PR NEO 0053 – Gestrandet in der Nacht
war. Die vergangenen acht Jahre hatte er die Khestan als Teil des Trosses begleitet, und sie war sehr stolz auf dieses Kronjuwel in ihrer Sammlung. Heute war das Schiff darauf ausgelegt, Vertretern der verschiedensten Kulturen einen möglichst angenehmen Aufenthalt in den zahlreichen Salons und Einkaufspassagen zu bieten und sie dabei um einen möglichst großen Teil ihres Geldes zu erleichtern. Und wo Geld erst einmal war, da vermehrte es sich von selbst.
Khil-Rhe hatte sich für das Schiff entschieden, weil es eine zentrale Position im Tross einnahm, über Hallen verfügte, in die mehrere Tausend Besucher passten, und diese Hallen mit diversen multimedialen Projektionsvorrichtungen und anderem Schnickschnack versehen waren, den man normalerweise für cineastische oder musikalische Veranstaltungen nutzte. Ihin da Achran wusste nicht, was genau er vorhatte, aber es bestätigte sie in ihrem Verdacht, dass ein Gutteil jeder Religion in der richtigen Präsentation bestand.
Es war Jahre her, dass sie zuletzt an einer solchen Zeremonie teilgenommen hatte. Sternengötter waren für Ihin da Achran etwas aus den Heldengeschichten, die sie als kleines Mädchen gelesen hatte: Märchen, in denen raumfahrende Helden betörende Prinzessinnen aus den Klauen finsterer Mächte befreiten. Nun, sobald sie alt genug geworden war, war sie selbst zu einer der betörenden Prinzessinnen und dann zu einem der raumfahrenden Helden geworden. Die finsteren Mächte hatte sie bei Hofe zur Genüge kennengelernt. Nur Sternengötter hatte sie nie getroffen.
Sie glitten in die größte Landebucht der Walze. Flankiert von einem Trupp ihrer Sicherheitskräfte, ging die Khestan von Bord und überließ das Shuttle der Obhut der Bodenmannschaft. Selbst die Landebucht war im Stil eines kleinen Raumhafens von Läden und Cafés gesäumt, und die wenigsten Männer und Frauen, die hier flanierten, trugen eine Uniform oder den Overall eines Arbeiters. Mit raschen Schritten betraten sie eine der Hauptverkehrsstraßen.
»Nertan«, funkte sie das Flaggschiff an. »Wir sind jetzt auf dem Weg zu der Zeremonie. Bei Ihnen so weit alles in Ordnung?«
»Die VAREK'ARK ist in guten Händen«, antwortete die ruhige Stimme ihres Adjutanten. Fast konnte sie sein Lächeln vor sich sehen. »Seien Sie ganz entspannt.«
»Wenn etwas Ungewöhnliches vorfällt, möchte ich sofort informiert werden«, erinnerte sie ihn sicher zum dritten Mal an diesem Abend. Dann unterbrach sie die Verbindung.
Je weiter sie kamen, desto dichter wurde das Gedränge. Es waren Besucher aus dem ganzen Tross unterwegs. Normalerweise, das wusste Ihin da Achran, hätte sich hier, im Herzen des Schiffs, wo die Läden ausschließlich Mode, Schmuck und überteuerte Delikatessen verkauften, eine so große Zahl extravaganter Persönlichkeiten versammelt, dass sie selbst in ihrer Abendgarderobe nicht weiter aufgefallen wäre: Reisende in Pelzen, in Gefiedern, in Geschmeiden, Reisende, die von Kopf bis Fuß in Holografien gekleidet waren, und vielleicht auch Reisende, die aus nichts als Pelz, Gefieder, Juwelen oder Licht zu bestehen schienen.
Dank der Heilsversprechen des Hohen Lotsen jedoch waren auch gewöhnliche Crewmitglieder mit ihren Familien zugegen: junge Mehandor mit geschmacklosen Augenimplantaten, uralte Aras in schlichten Gewändern, Abkömmlinge der verschiedensten Welten, die Arkon im Laufe der Jahrtausende besiedelt hatte, dazwischen zahllose Sicherheitskräfte und Techniker, die sich auf kleinen, fast lautlosen Magnetschwebern durch den Besucherstrom zwängten. Herausgeputzt, wie sie war, fiel die Rudergängerin auf, und ihre Männer nahmen sie in die Mitte und achteten darauf, dass ihr niemand zu nahe kam. Mehr als einmal mussten sie dabei sogar handgreiflich werden.
Die Decken und Wände der Straße zeigten Projektionen verschiedener Welten Debara Hamtars und Thantur-Loks, die alle paar Meter nahtlos ineinander übergingen, unterstützt von einer passenden Kulisse von Klängen und Düften, die im Gedränge jedoch so gut wie untergingen. Dennoch meinte man, wenn man versuchte, alles andere auszublenden, mit wenigen Schritten von den großen Wadis von Unith in die Goldene Grotte auf Archetz zu wechseln, gefolgt von den Wolkenstädten Cialderons und den kreisenden Wäldern von Griis. Sie durchquerte die Allee des tausendfachen Glanzes auf Trebola und den von fluoreszierenden Lebewesen bevölkerten Ozean einer Welt, die sie nicht kannte.
Dann erreichten sie den Veranstaltungsraum. Die
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