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PR NEO 0039 – Der König von Chittagong

PR NEO 0039 – Der König von Chittagong

Titel: PR NEO 0039 – Der König von Chittagong Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
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der Station warten, ob einer der insgesamt sechs Informanten in den nächsten Stunden auftauchen und seinen Lohn abholen würde.
    Die Stunden verrannen zäh. Ringsum herrschte das übliche Chaos und Gedränge. Kakuta zog sich so weit wie möglich zurück und beobachtete. Wie meist fühlte er sich beobachtet. Das Kind, das ihm um einen Taka die Schuhe putzen wollte – würde es von der Begegnung mit dem Fremdartigen erzählen? Oder die Frau, die sich ihm angeboten hatte? Was war mit dem Gemüsehändler, der minutenlang in sein Pod gesprochen und dann überhastet aufgebrochen war, ohne seinen Stand zu schließen? Was hatten die beiden dunklen Gestalten mit Sonnenbrillen hier zu suchen, die in einem der vielen Straßencafés Platz genommen hatten und die Wege im Auge behielten?
    Hör endlich auf, Tako! Du siehst Gespenster.
    Der Abend nahte, und als der auffrischende Wind weitere Regengüsse ankündigte, kamen seine Informanten, einer nach dem anderen.
    Allesamt blickten sie traurig drein. Keiner von ihnen hatte eine Spur von Sengu und Sandhya gefunden. Ja, sie hatten nicht einmal Zeugen aufgetrieben, die den unheimlichen Knaben kannten.
    Tako verstand es nicht. Was ging hier vor? Hatte denn die Bevölkerung dieser ganzen verrückten Stadt von einem Tag zum nächsten die Existenz Sandhyas vergessen? Warum war er am Vortag gefürchtet gewesen, um nun in den Köpfen der Chittagonger nicht mehr präsent zu sein?
    Die Informanten wirkten in ihrer Verzweiflung glaubwürdig, also drückte er ihnen halbe Geldscheine in die Hand, und als er nach dem kurzen, aber intensiven Regen ins Hotel zurückkehrte, war ihm klar, dass er so nicht weiterkam.
    Er benötigte eine bessere Ausrüstung – und Hilfe. John Marshall musste informiert werden ...
    Nein!, sagte er sich. Ich müsste ihm den Grund nennen, warum ich das Schiff verlassen habe und damit meine Schande eingestehen. Erst wenn ich meinen Ruf wieder reingewaschen habe, kann ich ihm persönlich gegenübertreten und ihm meine Verfehlung beichten.
    Wer aber kam noch infrage, ihm zu helfen?
    Er blickte auf die Uhr und rief sich Flugverbindungen in Erinnerung. In etwa einer Stunde startete eine Linienflugmaschine nach Neu-Delhi, und von dort hatte er einen direkten Anschluss nach Terrania. Die indische Regierung hatte vor Kurzem den regulären Flugverkehr in das Zentrum dieses neuen und winzigen, aber umso mächtigeren Stadtstaates aufgenommen. Im Morgengrauen würde er landen, gegen Mittag hatte er eine Reisemöglichkeit in die entgegengesetzte Richtung. Das reichte. Für das, was er vorhatte, benötigte er bloß einige Stunden.
    Er betrat die Liebliche Orchidee. »Hat sich mein Kollege bei Ihnen gemeldet?«, fragte er an der Rezeption.
    »Ich bedauere«, sagte die junge, hübsche Frau nach einem Blick auf ihren Terminal. »Es gibt keinerlei Nachricht von Herrn Sengu.«
    Kakuta atmete erleichtert durch. Man kannte seinen Freund zumindest hier, im Hotel. Er war also noch nicht völlig durchgedreht. Immerhin etwas.

6.
    Eine Mutantin auf der Suche
     
    Es roch nach einer anderen Frau, als Sue am Morgen erwachte. John hatte letzte Nacht Besuch gehabt, keine Frage. Er saß an seinem Schreibtisch, arbeitete und blickte konzentriert drein, doch er konnte sie nicht täuschen. Sue musste nicht einmal auf ihn Zugriff nehmen, um zu fühlen, was geschehen war. Ihr Mentor wirkte entspannt, seine Wangen waren leicht gerötet, der Blick war wach und interessiert.
    Sue sah sich nach der Halbarkonidin um, entdeckte sie aber nirgends. »Wo ist Quiniu?«, fragte sie.
    »Ebenfalls guten Morgen.« John zwinkerte ihr zu. »Sie ist bereits vor zwei Stunden aufgewacht, hat sich geduscht, angezogen und mit Bauklötzen gespielt. Jetzt sitzt sie draußen auf dem Balkon und starrt ins Leere.«
    »Warum hast du mich nicht geweckt? Ich dachte, ich sollte auf sie aufpassen?«
    »Du brauchtest den Schlaf. Dein Tag wird anstrengend genug.«
    Und du wolltest nicht, dass ich deine nächtliche Besucherin zu Gesicht bekomme. Du willst dein Verhältnis mit der Michalowna vor mir verheimlichen. Wir können zwar gut miteinander, aber sie soll dich gefälligst in Ruhe lassen!
    »Bist du bereit?«, fragte John.
    »Ja.« Sue freute sich auf die Zusammenarbeit mit Quiniu Soptor. Sie hatte schon immer ein Faible für die ungewöhnliche Frau gehabt. Am Vortag hatte sie viel Quatsch geredet, hatte sich gegen Marshalls Argumente gesperrt. Aber das musste der alte Mann in Kauf nehmen. Schließlich war sie ein Mädchen und hatte

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