PR Posbi-Krieg 02 - Stern der Laren
Einsamkeit.
Sie war dem keinesfalls gewachsen; nein, beim besten Willen nicht.
Tamra Cantu, Tochter von Roslin und Clees, auf dem Flug von Altera nach Neu-Szechuan gekapert und verschleppt ins Heelgha-Internat von Dekombor zu Taphior, erhob sich langsam vom Boden. Schwerfällig, schwermütig, bar jeder kindlichen Leichtigkeit, zog sie sich am Waschbecken hoch, das vor eingetrocknetem Schmutz starrte. Schleimige Haarknäuel verstopften den Abfluss. Ihr ekelte. Morgen jedoch, morgen würde sie wieder die ihr zugedachte Tablette schlucken; und übermorgen, und die Tage darauf. Dann würde ihr dieser stinkende, versiffte Waschraum sauber, komfortabel, ja luxuriös erscheinen, und das gräuliche Internat als Paradies. Und sie würde abermals vergessen haben, wer sie eigentlich war; vielleicht für allzeit und immerdar.
Sie bückte sich, klaubte ihre Lernbehelfe auf, lachte bitter. Wie läppisch ihr nun die alberne Punktejagd erschien, zu der die Heelghas sie anstachelten! Sei's drum. Bald würde sie sich erneut mit dieser ach so raffinierten pädagogischen Methode disziplinieren lassen, würde brav und tüchtig und begierig sein zu lernen, zu verlernen, was ihre Persönlichkeit, ihr Menschsein ausmachte. Dafür würde sie sich nicht so rettungslos deprimiert fühlen, sondern glücklich; oder wenigstens glauben, sich einreden, einreden lassen, dass dem so wäre.
Geknickt wandte sie sich zur Tür. Einen letzten Blick warf sie ihrem Ebenbild zu, verabschiedete sich gleichsam von der unattraktiven, aber echten Tamra. Da wallte Trotz in ihr hoch, wilder, unbändiger Zorn. Mit der Faust drosch sie auf den ohnehin bereits zersprungenen Spiegel. Ein dreieckiges Stück löste sich und fiel herunter. Tamra ergriff die scharfe Scherbe, führte sie an die Stirn, stach zu, schnitt tief in die Haut. Mit aller Kraft ritzte sie drei Striche ein, die zusammen einen Buchstaben ergaben; nicht in der Schrift der
Laren, sondern in jener ihres alten, wahren Zuhauses. Ein »A«, wie sie es auch damals schon gekannt hatte, weil es in ihrem Namen wie auch in dem des Heimatplaneten gleich zweimal vorkam: ein »A« für Tamra, für Altera! Bald, sehr bald würde sie nicht mehr wissen, was es bedeutete. Aber vielleicht blieb eine Narbe zurück. Und vielleicht würde sie dieses Zeichen ermahnen, wachsam zu sein, nicht alles arglos zu schlucken, was man ihr aufzwingen wollte.
Blut sprudelte von der Stirn in ihre Augen und auf das kümmerliche Nachthemd, als sie zurück in den Schlafsaal wankte. Unter ihren nackten Füßen glomm der Boden rot wie glühende Kohlen. Aber Tamra spürte nichts, keine Hitze oder Kälte, keinen Schmerz. Die Leere hatte gänzlich von ihr Besitz ergriffen. Sie würde, ahnte sie, lange nichts mehr spüren, vielleicht nie wieder.
Dicke Blutstropfen besudelten Boden und Pult. Sie kümmerte sich nicht darum, verstaute die Lernsachen, legte sich ins Bett, versuchte zu schlafen. Unaufhörlich dudelte die Musik. Ganz von selbst formten Tamras Lippen die zugehörigen Worte.
»Dank für Gnade.
Wir huldigen dem Stern der Laren.
Das ist geziemend und recht.
Das ist geziemend und recht.«
Der Wonnemond
4. D ER W ONNEMOND
Kreuz und quer verliefen die gleißenden Bahnen von Strahlschüssen, nicht fauchend oder knatternd, sondern gespenstisch lautlos, mangels einer Atmosphäre, die den Schall geleitet hätte. Schutzschirme bauten sich auf und flackerten sogleich unter Treffern. Von allen Seiten wogte wimmelndes maschinelles Leben heran.
Posbis! Posbis! Posbis!
»Pulk bilden!«, erklang im Helmfunk Perry Rhodans Stimme, keineswegs panisch, sondern ruhig und klar. »Schirmfelder vereinigen!«
Demetrius Onmout sah aus unendlich weiter Ferne sich selbst dabei zu, wie er dem Befehl Folge leistete. Sein Unteroffizier Firsam schoss auf alles, was sich bewegte, doch die energetischen Schutzsphären der Maschinenteufel waren den ihrigen mindestens ebenbürtig. Null Chance, dachte Dmetri, obwohl auch er feuerte, was sein Strahlgewehr hergab. Fünf Menschen gegen eine ganze BOX -das hielten sie keine Minute durch.
Aber Perry Rhodan, raunte eine zweite Stimme in seinem Kopf, ist doch unsterblich, oder? Nicht unverletzlich, klar; aber er hat ganz andere Situationen überstanden in all den Jahrtausenden. Der Großadministrator kommt nicht nach so langer Zeit zu seinem versprengten Volk nach Ambriador, um hier in einem Posbi-Wrack zu fallen, oder?
Oder?
Das Strahlengewitter verstärkte sich weiter. An mehreren Stellen flammten ihre
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