PR Odyssee 06 - Die Lebensboten
alle Ewigkeit anhalten oder aber von der Schwerewirkung der Materie eines Tages gestoppt und umgekehrt, sodass der Raum in sich selbst zusammenstürzt? Mit anderen Worten: Wird das Universum mit einem lang gezogenen Wimmern sterben oder in vielleicht Milliarden oder Trilliarden Jahren mit einem furiosen Endknall aus dem Dasein scheiden?
Inzwischen hat sich das Problem allerdings verselbständigt, und die Alternativen decken das Spektrum der Möglichkeiten nicht mehr vollständig ab. Das folgt ganz der Einsicht des amerikanischen Science-Fiction-Autors Poul Anderson: »Mir ist bis heute kein auch noch so kompliziertes Problem begegnet, das nicht, richtig betrachtet, noch komplizierter wurde.«
Spätestens mit den Daten des NASA-Satelliten WMAP (Wilkinson Microwave Anisotropy Probe) vom Frühjahr 2003 sind diese beiden Zahlen hinreichend genau bekannt - und doch für die Frage nach der fernen Zukunft nun praktisch irrelevant, denn ein dritter Faktor kam ins Spiel: Die Zukunft des gesamten Universums hängt von einer rätselhaften kosmischen Antigravitation ab.
Und so gibt es jetzt sogar drei mögliche Arten des Weltuntergangs - Kollaps (Big Crunch), Zerfall (Big Whimper) oder Bersten (Big Rip). Welches Schicksal droht unserem Weltall?
Ende im Endknall
Im klassischen Fall - ohne Dunkle Energie - wird unser Universum wieder in sich zusammenstürzen, wenn seine mittlere Materiedichte einen kritischen Grenzwert übersteigt. Diese kritische Dichte beträgt etwa 6 x 10 30 Gramm pro Kubikzentimeter, das entspricht ungefähr drei Protonen pro Kubikmeter - oder der Masse der Erde verteilt auf ein Volumen von
1.000 Kubiklichtjahren. Dann geht die Expansion in eine Kontraktion über, das Universum wird immer heißer und dichter, bis es sich in einem finalen Kollaps selbst verschlingt (wie die mythologische Schlange, die sich selbst auffrisst). Mit einem solchen Endknall oder Big Crunch (>das Große Knirschen<), wie Kosmologen zuweilen respektlos sagen, wäre in ungefähr 50 bis 200 Milliarden Jahren zu rechnen. Ein solches Universum hat eine sphärische Geometrie und damit eine endliche Größe.
Die folgende Tabelle fasst die Vorgänge in einem Universum mit dem Zweifachen der kritischen Dichte zusammen. Es existiert rund 120 Milliarden Jahre.
In der Science Fiction ist ein solches universales Schicksal mitunter ein Thema - etwa in Gordon Dicksons Roman Sturm der Zeit (Time Storm, 1977). Darin bringt es Zeitbeben mit sich, Risse in den Zeitschichten, sodass die Vergangenheit der Höhlenmenschen und eine Zukunft mit Außerirdischen neben der Gegenwart bestehen und ein kurzer Weg reicht, um in diese Zeiten zu gelangen.
Auch in der PERRY RHODAN-Serie wird die Möglichkeit eines kollabierenden Alls beschrieben: Das Universum Tarkan ist zum Untergang verdammt - es kontrahiert, hat sich bereits auf 700 Grad Celsius erhitzt, ist deshalb nicht nachtschwarz, sondern leuchtet düsterrot, und wird in einer Jahrmilliarde in einem Endknall vergehen, um dem tödlichen Schicksal durch den Temperaturanstieg zu entrinnen, haben die Bewohner der Galaxie Hangay kurzerhand ihre Weltinsel in unser Universum versetzt.
Rückwärtszeit und Spuren aus der Zukunft
Vielleicht kontrahiert das Universum bereits, aber wir merken es nicht, weil sich die Zeitrichtung umgedreht hat.
Thomas Gold, ein Kosmologe an der Cornell University, hat schon 1958 vermutet, dass der Zeitpfeil mit der Ausdehnung des Weltraums zusammenhängt und sich umkehren könnte, wenn das All sich wieder zusammenzieht.
»Falls der Zweite Hauptsatz der Thermodynamik seine Richtung umkehrt, wenn das Universum kontrahiert, würde das Universum in ein Zeitalter der Wunder eintreten. Strahlung würde in Sternen zusammenlaufen, Äpfel würden sich in Komposthaufen bilden und zu Bäumen aufsteigen, und Menschen würden aus ihrer Asche auferstehen, jünger werden und schließlich ungeboren werden«, kommentiert der australische Philosoph Huw Price, der zurzeit als Professor für Logik und Metaphysik an der University of Edinburgh arbeitet.
Doch so grotesk wäre dieses Szenario gar nicht. »Es ist einfach eine Beschreibung unserer gegenwärtigen Welt in einer zeitverkehrten Sprache und überhaupt nicht verwunderlich. Der Unterschied zu unserer Erfahrung ist bloß semantisch, nicht physikalisch«, sagt Paul Davies, Physik-Professor an der Macquarie University in Sydney. »Rätselhaft ist, dass unsere Vorwärtszeit sich in eine Rückwärtszeit entwickeln kann - oder umgekehrt, denn die
Weitere Kostenlose Bücher