PR Odyssee 06 - Die Lebensboten
Quantentheorie einen Fehler sah und immer noch einen sieht, wo gar keiner ist.«
Die Debatte ist noch nicht entschieden. Aber vielleicht auch nicht so wichtig. Denn zumindest eines ist jetzt klar: Sowohl die sichtbare als auch die ominöse Dunkle Materie reichen bei weitem nicht aus, um das Universum zu schließen, also den Kollaps eines sphärischen Universums zu ermöglichen. Die Gesamtmasse unseres Universums ist so gering, dass sich daraus höchstens ein Drittel der kritischen Dichte ergibt, wahrscheinlich sogar weniger. Damit eröffnen sich buchstäblich weite Horizonte.
Die Physik vom Ende aller Tage
Ein endlos expandierendes Universum hat gleichsam fast alle Zeit der Welt erst noch vor sich. Inzwischen haben es ein paar kühne Kosmologen gewagt, eine solche Entwicklung in die Ewigkeit zu erforschen. Entsprechend schwindelig wird es dem Laien - übrigens auch den Forschern selbst - angesichts der gigantischen Zahlen, mit denen man in der Wissenschaft der Zukunft jonglieren muss. Die kompakte Zehnerpotenz-Schreibweise, die die Anzahl der Nullen hinter der 1 angibt (10 9 ist beispielsweise 1.000.000.000 = 1 Milliarde), erlaubt es, leichthin mit Zeitspannen umzugehen, die sich jeder Veranschaulichung entziehen. Dabei ist zu beachten, in welchem Umfang die Größen-Ordnungen zunehmen: so ist etwa 10 12 das Tausendfache von 10 9 , auch wenn beide Zahlen ähnlich aussehen.
Über das Schicksal eines ewig expandierenden Universums hat erstmals Jamal Nazrul Islam Mitte der siebziger Jahre genauer nachzudenken begonnen. Er arbeitete damals an der University of Cambridge und ist jetzt wieder in seinem Heimatland Bangladesch an der Universität von Chittagong. Kurz darauf wandte sich auch Freeman Dyson vom Institute for Advanced Study in Princeton dem Thema zu. »Islam und ich hofften, den Anbruch des Tages zu beschleunigen, an dem Eschatologie, die Lehre vom Ende der Welt, ein respektables wissenschaftliches Forschungsgebiet wird und nicht bloß ein Zweig der Theologie«, sagt er. Tatsächlich haben die beiden Physiker die naturwissenschaftliche Eschatologie begründet, die das Schicksal der Welt nicht unter religiösen oder esoterischen Gesichtspunkten deutet, sondern auf der harten Basis der bekannten Naturgesetze voraussagt, aber auch physikalische Spekulationen nicht scheut. Weitere Überlegungen und Berechnungen in letzter Zeit stammen von dem bereits erwähnten Paul Davies sowie von Fred C. Adams von der University of Michigan und Gregory Laughlin von der University of California in Berkeley, die 1997 eine umfassende Studie mit dem Titel A dying universe veröffentlicht haben und später auch ein populärwissenschaftliches Buch darüber.
Das letzte Wort ist freilich noch nicht gesprochen. Solange es keine vereinheitliche Theorie der fundamentalen Naturkräfte gibt, eine Quantengravitationstheorie, lässt sich über die fernste Zukunft - weit nach dem Tod der Sterne und der Auflösung der Materie - bislang nur spekulieren.
Fest steht immerhin: In einem Universum, das sich ewig ausdehnt, hört die Zeit niemals auf. Deshalb werden selbst extrem unwahrscheinliche Ereignisse zur Regel. Die folgende Tabelle gibt einen wahrlich kosmischen Ausblick in eine solche Zukunft bis zur Auflösung in der großen Leere. Diesen kosmischen Katzenjammer haben die Forscher Big Whimper (>Großes Wimmern<) genannt.
Sterbende Sterne
Die Energiequelle der Sterne ist nicht unerschöpflich. Die Verschmelzung leichterer Elemente zu schwereren - zunächst insbesondere des Wasserstoffs zu Helium - währt nicht ewig. Dadurch ändert sich die Zusammensetzung der Sterne und sie werden immer heißer. In etwa ein bis zwei Milliarden Jahren wird die Erde deshalb für höhere Organismen vermutlich unbewohnbar, denn die Leuchtkraft der Sonne nimmt ständig zu und verändert die Zusammensetzung der Atmosphäre. Schließlich schwellen die alternden Sterne zu Roten Riesen an, deren Durchmesser ein Hundertfaches der Sonne beträgt oder mehr. Diese wird sich in sieben Milliarden Jahren aufblähen und die Planeten Merkur und Venus einfach verschlucken. Ob die - längst sterilisierte - Erde dem feurigen Finale entkommt, ob ihre Kruste und Mantel davonschmelzen und nur ein nackter Nickel-Eisenkern übrig bleibt, oder ob sie als Ganzes in den Flammenschlund gezogen wird, lässt sich noch nicht mit Sicherheit sagen. Denn es ist unklar, wie viel und wie schnell die Sonne ein Teil ihrer Außenhülle ins All bläst.
Massereiche Sterne gehen mit ihren
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