PR NEO 0045 – Mutanten in Not
dringende Bitte um Rückruf hinterlassen, aber keine Antwort erhalten. Würde sie ein weiteres Mal zu spät kommen?
Ihre Hoffnung auf einen gewissen Heimvorteil in Frankfurt wurde enttäuscht. Im Polizeipräsidium zeigte man ihr die kalte Schulter. Fast als wollten sie Caroline ihren Unmut darüber spüren lassen, dass sie den Bundesdienst quittiert und sich Rhodan und der Terranischen Union angeschlossen hatte, beharrten die Exkollegen stur auf Vorschriften. Selbstverständlich würden sie eine Vermisstenanzeige aufnehmen, dieser jedoch frühestens nach den üblichen 24 Stunden erste Ermittlungen folgen lassen.
Schließlich sei Frau Hornfelder erwachsen und könne daher von Gesetzes wegen ihren Aufenthaltsort sowie den ihres sechsjährigen Sohnes Nelson, für den sie das Sorgerecht innehabe, frei bestimmen. Bloß weil sie sich auf eine Mailbox-Nachricht hin nicht sofort melde, schreibe man noch keine Großfahndung aus. Und dass bei drei Unfällen in drei verschiedenen europäischen Ländern insgesamt fünf Personen umgekommen waren, zu denen sich über mehrere Ecken und Jahre eine äußerst lose Verbindung konstruieren ließ, sei nun wirklich kein schlüssiger Beweis dafür, dass auch die beiden angeblich vermissten deutschen Staatsbürger in akuter Lebensgefahr schwebten.
Da Caroline weder André Noirs noch ihre eigene Mutantenfähigkeit aufdecken wollte, musste sie sich mit der Adresse begnügen, an der Kathrin Hornfelder polizeilich gemeldet war. Sogar diese – Hurra, Datenschutzgesetz! – erfuhr sie erst, nachdem sie Allen Mercant eingeschaltet und der Sicherheitskoordinator der TU von Terrania aus an höherer Stelle interveniert hatte. Die Genehmigung für eine Hausdurchsuchung vermochte selbst er nicht zu erwirken.
Auch wenn man das in der Wüste Gobi oder anderen unzivilisierten Gegenden vielleicht anders handhabe, versetzte der Beamte zum Abschluss süffisant, Deutschland sei immer noch ein Rechtsstaat.
Dornholzhausen, ein Stadtteil im Nordwesten von Bad Homburg, war eine recht noble Wohngegend mit ausgedehnten Grünflächen, umgeben von den Wäldern des Taunus. An der Adresse, die das Präsidium so widerwillig herausgerückt hatte, befand sich eine relativ neue Siedlung aus Mehrfamilienhäusern im verdichteten Flachbau.
Die Eingangstür mit der angegebenen Nummer war abgeschlossen. Das Schrillen der Glocke verhallte, ohne etwas zu bewirken. Immerhin zierte das Türblatt ein Relief mit den Namen Kathrin und Nelson, aus Salzteig augenscheinlich selbst gebastelt und handbemalt. Caroline legte die Fingerspitzen darauf ... und erstarrte.
»Ich weiß, wo sie sind«, sagte sie leise. »Gar nicht sehr weit von hier. Aber ich fürchte, Noir war schon wieder schneller.«
Der Frühling in Deutschland bemühte sich redlich und hinkte doch, was die Temperaturen betraf, dem auf Zypern chancenlos hinterher. Es war leicht bewölkt und windig; nicht unangenehm, wenn man hurtig ausschritt. Durch eine Tannenwaldallee eilten sie auf ein ehemaliges Jagdschloss zu, das »Gotisches Haus« genannt wurde. Es beherbergte das kulturhistorische Museum sowie das Stadtarchiv von Bad Homburg.
Aus den Augenwinkeln bemerkte Caroline, dass neben ihr Lekoche Kuntata lief und sie ihn mitsamt seinem langen, etwas zu weiten beigefarbenen Mantel zur Gänze wahrnahm, ohne sich irgendwie anstrengen zu müssen. »Nicht schlecht«, lobte sie. »Du machst gewaltige Fortschritte.«
»Wieso?«
»Na, weil du dein Talent so gut im Zaum hältst.«
»Ich tu doch gar nichts.«
»Nicht?« Caroline erschrak, als sie begriff, was das bedeutete. »Du bist ... sichtbar. Komplett. Merkst du das denn nicht?«
»Wie sollte ich?«
Klar, ihn selbst täuschte die Paragabe ja auch sonst nicht. »Lekoche, dies ist kein Moment zum Scherzen. Willst du mich auf den Arm nehmen oder ...?«
Er verneinte heftig. »Ich schwöre dir, ich unterdrücke gar nichts.«
Sie hingegen unterdrückte einen Fluch. Was sollte nun das schon wieder? Monatelang hatten die Spezialisten des Lakeside Institute versucht, dem jungen Massai dabei zu helfen, seine seltsame Begabung bewusst zu kontrollieren, und waren kläglich gescheitert. Jetzt auf einmal setzte sie ganz von allein aus?
»Probier es umgekehrt«, schlug Caroline vor, nachdem sie sich umgesehen und vergewissert hatte, dass sich niemand in ihrer Nähe aufhielt. »Ich meine, konzentriere dich darauf, wieder ... zu verschwinden. Du weißt schon.«
»Okay.« Seine Gesichtsmuskeln verkrampften sich. »Und?«
Ohne
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