PR NEO 0044 – Countdown für Siron
schimmernden Streifen versehen war. Seit sie sich der Gruppe der Reisenden angeschlossen hatte, entfernte sie sich immer weiter von jener sachlichen und geschäftsorientierten Frau, als die Rhodan sie vor ein paar Monaten kennengelernt hatte.
»Ich schlage deshalb vor«, fuhr sie fort, »dass wir zu einem nicht weit von unserer aktuellen Position entfernten Gespinst fliegen. KE-TOMAR ist eine Art Etappenstation für Handelskarawanen. Dort finden wir garantiert ein passendes Fahrzeug zur Weiterreise.«
»Haben Sie mir nicht zugehört?«, fragte Atlan. Auf Rhodan wirkte er plötzlich unangemessen aufgebracht. »Die Daten der HIS-KEM-IR wurden selbstverständlich auch an alle Verbündeten übermittelt. Man würde uns sofort identifizieren.«
»Kein Mehandor wird uns freiwillig ausliefern«, erwiderte Belinkhar. »Mein Name und meine Stimme besitzen noch immer einiges an Gewicht.«
»Wie viele Individuen halten sich derzeit auf KE-TOMAR auf?«, wollte Atlan wissen. »Fünftausend? Zehntausend?«
»In etwa, aber ...«
»Wollen Sie mir ernsthaft erzählen, dass Sie für jeden Einzelnen die Garantie übernehmen, dass er uns nicht verrät?«
»Natürlich nicht. Aber ich bin davon überzeugt, dass ...« Sie verstummte, als Rhodan ihr die Hand auf den Arm legte.
»Ich muss Atlan leider zustimmen«, sagte er und lächelte. »Es ist gut gemeint, aber nicht praktikabel. Das Risiko ist einfach zu groß.«
»Meine Worte«, warf Atlan ein.
»Nicht ganz Ihre Worte«, gab Rhodan scharf zurück. »Von einem zehntausend Jahre alten Vertreter des arkonidischen Hochadels sollte man eigentlich erwarten können, dass er sich in Gegenwart einer Dame zu benehmen weiß.«
Für einen Moment schien der Arkonide verblüfft; dann trat er einen Schritt auf Rhodan zu. »Vielleicht hat der zu lange Aufenthalt auf Ihrem hinterwäldlerischen Heimatplaneten meine Manieren verdorben.«
»Sie sollten sich wieder in Tiefschlaf versetzen lassen«, konterte Rhodan. »Mit geschlossenem Mund und auf dem Grund des Atlantischen Ozeans waren Sie mir wesentlich sympathischer.«
»Schluss jetzt!« Die Umstehenden zuckten zusammen. Rhodan drehte sich um und blickte in das gerötete Gesicht von Ishy Matsu. Die zierliche Asiatin hatte die Hände zu Fäusten geballt und starrte Rhodan und Atlan abwechselnd an. Hinter ihr ragte die mächtige Gestalt Iwan Goratschins in die Höhe. Die helle Haut des Zündermutanten schimmerte im Licht des Konferenzraums leicht grünlich.
»Habt ihr alle vergessen, warum wir hier sind, warum wir das alles auf uns genommen haben?«, fragte Ishy Matsu. »Habt ihr vergessen, dass es hier nicht um uns, sondern um das Schicksal von Milliarden Menschen geht? Vielleicht werden wir die Erde niemals wiedersehen. Vielleicht werden wir unsere Freunde niemals wiedersehen. Ich weiß nicht, ob wir Arkon jemals erreichen, aber was ich weiß, ist, dass ...«
Ihre Stimme kippte, und Tränen traten ihr in die Augen. Rhodan ging auf sie zu, wollte ihre Hände in die seinen nehmen, doch die Mutantin schüttelte den Kopf und hob beide Arme.
»Nein«, brachte sie heiser heraus. »Ich ... ich möchte das jetzt sagen. Eure kleinlichen Streitereien ziehen die Erinnerung an all die Menschen, die in den letzten Monaten für unser gemeinsames Ziel gestorben sind, in den Schmutz. Unser Vorstoß zu den Sternen hat bereits zu viele Opfer gekostet, und wenn wir scheitern, werden andere den Preis dafür zahlen. Warum vergesst ihr also nicht eure aufgeblasenen Egos und tut, was getan werden muss?«
Für lange Sekunden herrschte eine beinahe andächtige Stille. Dann griff Rhodan erneut behutsam nach den Händen der Frau. Diesmal ließ sie es geschehen.
»Es tut mir leid, Ishy«, sagte er leise. »Und natürlich hast du vollkommen recht. Ich habe mich und meine Pflichten vergessen. Danke, dass du mich daran erinnert hast.«
Die Asiatin senkte den Kopf.
Rhodan schloss für einen kurzen Moment die Augen. In den vergangenen Tagen hatte er sich mehr als einmal gefragt, ob die Menschheit nicht tatsächlich einen zu hohen Preis für ihre Teilhabe an der galaktischen Gemeinschaft zahlte. Einer Gemeinschaft, die anscheinend nicht weniger uneins und zerstritten war als die Bewohner der Erde selbst.
Wie viele seiner Begleiter waren während des ersten Vorstoßes nach Arkon ums Leben gekommen? Wie viele befanden sich nach wie vor in Gefangenschaft? Auch wenn sich jeder Einzelne von ihnen freiwillig gemeldet hatte, auch wenn jeder Einzelne von ihnen genau um die
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