PR NEO 0052 – Eine Handvoll Ewigkeit
selbst, also vermutlich ebenfalls noch Kinder, lauschten mit immer größeren Augen und musterten Rhodan ehrfürchtig.
Shy, der das Spektakel sichtlich genoss, winkte Rhodan und lotste ihn durch die Halle auf einen großen, viereckigen Durchgang zu. Die Kinder folgten wie eine Prozession im Gänsemarsch. Links und rechts von ihnen erstarb die wimmelnde Bewegung, und immer mehr Missk versammelten sich, um nachzusehen, was los war.
Aus der Nähe vermittelten die meisten Missk einen eher kränklichen Eindruck. Dünn, ja geradezu hager waren sie alle. Die Augen der größeren und somit älteren Exemplare lagen tief in den Höhlen, und die Wangen waren so stark eingefallen, dass die Gesichter oft wie bleiche Totenköpfe wirkten. Ihre weiße Haut war mit roten und braunen Flecken übersät, und die Arme sahen aus wie dünne Spinnenglieder, die jemand an die ausgemergelten Körper geklebt hatte.
Shy führte den bizarren Aufmarsch mit weit ausgestreckten Armen an. Sie verließen die Halle, durchschritten einen breiten Korridor und kamen schließlich in einen Bereich der unterirdischen Anlagen, in dem vermutlich früher einmal Wartungspersonal untergebracht gewesen war. Von einem kreisrunden Verteiler zweigten zahlreiche Wohnkabinen und Lagerräume ab. Der zentrale Antigravschacht, der in die oberen Stockwerke des Komplexes führte, funktionierte nicht mehr. An seinen Innenwänden hingen lange Seile und Strickleitern herab.
Shy näherte sich einer der Kabinen, aus deren halb offenem Schott flackernder Lichtschein drang. »Ich werde nachsehen, ob Veram wach ist«, flüsterte der Missk. »Sie ist schon sehr alt und verlässt ihr Quartier nur noch selten.«
Auch die anderen Kinder, die bislang ohne Unterlass geschwatzt, gekichert und getuschelt hatten, waren schlagartig verstummt und richteten ihre Aufmerksamkeit nun auf die Behausung Verams. Unverkennbar empfanden sie vor der alten Missk einen gehörigen Respekt.
Alte Missk?, dachte Rhodan. Die Frau ist wahrscheinlich noch keine fünf Jahre auf der Welt.
Shy verschwand im Innern der Kabine. Rhodan warf den Kindern um ihn ein paar Blicke zu, die diese mit schüchternem Lächeln quittierten. Auf eine schwer zu beschreibende Weise fühlte er sich unwohl. War das Schicksal nicht schon grausam genug gewesen, als es den weißhäutigen Humanoiden eine Lebensspanne von gerade einmal fünf Jahren zugestanden hatte? Mussten sie diese Zeit auch noch in stillgelegten Versorgungsanlagen und Abwasserkanälen verbringen?
Einer der Knirpse trat nun zögernd nach vorn, teilweise von den anderen mit Getuschel ermutigt, teilweise mit auffordernden Stößen in den Rücken angespornt. Er hielt einen Gegenstand in den beiden oberen Händen, den Rhodan zunächst nicht erkannte. Scheu, fast ehrfürchtig streckte der Missk seine Arme aus.
»Für mich?«, fragte Rhodan.
Der Kleine nickte und wirkte dadurch verblüffend menschlich.
Rhodan nahm das Geschenk entgegen und betrachtete es. Es sah aus wie einer jener selbst gebastelten Sterne aus Stroh, die man an Heiligabend an den Weihnachtsbaum hängte, nur dass die einzelnen Strahlen in diesem Fall aus teilweise angerosteten Drahtstücken und ähnlichen Metallfragmenten bestanden. Die verschiedenen Teile waren notdürftig ineinander gesteckt und das gesamte Objekt erweckte einen eher kümmerlichen Eindruck.
»Das ist eine Sonne«, sagte der Missk.
»Sie ist ... wunderschön«, gab Rhodan zurück. »Und du willst sie mir wirklich schenken?«
Wieder nickte der Kleine.
»Wie heißt du?«, wollte Rhodan wissen.
»Tisk.«
»Dann danke ich dir, Tisk. Deine Sonne wird mich immer an meinen Besuch bei euch erinnern.«
Der Missk strahlte. Die anderen Kinder kamen nun ebenfalls näher und klopften Tisk anerkennend auf die Schultern.
»Du kannst jetzt kommen, Freund Perry!«, rief Shy in diesem Moment. »Veram möchte dich unbedingt kennenlernen.«
Rhodan hob kurz die Hand und nickte. Er war fast froh, dass der kleine Missk ihn aus dieser bedrückenden Situation befreite. Mit einem letzten Blick auf die hell leuchtenden Augen der Kinder drehte er sich um und betrat Verams Kabine.
11.
»Ich sollte jetzt besser gehen«, sagte Theta. »Ich habe dich lange genug aufgehalten. Du hast sicher wichtige Dinge zu erledigen.«
Sergh da Teffron antwortete nicht sofort. Seine Augen waren unverwandt auf die junge Frau gerichtet. Was war falsch daran, wenn er sich von diesem Geschöpf verzaubern ließ? Er war immer noch die Hand des Regenten, besaß die
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