong

PR NEO 0039 – Der König von Chittagong

Titel: PR NEO 0039 – Der König von Chittagong Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
Vom Netzwerk:
Verkleidungsflächen war bereits entfernt worden, und Kakuta hatte das Gefühl, dass das Schiffswrack jederzeit in sich zusammenbrechen konnte.
    Wenn es nun genau jetzt geschah? Wenn Sandhya und Sengu starben, weil er geflohen war?
    Kakuta schloss die Augen und konzentrierte sich. Er hatte das Bild der Kabine genau vor Augen. Er hatte nur wenig Mühe, sein Ziel anzuvisieren.
    Helligkeit wurde zu schummrigem Licht, Sturmwind zu abgestandener Luft, Weite zur bedrückenden Enge eines Raums.
    Eine punktgenaue Landung. Kakuta hätte zufrieden sein müssen. Doch er spürte keinerlei Genugtuung, denn weder Sengu noch der Junge waren irgendwo zu entdecken.
     
    Er streckte den Kopf in den Gang und sah sich vorsichtig um. Einer Eingebung folgend, wandte er sich nach links. Das Schiff hatte leichte Schlagseite. Er hatte das Gefühl, eine Schräge begehen zu müssen.
    Von irgendwoher ertönte ein donnernder Schlag, dann noch einer. Gelächter und Gekreische. Laute Kinderstimmen. Er konnte nicht bestimmen, aus welcher Richtung der Lärm kam.
    Kakuta folgte dem Gang, durchsuchte die Kabinen entlang seines Wegs. Nirgendwo zeigten sich Spuren von Sandhya oder Sengu, ganz im Gegenteil: Je länger er sich im Inneren des Schiffs aufhielt, desto mehr überkam ihn ein Gefühl der Unwirklichkeit. Ihm war, als wären diese Räume nicht Gegenstand einer wirklichen Welt, sondern der eines Traums. Die Perspektiven verschoben sich. Manchmal waren die Gänge und Kabinen weit und geräumig, dann wieder konnte er die Wände links und rechts mit ausgestreckten Armen berühren, so eng standen sie beisammen. Ihm schwindelte, er schnappte nach Luft.
    Hier stimmte etwas ganz und gar nicht! Er musste das Wrack so rasch wie möglich verlassen.
    Er machte eine Kehrtwendung und lief, ohne an seine Sicherheit zu denken. Nach einigen Schwierigkeiten fand er in die Kabine des Kindes zurück. Hier war alles so, wie er es in Erinnerung behalten hatte.
    Oder?
    Wo waren die Nieten geblieben, die sich in die Decke gebohrt hatten? Wo die Matratze, auf der der Hund gelegen hatte – und wo war das Tier? Warum konnte er keinerlei Spuren entdecken?
    Das Schwindelgefühl nahm immer mehr zu. Kakuta meinte, jeden Augenblick erbrechen zu müssen. Er hielt es hier nicht mehr länger aus, er musste weg!
    Er konzentrierte sich auf den Leuchtturm, schloss die Augen und – stand noch immer in der Kajüte. Er schaffte es nicht, hatte nicht mehr die Kraft für die Flucht.
    Die Wände waren näher an ihn herangerückt. Sie schoben sich über Möbel und Kästen, über eine losgelöste Sanitäreinheit und mehrere Polster. Fraßen sie auf, beseitigten sie.
    Der Ausgang – er war nur noch ein Türchen, kaum einmal einen halben Meter hoch und viel zu eng, um durchkriechen zu können, während sich die Decke in unerreichbarer Höhe befand. Die Dimensionen verschoben sich ins Irrwitzige, und je länger er sich auf einen Gegenstand inmitten dieses Chaos zu konzentrieren versuchte, desto schlechter ging es ihm.
    Die Wände berührten ihn links und rechts. Die Bullaugen waren gerade mal groß genug, dass er seine Finger hindurchstecken konnte. Er fühlte sich zusammengepresst, zusammengestaucht, zwischen die Dimensionen gedrückt. Wenn er nicht bald einen Ausweg aus diesem schrumpfenden Gefängnis fand, würde er verloren gehen, sich in einer Welt verlieren jenseits des Denkbaren. Denn dass dies kein realer Ort war, daran gab es keinen Zweifel mehr.
    Der Druck wurde stärker. Kakuta konnte seine Arme nicht mehr bewegen, sein Brustkorb wurde zusammengepresst, er bekam keine Luft mehr. Unter ihm und über ihm war Schwärze.
    Kakuta fühlte mit einem Mal eine sonderbare Ruhe und Gelassenheit. Es hing einzig von ihm ab, ob er es schaffte, seine Gabe als Teleporter zu aktivieren. Er hatte es in sich, keine Frage. Doch er war verängstigt. Womöglich war diese Furcht seinem Schamgefühl geschuldet.
    Die Luft wurde ihm aus den Lungen gepresst. Er hing zwischen den Wänden fest, konnte sich keinen Millimeter mehr bewegen. Wenn er entkommen wollte, dann – jetzt.
    Kakuta stand am Strand, etwa fünfzig Meter vom Leuchtturm entfernt. Das Licht blendete ihn, er stürzte in den von einer Ölschicht bedeckten Boden. Keuchend, völlig erschöpft.
    Es dauerte Minuten, bis er die Kraft fand, sich wieder aufzurichten und sich nach dem Fischkutter umzudrehen. Er stand da wie zuvor, nichts hatte sich geändert. Möwen flatterten aufgeregt umher, der Sandflug brachte seine Augen zum Tränen. Erste

Weitere Kostenlose Bücher