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PR Odyssee 05 - Das strahlende Imperium

PR Odyssee 05 - Das strahlende Imperium

Titel: PR Odyssee 05 - Das strahlende Imperium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Borsch
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über offenem Feuer zuzubereiten.
    Die Erde des Hinrichtungsplatzes war von einem durchdringenden, dunklen Ton. Quart Homphé starrte die mit dem Blut zahlloser Opfer getränkte Erde lange an, bevor er wieder zu seinem Wagen zurückkehrte.
    »Hoffentlich fängt es bald an«, sagte er zu Errek.
    »Das weiß man nie«, entgegnete Errek. »Die Behörden des Empires sind nur dem Willen der Zwillingsgötzen verpflichtet. Sie befinden es für besser, uns Untertanen nicht mit überflüssigen Informationen zu verwirren.«
    Eine halbe terranische Stunde später begann das Schauspiel. Im Pflaster unmittelbar neben dem Hinrichtungsplatz öffnete sich lautlos eine runde Aussparung. Zwei Nodronen, ein Mann und eine Frau, in lupenrein weißen Uniformen schwebten empor, stellten sich neben der Öffnung auf. »Verneigt euch vor der Inkarnation der Gerechtigkeit der Zwillingsgötzen«, riefen sie mit donnernden, künstlich verstärkten Stimmen, »der ehrenwerten Richterin der Vierunddreißigsten Hohen Gerichtsbarkeit von Nodro!«
    Überall auf dem Platz senkten sich Köpfe und Echsenhäupter.
    »Das genügt, ich habe nicht den ganzen Tag Zeit!« erschütterte gleich darauf eine Frauenstimme den Platz.
    Quart Homphé hob den Kopf und sah die ehrenwerte Richterin auf einem Antigravthron schweben.
    »Los, bringen wir es hinter uns!« befahl die fettleibige Frau.
    Die beiden Wächter salutierten, verschwanden in der Öffnung und kehrten kurz darauf mit einer jungen Nodronin in ihrer Mitte zurück. Quart schätzte sie auf
    Shimmis Alter.
    Hinter ihr folgte ein weiterer Mann in einer blendend weißen Uniform. Er hatte die Arme mit den Handflächen nach oben ausgestreckt, als hielte er ein Tablett. Ein unterarmlanger, verzierter Schaft ruhte auf seinen Händen. Der Mann behandelte ihn mit dem stillen Respekt, den ein Gläubiger einer Reliquie entgegenbrachte.
    »Seht die Peitsche von Nodro!« riefen die beiden Wächter. »Seht, wie sie Gerechtigkeit spendet!«
    Der Henker trat auf den Hinrichtungsplatz. Seine Finger schlossen sich um den Peitschenschaft, vollführten mit ihm eine geschmeidige Figur. Quart Homphé hörte ein leises, aber dennoch durchdringendes Sirren, sah vor dem Mann etwas aufblitzen. Es waren die Peitschenschnüre. Jede von ihnen war lediglich ein einziges Molekül dick und für das menschliche oder nodronische Auge für gewöhnlich unsichtbar. Erst als er die Peitsche schwang, konnten Zuschauer die Existenz der Schnüre erahnen: Sie reflektierten das Licht der Sonne.
    Die beiden Wächter eskortierten die junge Frau auf den Hinrichtungsplatz und zogen sich anschließend zurück. Die Frau blieb stehen und blickte dem Henker trotzig in die Augen.
    »Diese Frau hat die Götzen beleidigt!« verkündete die Richterin. »Lass sie die Peitsche der Gerechtigkeit schmecken, Henker!«
    Der Henker ließ die Peitschenschnüre eine neue Figur vollführen - und noch im selben Augenblick sackte an der Stelle, an der eben noch die junge Nodronin gestanden hatte, ein Bündel aus in Streifen geschnittener organischer Masse, Knochen und Blut zu Boden.
    Quart Homphés Puls setzte einen Augenblick aus. Er wartete darauf, dass ihn der Ekel übermannte, doch es kam nicht so weit. Stattdessen stieg in dem Terraner eine kalte, überwältigende Angst auf. Er dachte an die alte Erde.
    In der Zeit, lange bevor die Menschen ins All aufgebrochen waren und es noch Nationalstaaten gegeben hatte, war es in einem von ihnen zu einer Revolution gekommen. Frankreich. ja, Frankreich hatte es geheißen. Viele Tausende waren damals hingerichtet worden, mit einer neuartigen Maschine, der Guillotine, die den Opfern den Kopf abtrennte. Ihre Befürworter hatten argumentiert, dass sie eine humane Methode der Hinrichtung sei, da ihre Opfer keine Schmerzen empfanden, so schnell und exakt sei der Vorgang. Aber die Guillotine war rasch gefürchteter gewesen als jede andere Todesart: Ihre maschinelle Exaktheit, ihre Schnelligkeit erschreckte die Menschen.
    Jetzt, da die Wächter das zweite Opfer auf den Hinrichtungsplatz brachten, verstand Quart Homphé diese Furcht. Es war die Leichtigkeit, mit der die Guillotine und die Peitsche von Nodro töteten. Sie führte vor Augen, wie wertlos ein Leben war, wie es in einem einzigen Moment erlöschen konnte.
    Quart Homphé sah nicht hin, als die Peitsche die nächsten Opfer tötete. Nicht direkt. Er beugte sich über die Displays seiner Geräte, überprüfte die Einstellungen. Eine Aufgabe zu haben, beruhigte ihn. Und die Tode,

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