PR Odyssee 06 - Die Lebensboten
phantastischen Literatur - vor der Entstehung der SF im engeren Sinn - war die Zukunft des Weltalls schon ein Thema. William Hope Hodgson imaginiert in Das Haus an der Grenze (The House on the Borderland, 1908) mit viel Phantasie das Ende unseres Sonnensystems. Und Howard Phillips Lovecraft lässt in seiner Kurzgeschichte Die Musik des Erich Zann (The Music of Erich Zann, 1925) den Welltall-Untergang vor dem Dachfenster eines unheimlichen Hauses ablaufen.
In Isaac Asimovs Story Wenn die Sterne verlöschen (The Last Question, 1956) ist das Ende des Universums zugleich ein Neubeginn: Ein Supercomputer wird gleichsam zum Schöpfer, spricht »Es werde Licht!« und zündet einen Urknall im toten All.
Vergleichsweise bescheiden nimmt sich dagegen das Gros der SF-Literatur aus, wo nur mit relativ nahen Zukunftsvisionen gespielt wird. Obwohl auch hier mitunter ganze Milchstraßen zugrunde gehen, wie in der PERRY RHODAN-Serie die Kleingalaxie Balayndagar, die von einem gewaltigen Schwarzen Loch verschlungen wird.
Häufiger wird allerdings die ferne Zukunft der Menschheit ausgemalt. Vielleicht degeneriert sie einfach und erlebt noch die Entwicklung anderer Wesen auf der Erde mit, wie es sich beispielsweise Brian W. Aldiss in seinem Roman Am Vorabend der Ewigkeit (Hothouse beziehungsweise The Long Afternoon of Earth, 1963) ausgedacht hat. Oder die Menschheit macht sich überflüssig, indem sie intelligentere, robustere Nachfolger erzeugt, bis diese die Entwicklung selbst in ihre Hand (oder was immer) nehmen - durch gentechnische Manipulationen oder durch >künstliche Intelligenz<, das heißt Roboter und Supercomputer. Seit Mary W. Shelleys Frankenstein (1818), dem vielleicht ersten Science-Fiction-Roman überhaupt, ist dieses Thema unzählige Male variiert worden. In Friedrich Nietzsches Also sprach Zarathustra (ab 1883) wurde es - mit zweifelhaften Konnotationen - ins Poetisch-Philosophische überhöht: »Der Mensch ist ein Seil, geknüpft zwischen Tier und Übermensch - ein Seil über einem Abgrunde. Was groß ist am Menschen, das ist, dass er eine Brücke und kein Zweck ist: was geliebt werden kann am Menschen, das ist, dass er ein Übergang und ein Untergang ist.«
Aber vielleicht wird die Menschheit bei ihrer Expansion ins All, selbst wenn das gelingt und Kriege oder Umweltkatastrophen nicht vorher alles zugrunde richten, eines Tages auch auf überlegene Intelligenzen stoßen, gegenüber denen der Mensch wie eine Amöbe im Vergleich zu ihm selbst ist. Das hat Brian W. Aldiss in seiner Story-Sammlung Das Ende aller Tage (Galaxies Like Grains of Sand, 1967) beschrieben. Und auch sonst wimmelt es in der SF-Literatur nur so von Superintelligenzen und gleichgültigen oder feindlichen Außerirdischen.
Im Folgenden sollen aber nicht Leben und Intelligenz, sondern die kosmischen Rahmenbedingungen dafür im Zentrum stehen. Denn diese sind selbst für Chinatown wesentlich.
Wissenschaftlicher Weltuntergang
»Voraussagen sind schwierig, insbesondere wenn sie sich auf die Zukunft beziehen«, kalauerte einst der Physik-Nobelpreisträger Niels Bohr. Und dabei dachte er gar nicht an die allerfernste Zukunft - nämlich die des ganzen Universums. Andererseits kannte man im Rahmen der modernen Kosmologie auf der Basis von Albert Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie, die den Zusammenhang und die Dynamik von Raum, Zeit, Energie und Masse beschreibt, bis vor kurzem nur zwei Möglichkeiten. Der amerikanische Dichter Robert Frost hat sie schon 1920 poetisch vorweggenommen: »Some say the world will end in fire, / Some say in ice. / From what l've tasted of desire / I hold with those who favor fire. / But if it had to perish twice, / I think I know enough of hate / To know that for destruction ice / Is also great / And would suffice.«
Feuer oder Eis, Hitze- oder Kältetod - was davon zutrifft, so das weitere Vorurteil, hängt nur von zwei Zahlen ab: von der Hubble-Konstante, die angibt, wie schnell sich das Universum ausdehnt, und von dem Bremsparameter, der die Veränderung dieser Expansion im Lauf der Zeit beschreibt. »Kosmologie: die Suche nach zwei Zahlen«, lautete auch der Titel eines wissenschaftlichen Artikels aus dem Jahr 1970. Verfasser war Allan Sandage von den Carnegie Observatories im kalifornischen Pasadena, der Nachfolger von Edwin Hubble (der 1929 entdeckt hatte, dass der Weltraum expandiert). Sandage hat einen großen Teil seines Forscher-Lebens diesen beiden Zahlen gewidmet.
Wird also die kosmische Ausdehnung in
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