PR Odyssee 4 Die Traumkapseln
genannten kosmischen Koinzidenzen oder Feinab-stimmungen der Naturkonstanten als notwendige Bedingungen für unsere Existenz auf.
Verschiedene Erklärungsversuche für diese kosmischen Koinzidenzen werden diskutiert. Danach sind die Feinabstimmungen der Naturkonstanten ...
... reiner Zufall und somit nicht weiter erklärungsbedürftig;
... künftig aus einer fundamentalen Theorie für Alles ableitbar - aber das verschiebt das Problem nur, denn es bliebe die Frage, wieso gerade diese Theorie wahr ist und nicht eine andere;
... genau so, damit es Menschen gibt (so lautet das Starke Anthropische Prinzip), ohne die die Feinabstimmungen gar nicht entdeckt worden wären - aber das ist keine ursächliche Erklärung;
... entweder durch ein der Natur innewohnendes zielgerichtetes Prinzip entstanden oder durch Design, das heißt eine absichtliche zweckmäßige Einrichtung etwa von kosmischen Ingenieuren oder Gott - aber diese Behauptung wirft weitere unbeantwortete oder sogar unbeantwortbare Fragen auf
... das Produkt einer Art kosmischen Auslese (ähnlich wie in der Evolution des Lebens), wenn unser Universum nur eines in einem Kosmos ist, der sich fortwährend selbst reproduziert, neue Universen hervorbringt und wie Hefezellen abschnürt, wobei vielleicht solche gebärfreudiger sind als andere, wenn sie unsere Naturkonstanten haben (siehe unten) - was freilich ebenfalls weiterführende Erklärungen verlangt; - ... ein trivialer Auswahleffekt unserer Beobachtung, da wir in lebensfeindlichen Universen notwendigerweise nicht existieren und diese also auch nicht erkennen können (so das Schwache Anthropische Prinzip); doch vielleicht gibt es viele andere Universen (oder unbeobachtbar weit entfernte Bereiche in unserem Universum), in denen die Naturkonstanten tatsächlich andere Werte haben, sodass es kein Wunder ist, dass auch mindestens ein Universum von unserer Beschaffenheit existiert.
Die Frage nach den Feinabstimmungen markiert wie die nach dem Urknall also eine äußerst spannende Grenze unserer Erkenntnis - und nicht nur der Wissenschaft.
Diese Grenze versucht die Multiversum-Hypothese, kurz M-Hypothese, zu überwinden.
Philosophiegeschichtlich lässt sie sich mit dem schon auf Piatons Dialog Timaios zurückgehenden metaphysischen Postulat eines Prinzips der Fülle (principle of plentitude) in Verbindung bringen. Es behauptet, dass das, was existieren kann, auch irgendwo existieren muss, und dass die Natur maximal vielgestaltig ist.
Ein Universum nach Maß?
Wenn alle möglichen Naturgesetze, - konstanten und so weiter im Kosmos realisiert sind - in der Gestalt vieler unterschiedlicher Universen -, dann sind die Feinabstimmungen gar nicht mehr erklärungsbedürftig. Wir brauchten nicht darüber erstaunt sein, dass wir in einem lebensfreundlichen Universum das Licht der Welt erblicken - in all jenen, die wüst und leer sind, kann es gar keine staunenden Beobachter geben.
Wenn die M-Hypothese wahr ist, dann ist es nicht ausgeschlossen, dass manche Parameter zufällig oder weniger speziell sind, als sie sein könnten, und dennoch mit der Existenz von Lebewesen kompatibel sind. Die meisten dieser Universen könnten aber vollkommen unbelebt sein - exotische Welten mit völlig anderen Naturgesetzen und - konstanten, die vielleicht nur Minuten währen oder kleiner sind als ein Atomkern, die mehr oder weniger Raumdimensionen besitzen könnten und häufig wohl weder Sterne noch schwerere Elemente enthalten. Bei dieser Fülle des Angebots wäre es nicht verwunderlich, dass auch mindestens ein Universum existiert, das wie auf uns zugeschnitten erscheint. Das wäre dann so wie in einem Kaufhaus, aus dem jeder mit einem passenden Anzug herauskommt. Nicht, weil im Kaufhaus Anzüge maßgeschneidert würden, sondern weil dort alle Größen vorrätig sind, sagt Henning Genz, Elementarteilchenphysiker an der Universität Karlsruhe.
Die M-Hypothese wird zuweilen als Erklärung der Feinabstimmungen aufgefasst; genau genommen macht sie eine Erklärung aber überflüssig. Die faktisch vorliegenden Feinabstimmungen sind weder zufällig noch erklärungsbedürftig, weil eine Vielzahl anderer möglicher Feinabstimmungen in anderen Universen ebenfalls realisiert sind. Je nachdem, ob alle Möglichkeiten in gleicher Häufigkeit realisiert sind oder aber gemäß einer bestimmten Wahrscheinlichkeitsverteilung mit einem Maximum (oder mehreren), sind die Eigenschaften der einzelnen Universen völlig stochastisch (zufällig)
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