PR NEO 0057 – Epetrans Geheimnis
winzig. Selbst mitten in der Nacht kann es niemandem entgehen, wenn Balishen seine Leute zusammenzieht, obwohl sie erst am nächsten Tag aufbrechen wollten.«
»Was willst du?«, fragte Goratschin.
»Balishen darüber informieren, dass sich alle, die mitgehen werden, bereits am Rand der Oase sammeln.«
»Wieso du?«, fragte ich.
Sie sah mich aus großen Augen an. »Wieso nicht?«
»Gehörst du zu seiner Karawane?«
Oradia lachte, kurz und humorlos. »Ganz sicher nicht. Obwohl er es wohl gerne hätte.«
»Sie ist die Tochterstochter des Bruders meines Großvaters«, sagte Balishen. »Und sie versteht bis heute nicht, warum er ausgerechnet mir die Verantwortung über die Karawane übertragen hat.«
»Könnt ihr das später ausfechten?«, polterte Goratschin.
»Darum geht es nicht«, behauptete Oradia. »Ich bin hier, um euch zu sagen, dass ich euch begleite. Ich habe schon einmal jemanden gerettet. Obwohl es viel Kraft gekostet hat, war es doch das Beste, was mir je widerfahren ist. Ich leide mit eurer Freundin, und ich kenne die Taa besser als die meisten anderen.«
»Du?«, sagte Goratschin. »Wieso?«
»Als ihr mich gefragt habt, ob ich die Taa nicht fürchte, habe ich euch nicht alles erzählt. Damals, in der Wüste, als ich meine Freundin fast tot fand, wäre sie trotz meiner Hilfe gestorben, wenn nicht einige Taa dazugekommen wären. Schon vorher passierten uns mehrere Nomaden, aber als ich sie rief, beachteten sie mich nicht. Die Taa jedoch eilten zu uns, und sie versorgten die Wunden. Sie halfen mir, meine Freundin zu tragen, brachten uns in einen ihrer unterirdischen Gänge. Die Kühle und die heilenden Pasten haben ihr das Leben gerettet.«
Goratschins Gesicht war wie versteinert. »Was willst du damit sagen?«
»Dass ich euch helfen werde. Und dass die Taa keine Monster sind.«
Balishen rief zum Aufbruch. Oradia führte uns zum Rand der Oase, wo sich die meisten Männer der Karawane versammelten. Fast alle standen bereit. Zwei der Älteren und eine mitreisende Familie blieben in der Oase zurück, um sich um die übrigen Reit- und Lasttiere sowie die Ware zu kümmern, die am Ziel jenseits des Magmastroms erwartet wurde.
Oradia begleitete uns tatsächlich. Iwan schien ihr gegenüber misstrauisch zu sein, aber auch ihm war klar, wie wertvoll sie für uns sein konnte.
So brachen wir zu zwölft auf. Zu meiner Überraschung ging der alte Hugatan ebenfalls mit. »Ich bin ein alter Mann und alles andere als ein guter Kämpfer«, sagte er, »aber ich weiß mehr über die Taa als sonst irgendjemand, Oradia eingeschlossen. Das Reisen in der Wüste bin ich gewöhnt. Ich werde nicht der Erste sein, den die Schwäche übermannt.«
»Du bist uns willkommen«, versicherte ich.
Es war gut, Helfer in der Reserve zu wissen. Einen genauen Plan mussten wir uns unterwegs überlegen. Balishen stellte uns ausdauernde Reittiere zur Verfügung. Die Jahraks boten auf ihren breiten Rücken Platz für je zwei Personen. Auf ihren langen, muskulösen Beinen trabten sie los – in die Finsternis der Wüstennacht.
Das matte Sternenlicht reichte nicht aus, um sich orientieren zu können – zumindest nicht für uns. Die Jahraks hingegen fanden sich problemlos zurecht. Ihr Sehvermögen war um ein Vielfaches besser als das von Arkoniden.
Balishen übernahm die Führung. Er konnte die Zielrichtung anhand der Position der Sterne im Visier behalten. So führte er uns zu den beiden Zwillingspyramiden. Sie lagen mehrere Reisestunden entfernt, von uns aus gesehen, dicht hinter dem Faehrl.
Um uns vor den extrem tiefen Temperaturen zu schützen, trugen wir dicke, mehrfach gewickelte Gewänder. Dennoch kroch mir die eisige Kälte in den Körper. Ich hatte mir den Jahrak zunächst mit Iwan Goratschin teilen wollen, doch der Mutant ritt neben mir mit Balishen an der Spitze unseres Suchteams; hinter mir saß Oradia. Als ich mich zu ihr drehte, spürte ich ihren Atem auf meiner Wange. Es kam mir wie der erste warme Hauch seit einer Ewigkeit vor.
»Du hast die unterirdischen Gänge der Taa erwähnt«, sagte ich. »Erzähl mehr darüber.«
»Ihre Pyramiden sind unter der Oberfläche verbunden – nicht nur die beiden riesigen Bauwerke, sondern auch viele kleinere, die im Umkreis von einigen Kilometern stehen. Die Taa haben diese Gänge gegraben, und sie halten sich meistens darin auf. Deshalb sieht man sie so selten.«
»Sie verkriechen sich«, kommentierte Iwan.
»Sie leben unterirdisch«, widersprach ich.
»Das sagte ich
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