PR Odyssee 01 - Die Kolonisten der Zukunft
Schwärze.
Die Zeit schien stillzustehen.
Reginald Bull erfasste alle Anzeigen gleichzeitig. Die Ausfälle häuften sich. Schirmversagen im achteren Bereich; er glaubte, die Erschütterungen bis ins Cockpit zu spüren. Gefährliche Schräglage; die Druckwelle hatte den Liner weiter angehoben und würde ihn umwerfen, wenn er nicht gegensteuerte. Etwas Großes, Schweres schrammte vorbei. Das Kreischen des Stahls klang wie der Todesschrei eines Urzeitsauriers.
Dann war der Mars-Liner durch. Teils aus eigener Kraft, weit mehr aber von der Druckwelle aus dem Gebäudeinnern getrieben, hatte er den Hangar verlassen. Die Sicht wurde keinen Deut besser, selbst die Ortungen reagierten zu träge für dieses alles unter sich erstickende Chaos.
Nur der Lärm veränderte sich. Aus dem dröhnenden Prasseln der einstürzenden Mauern wurde ein monotones Rauschen. Gleichmäßig beinahe, wie von einer gigantischen Brandungswelle.
Es war in der Tat eine Woge aus Staub und Dreck und Schutt, die den Mars-Liner-01 mit sich riss. Immer wieder wurde der Bus schwer erschüttert. Bully hielt ihn verbissen nicht nur in der Schwebe, sondern dicht über dem Boden. Ein gefährliches Spiel, doch was war nicht gefährlich gewesen, seit sie Mantagir erreicht hatten?
Undurchdringliche Schwärze hüllte den Bus ein. Sie bedeutete Schutz und Bedrohung gleichermaßen. Es war unmöglich, abzuschätzen, wie weit der Bus sich schon vom Zentrum des Geschehens entfernt hatte. Reginald Bull hätte nicht einmal zu sagen vermocht, wie viel Zeit vergangen war - er war zur Marionette seiner eigenen Anspannung geworden, ein Roboter, der rein mechanisch seine Arbeit verrichtete und alles Störende verdrängte. Nur würden seine Gefühle später zum Ausbruch kommen und ihn überrollen, so wie die unglaublich düstere Woge, die hundert Meter und höher auf die dicht bebauten Stadtteile zudonnerte - eine Sintflut, die alles mit sich reißen würde, was nicht rechtzeitig fliehen konnte.
Irgendwann ebbte der Lärm ab.
Die Relieftaster lieferten wieder brauchbare Bilder.
Aus dem brodelnden Dunst schälten sich die Silhouetten naher Bauwerke heraus. Reginald Bull ließ den Bus noch weiter absinken und beschleunigte gleichzeitig.
Energieverbrauch minimiert: Prallfelder nur noch im Heckbereich, alle Taster abgeschaltet. Flug auf Sicht. Die Sonne war inzwischen untergegangen, in den Straßenschluchten herrschte Düsternis.
Mars-Liner-01 löste sich aus der brodelnden, langsam in sich zusammensinkenden Staubwalze. Ein düsterer Schemen, so tauchte er im Tiefflug in die Metropole ein. Keine Raumjäger stießen aus der Höhe auf ihre Beute herab und eröffneten das Feuer.
Nur dreieinhalb Minuten waren vergangen. Sie erschienen Reginald Bull unendlich lang. »Ich habe Blut und Wasser geschwitzt«, brachte er stockend hervor. »Aber wir haben es geschafft.«
»Es war klar, dass du das sagen würdest.« Perry Rhodan löste das Rückhaltesystem und erhob sich. »Ich sehe nach unseren Passagieren. Oder brauchst du mich?«
»Den Rest bekomme ich ganz gut allein hin«, erwiderte Bully. Er wandte kurz den Blick. »Danke.«
»Wir schaffen es auch nach Terra zurück. Irgendwie.«
Erst einige Kilometer weiter wurde der Verkehr lebhafter. Wahllos wechselte Reginald Bull die Richtung und ließ den Bus in größere Höhe auf steigen. In der Nacht verwandelte sich die Metropole in ein gleißendes Lichtermeer. Nur hinter dem Mars-Liner, gut fünfzehn Kilometer entfernt, brodelte eine gigantische schwarze Säule. Blutig rot loderte die Glut in ihrem Zentrum, und ein gewaltiger Rauchpilz hatte sich bereits kilometerweit ausgedehnt. Bald würden Staub, Asche und kleinste Trümmer abregnen.
Die beiden letzten schlanken Seitentürme waren gemeinsam eingestürzt. Reginald Bull fragte sich, wie viele Leben der Angriff der Nodronen gekostet haben mochte. Unzählige Fragen bewegten ihn in diesem Augenblick. Aber alle waren nur zweitrangig, bis auf eine: »Wohin?« Er kannte noch keine vernünftige Antwort darauf. Sie waren Fremde in einer fremden Stadt.
Zwischenspiel
Ein grimmiges Lächeln hatte sich in das von Narben entstellte Gesicht von Axx Cokroide eingegraben. Diese Narben waren die sichtbaren Zeichen von Dutzenden ritueller Zweikämpfe, aus denen er als unangefochtener Sieger hervorgegangen war. Niemand sonst hatte eine so reiche Erfahrung vorzuweisen. »Ich höre«, sagte er und seine Stimme vibrierte. Dass er die Hand auf die Peitsche von Nodro senkte, die als einzige Waffe
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