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PR NEO 0045 – Mutanten in Not

PR NEO 0045 – Mutanten in Not

Titel: PR NEO 0045 – Mutanten in Not Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Lukas
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Schafsfett frittiert wurden; eine Suppe aus Süütai Tsai, gesalzenem Milchtee, mit Reis und Bansch, einer weiteren Art von Teigtaschen; oder Chorchog, Ziegenfleisch und Gemüse, das mit erhitzten Steinen in einer verschlossenen Milchkanne am Tisch gegart wurde, was immer ein großes Hallo gab. Auf sogenanntes Mongolisches Barbecue verzichtete Rhino hingegen, weil es sich dabei nur um eine in westlichen Restaurants erfundene Adaptation des japanischen Teppanyaki handelte, die mit mongolischer Küche ebenso wenig zu tun hatte wie der »Feuertopf«, eine Art Suppenfondue.
    Stattdessen ergänzte er die Speisekarte durch ähnlich schlichte, jedoch neu interpretierte Hausmannskost aus verschiedenen Regionen der Erde. Das gemeinsame Brainstorming und Ausprobieren mit seinem multikulturellen Team führte täglich zu geschmacklich überraschenden Kompositionen. Kreativität und Spaß am Kochen mussten an erster Stelle stehen, lautete Rhinos Credo; er war überzeugt, dass man das schmeckte.
    Sein größter Trumpf aber bestand darin, dass er dieselben Prinzipien auch auf die kulinarischen Traditionen der verbündeten Außerirdischen anwendete. Er hatte sich zu eigen gemacht, was in der TOSOMA über die Ernährungsgewohnheiten der Arkoniden zu finden gewesen war, und daraus eigene Halfte -Rezepte entwickelt, hatte sich auf den Naatschiffen die Zubereitungsarten verschiedener Loghars abgeschaut und sich nicht zuletzt die Mitarbeit eines ferronischen Souschefs gesichert. Dank seiner hervorragenden Beziehung zur Administration bekamen sie regelmäßig Lebensmittel von der Wega geliefert, wenngleich nur in kleinen Mengen, hauptsächlich Gewürze und die vielseitig verwendbaren Bilah -Teeblätter.
    Blickte Rhino auf das in den vergangenen Wochen Geleistete zurück, konnte er durchaus stolz sein. Die bisher veröffentlichten, internationalen Gourmetkritiken überboten einander in Superlativen. Adams' Auftrag schien so gut wie erfüllt, zumal Rhino Andeutungen zu Ohren gekommen waren, dass das Element in den kommenden Ausgaben sowohl des Guide Michelin als auch des Gault-Millaut-Führers an erster Stelle gereiht sein würde.
    Allerdings jeweils »nur« ex aequo.
    Den Konkurrenten, der ihm den alleinigen Thron streitig machte, kannte Rhino gut. Es handelte sich um Simon Wu, einen Hongkong-Chinesen, der das Le Cirque im Bellagio Hotel von Las Vegas führte. Dort war man seit Jahrzehnten auf höchste Weihen abonniert wie etwa den Five Diamond Award der American Automobile Association. Rhino schätzte Wu sowohl fachlich als auch menschlich. Er behandelte seine Mitarbeiter respektvoll und bezahlte hohe Löhne, obwohl eine Unzahl von Köchen auch umsonst bei ihm gearbeitet oder sogar erkleckliches Lehrgeld entrichtet hätte. Wenn man dem Chef des Le Cirqu e etwas vorwerfen konnte, dann extremen Ehrgeiz; aber ohne ein gerüttelt Maß davon wurde man nun einmal nicht Fünfhaubenkoch.
    Unter anderen Umständen hätte Rhino seinem Kollegen nonchalant den Vortritt gelassen. Ihn selbst interessierten Ranglisten weit weniger als die Zufriedenheit jedes einzelnen Gasts. Aber er hatte Adams nun einmal versprochen, das Element zum besten Restaurant dieser Welt zu machen, und dabei stand ihm offenbar einer im Weg: Simon Wu.
    Jener Simon Wu, der für diesen Tag, den 30. April 2037, Punkt 12 Uhr mittags Koordinierter Weltzeit, also 20 Uhr in der Gobi, die Verlautbarung einer kulinarischen Sensation angekündigt hatte ...
     
    Um halb acht Uhr abends brummte das Element wie jeden Tag um diese Zeit, und wie jeden Tag um diese Zeit drehte Rhino eine Runde durch das gesamte Ringrestaurant, um am einen oder anderen Tisch ein paar Worte mit den Gästen zu wechseln. Meist handelte es sich um Belanglosigkeiten. Er wiegelte übertriebene Huldigungen ab, beantwortete geduldig die stets als originell empfundene, unter Garantie jeden Abend unzählige Male gestellte Frage nach dem schwierigsten aller Rezepte – »das perfekte Spiegelei« – und behauptete mindestens ebenso oft mit gespielter Entrüstung, dass er beim Seelenheil seiner Mutter geschworen habe, niemals das Geheimnis ihres Borschtsch zu verraten.
    Ganz bei der Sache war er nicht. Immer wieder zückte er zwischendurch verstohlen seinen Pod und schielte auf den Livestream aus Las Vegas. Aber der zeigte vorerst nur die Aufzeichnung eines Football-Spiels der »Locomotives«, mit der Einblendung am unteren Bildrand: »Coming soon – Simon Wu from Bellagio announces his new course/s.«
    Länger als

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