PR NEO 0045 – Mutanten in Not
lernen würden, zu kicken und zu passen wie die Profis der Weltauswahl, die diesen Sport teilweise seit dem Kindergarten betrieben.
Aber die drei Meter großen Ungetüme hatten riesige Pranken und enorm breite Füße; und wozu sie damit imstande waren, hatten sie ja ansatzweise bereits eindrücklich demonstriert.
Entscheidender noch als bei »normalen« Test-Matches würde sein, dozierte der Schotte, wem es öfter gelang, die andere Seite zu Fehlern zu zwingen. Eine Binsenweisheit, die inzwischen mit Sicherheit auch den Naats bekannt war. Man durfte erwarten, dass sie versuchen würden, durch ihre gewaltige körperliche Präsenz von Anfang an Druck auf das menschliche Team auszuüben, um verfrühte Kicks oder Fehlpässe zu provozieren. Schließlich lag der Überraschungseffekt weit mehr auf ihrer Seite.
Da sie nicht dumm waren, würden sie sich vorab viel besser auf ihre Gegner einstellen können: Im Netz fand man Abertausende Videos, aus denen sich leicht herausfinden ließ, wie viel Zeit einem Gedrängehalb, der nach einer Gasse das Ei von seinem Lock zugepasst bekommen hatte, durchschnittlich blieb, um zu entscheiden, ob er laufen, kicken oder seitlich zum Verbinder ablegen sollte – auf Weltklasseniveau ging es dabei um Bruchteile von Sekunden, bis die gegnerische Meute heran war. Ähnlich verhielt es sich mit dem Winkel, bis zu dem in einer solchen Situation ein Befreiungstritt nach vorne gerade noch erfolgen durfte, ohne dass er geblockt werden konnte, und mit zahlreichen anderen Details.
Alle diese Parameter änderten sich gravierend durch die extreme Physis der Naats. Allein aufgrund ihrer Sprungkraft und der langen Arme erreichten sie zum Beispiel beim Einwurf Bälle noch in fünf Metern Höhe!
Davon und von ihrem Verhalten in anderen Standardsituationen gab es freilich keine Videos ...
Auf Haggards Anregung behalf man sich mit Computersimulationen. Homer G. Adams stellte drei junge Techniker zur Verfügung, die in Archivmaterial menschliche Spieler durch Naats ersetzten. So generierten sie wahrhaft beeindruckende, ja beängstigende Sequenzen. Die daraus gewonnene Erkenntnis schmerzte: Falls es den Herausforderern gelang, ihre körperlichen Vorteile voll auszuspielen, verengte sich das Zeitfenster für Aktion oder Reaktion ganz erheblich. Höchste Konzentration und Spritzigkeit würden das Um und Auf sein.
Oder wie Alistair McGrady es ausdrückte: »Wir brauchen fünfzehn Sofortumschalter auf dem Platz!«
Damit seine Mannen wenigstens ungefähr ein Gefühl dafür bekamen, was ihnen blühte, ließ der Schotte sie immer wieder gegen »verstärkte« Trainingspartner antreten. Manchmal steckten diese in arkonidischen Raumanzügen, die ihnen erhöhte Geschwindigkeit und Durchschlagskraft verliehen; manchmal hielten sie einfach Tennisschläger in beiden Händen, um die Reichweite der Naats nachzuahmen. Die 35 Athleten fluchten nicht wenig, weil sie dadurch erkannten, wie oft sie in alte Verhaltensmuster zurückfielen; aber McGrady fluchte noch viel mehr.
Insgesamt war die Stimmung im Kader trotzdem ausgezeichnet. Inzwischen hatte man sich auch darauf geeinigt, in welchen Trikots man antreten würde: schwarz mit silbernen Querstreifen. Wobei die Spieler die Stutzen ihrer jeweiligen »Heimmannschaft« tragen würden, wahlweise des aktuellen Vereins oder des Nationalteams.
Damit orientierte sich die Weltauswahl an den berühmten »Barbarians«, einem 1890 in England gegründeten Rugby-Club, der keine regulären Meisterschaften bestritt, sondern stattdessen alljährlich auf Basis von Einladungen ein hochrangiges Tournee-Team formte. Eine Berufung zu den »Baa-Baas« wurde als große Ehre angesehen und war nicht an Herkunft, Hautfarbe oder Glauben gebunden. Bedingungen für eine Einladung, die automatisch die Vereinsmitgliedschaft mit sich brachte, waren vielmehr das Können des Spielers sowie sein vorbildliches Verhalten auf und neben dem Feld. Als weitere Tradition hatte sich eingebürgert, dass für jedes Match ein Spieler ausgewählt wurde, der noch kein Länderspiel für sein Land absolviert hatte.
Wie durch Zufall traf das auch auf McGradys Selektion zu, und zwar in Person des erst achtzehnjährigen Argentiniers Rubén Spinetto, eines äußerst vielversprechenden, pfeilschnellen Innendreiviertels ... Alle jedenfalls einte das Bewusstsein, dass ihnen buchstäblich die ganze Welt zuschauen und die Daumen halten würde. Der mediale Hype war, einer Flutwelle gleich längst über die Gemeinde der
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