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PR NEO 0045 – Mutanten in Not

PR NEO 0045 – Mutanten in Not

Titel: PR NEO 0045 – Mutanten in Not Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Lukas
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erwünscht hielt ihn eine Gesellschaft auf, die aus Österreich angereist war beziehungsweise deren Wortführer. Franz Ferdinand Kutschker hatte am Flug der TOSOMA teilgenommen und wie Rhino die Katastrophe im Hangar des Arkonidenschiffs überlebt. Der Theaterregisseur war immer noch dieselbe Nervensäge.
    »Maître Ugoljew, altes Rhinozeros!«, rief er mit Stentorstimme. »Dieser Sterz mit Grammeln aus der Tageskarte – ein Gedicht! Was rede ich, eine Ode! Locker und geschmeidig bei aller Körnigkeit, sämig und doch auch wieder luftig ... Der Kenner neigt das Haupt in Ehrfurcht vor der Inszenierung eines kongenialen Genies. Ich weiß, was es heißt, sich jedes Mal wieder selbst übertreffen zu müssen. Und danach, als Tüpfelchen auf dem i, die berückend flaumige Gundelpalatschinke – ich nehme an, sie ist der populären Comicfigur Gundel Gaukeley gewidmet, quasi von Hexer zu Hexe?«
    »Nein«, entgegnete Rhino, der sich zu einem verbindlichen Schmunzeln zwang. »Die Süßspeise heißt so nach ihrem Erfinder, einem Ungarn namens Karoly Gundel.«
    »Ha! Völlig richtig. Ich wollte Sie auf die Probe stellen, mein Bester, aber Sie sind wie erwartet nicht in meine Falle getappt. Ein ausnehmend schmuckes Lokal haben Sie hier.«
    »Danke, man bemüht sich.«
    »Oh, das würde ich Ihnen nicht im Traum abzusprechen wagen. Wiewohl ... erlauben Sie mir, lieber Freund und Zwetschgenröster, einen winzig kleinen Kritikpunkt?«
    »Natürlich.«
    »Sehen Sie, das kulturelle Angebot ist, abseits der kulinarischen Ergüsse, ein bisserl dürftig.«
    »Na ja ...« Rhino wies auf die entspiegelte Verglasung, durch die sich ein keineswegs zu verachtender Tiefblick auf das nächtliche Lichtermeer Terranias bot. »Wir wollen nicht allzu sehr von den Leistungen der Küche ablenken.«
    »Und wie recht Sie haben! – Meine Rede, nicht wahr?« Nachdem Kutschker bei seinen drei Begleitern, allesamt bildhübsche, deutlich jüngere und sichtlich nicht von allzu viel Intelligenz geplagte Schauspieler, zustimmende Gesten geerntet hatte, raunte er vertraulich: »Dass Sie kein ödes Musikgedudel einspielen, verstehe ich vollkommen. Was ich immer predige: Reduktion, Reduktion, Reduktion! Gleichwohl ... finden Sie nicht, dass eine dezente theatralische Intervention Ihrem Etablissement genau jenen entscheidenden, zusätzlichen Kick verleihen könnte, dessen es derzeit noch entbehrt?«
    Rhinos erster Impuls war, den aufdringlichen Dampfplauderer brüsk abzuwimmeln. Andererseits, zum Bellagio Hotel gehörte auch eine permanente Spielstätte des Cirque du Soleil ...
    »Ich muss meinen Rundgang beenden und zurück in die Küche«, sagte er entschuldigend. »Aber wenn Sie mir diesbezügliche Ideen zukommen lassen, sehe ich sie mir gern in aller Ruhe an. Darf ich Ihnen noch einen Digestif servieren lassen? Aufs Haus, versteht sich.«
    »Man dankt. – Sie hören von mir!«, dröhnte Kutschker. »Ich bin überzeugt, Sie werden bei der Lektüre unseres revolutionären, von vorn bis hinten durchgestylten Konzepts einer ›Stardust-Revue‹ mit den Ohren schlackern. Auf Ihr Wohl, alter Kamerad!«
     
    Rhino beendete seine Runde wie üblich am Stammtisch des Lakeside Institute.
    Sämtliche anwesenden Personen, drei Wissenschaftler mittleren Alters und vier junge Mutanten, waren ihm persönlich bekannt. Sie konnten sich unbelästigt in der Öffentlichkeit bewegen, also beispielsweise hier im Element dinieren, weil die Administration sich hütete, die Existenz diverser, beunruhigender Parafähigkeiten und deren Träger an die große Glocke zu hängen. Als Veteran der TOSOMA war Rhino eingeweiht; als guter Wirt wahrte er die Intimsphäre seiner Gäste und sprach sie nie von sich aus auf ihre Begabungen an.
    Mit einer Ausnahme; sie saß auch an diesem Abend am Tisch und hieß Ariane Colas.
    Jedes Mal, wenn Rhino die mittelgroße, etwas pummelige Neunzehnjährige erblickte, stellten sich ihm die Nackenhaare auf. Sosehr er sich freute, dass sie häufig bei ihm speiste, so sehr fürchtete er sich vor ihrem Urteil. Denn die gebürtige Spanierin, die als Waisenkind von Clifford Monterny entdeckt und nach Camp Specter gebracht worden war, besaß den feinsten Geruchs- und damit auch Geschmackssinn der Welt. Außerdem war sie schnippisch und vorlaut bis zur Unverschämtheit. Müßig zu erwähnen, dass Rhinos Partnerin Renate sie nicht unbedingt ins Herz geschlossen hatte und es ungern sah, wenn er sich länger mit dem stets grell geschminkten Teenager abgab.
    Aber er

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