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PR NEO 0045 – Mutanten in Not

PR NEO 0045 – Mutanten in Not

Titel: PR NEO 0045 – Mutanten in Not Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Lukas
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nichts.
    Das galaktische Galadiner dauerte bereits fast eineinhalb Stunden, als auf der zentralen Bühne abermals die Schauspielerin erschien. »Wir kommen nun zum achten Gang und dem zweiten der fünf Elemente: Erde. Sowohl die Pilze, die Ihnen Simon Wu gleich auftischen wird, als auch die Sauriereier haben eine weite Reise hinter sich. Seien Sie versichert, dass Sie sich an diesen Köstlichkeiten in keinem anderen Restaurant unseres Planeten ergötzen können. Und ergötzen werden Sie sich, davon bin ich überzeugt. Wir wünschen guten Appetit!«
    Der war Rhino längst vergangen. Sauriereier!
    Dagegen stanken seine ferronischen Gewürze und Beeren hoffnungslos ab.
    Ein Blick auf den Teller ließ seine Laune weiter sinken. Die gegrillten Pilze sahen phantastisch aus, unglaublich exotisch. Ein wenig wie die an den Spitzen eingerollten Blüten von Habana-Lilien, aber länger und fleischiger, außen zartgelb, innen sowie unterhalb der spitzen Kappe in kräftigem Rot und Violett gesprenkelt. Das Ei glich einem chinesischen Pi Dan, insbesondere was die eisblütenartig kristallisierten Aminosäuren auf der schwarzen Außenseite betraf, war aber deutlich größer als ein »tausendjähriges« Entenei.
    »Pi Dan«, erzählte Rhino, bemüht launig, »bedeutet übersetzt Lederhautei. Es wurde 2011 von einem CNN-Journalisten zum scheußlichsten aller Lebensmittel gekürt, was zu gewissen transkulturellen Verstimmungen führte und natürlich ein kompletter Blödsinn ist. In Wahrheit sehen Pi Dan vielleicht gewöhnungsbedürftig aus, denn das Eiweiß verfärbt sich dunkelbraun bis schwarz und das Eigelb wird cremig und nimmt diverse dunkle Grün- und Grautöne an. Sie schmecken aber eindeutig wie frisches Ei, nur viel konzentrierter. Es wird sozusagen die Essenz herausgekitzelt, durch mehrmonatige Reifung in einer Schlammpackung aus starkem Tee, Salz, Asche und Kalk.«
    »Deshalb ordnet Wu diese Eier dem Element Erde zu.«
    »Zu Recht. Die Ummantelung verhindert, dass Feuchtigkeit aus dem Ei entweicht, sowie das Wachstum von Bakterien. Aufgrund der basischen Bestandteile in der Asche und dem Kalk, die durch die Poren der Schale eindringen, steigt drinnen der pH-Wert. Die Proteine werden zerlegt, das Eiweiß wird wie beim Kochen fest, zusätzliche Geschmacksstoffe entstehen. Beispielsweise wandelt sich Glutaminsäure zu schmackhaftem Glutamat.«
    Nicht ohne das Näschen zu rümpfen, kostete Ariane sowohl von den knackigen Pilzen als auch vom schleimigen Inneren des Eis. Plötzlich aufgetaut, ließ sie sich zu einem begeisterten Schnurren hinreißen. »Hui! Ich weiß nicht, was deine Pi Dan können, aber das da ... Meine Herren! Das ist nicht von dieser Welt.«
    »Sicher?«
    »Hundertprozentig sicher. Falls du jemals dorthin eingeladen wirst, wo das herkommt, mein schnauzbärtiger Gönner – nimm mich mit!«
     
    Ariane verputzte den Inhalt ihres Tellers binnen weniger Minuten. Auch Rhino musste zugeben, dass er selten ein Gericht aus zwei Zutaten gegessen hatte, die dermaßen kongenial zusammenspielten. Im ganzen Speisesaal herrschte ehrfürchtiges Staunen.
    Danach kam Pasta, selbstverständlich auf den Punkt bissfest gekocht, mit nichts als Butter und ein paar Trüffelspänen. Mehr war auch nicht nötig; die Geschmacksexplosion des vorigen Gangs hallte noch nach.
    Rhino fühlte sich innerlich zwiegespalten. Einerseits haderte er vom Kopf her mit seinem Schicksal. Anderseits hatte die Pilz-Ei-Kombination so vermaledeit gut geschmeckt, dass sein Bauch wohlige Wonne ausstrahlte. »Weißt du übrigens«, parlierte er, um sich abzulenken, »dass diese Art, ein Diner zu gestalten, ursprünglich service à la russe hieß?«
    »Bis eben nicht. Warum?«
    »Der russische Botschafter in Frankreich, Alexander Kurakin, hat den Stil, einen Gang nach dem anderen darzubieten, im frühen neunzehnten Jahrhundert eingeführt. Davor wurden sämtliche Gerichte auf einmal serviert, à la française, was gewiss beeindruckend, aber doch auch recht unpraktisch war.«
    »Aha.«
    Der zehnte Gang: traditionell ein Intermezzo in Form eines sauren Sorbets, das die Verdauung anregen und das Sättigungsgefühl verringern sollte. Wu hielt sich daran, beging nicht den Fehler, unmittelbar vor der Halbzeit noch einmal extra auftrumpfen zu wollen. Wie zuvor das Nudelgericht beschränkte sich das eiskalte Zitronengetränk darauf, den Eindruck des absolut überirdischen achten Gangs zu unterstreichen und zu verfestigen.
    Aus dem Bühnenboden fuhr ein

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