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PR Posbi-Krieg 02 - Stern der Laren

PR Posbi-Krieg 02 - Stern der Laren

Titel: PR Posbi-Krieg 02 - Stern der Laren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Lukas
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Handtuch, mit dem sie sich abrubbelte, roch muffig; ihr grauste. Sie erschauerte, schlotterte vor Kälte. Wohin war plötzlich, über Nacht, nein, binnen weniger als einer Stunde, die anheimelnde Wärme verschwunden, und all der andere Luxus? Tamra betrachtete sich im fleckigen, halb blinden Spiegel und sprang schockiert zurück. Auch sie selbst war verändert! Viel größer, als sie es sich vorstellte, und viel hässlicher. Das braune Haar stumpf, strähnig, verfilzt, die bleiche Haut übersät von Pickeln, die Lippen voller Fieberblasen. An Stelle des schönen Nachthemds hing ein verwaschenes, fadenscheiniges, löchriges Fetzchen an ihr, das die Blöße ihrer Rundungen kaum bedeckte.
    Tamra unterdrückte einen Schrei. Vor allem wirkte das Gespenst, das ihr mit weit aufgerissenen, schwarz umrandeten Augen aus dem Spiegel entgegenglotzte, bedeutend älter als sieben Jahre. Eher wie zwölf oder dreizehn. Ja: Akiko Durkheim, die mit ihren Eltern die Kabine neben jener der Cantus bewohnt hatte, war dreizehn gewesen, und etwa so groß wie Tamra... jetzt.
    Schreckliche Unruhe ergriff sie. Wallungen, als kräusle sich ihre Haut inwendig. Plötzlich erinnerte sie sich - an das Schiff namens MERCANT. An Clees und Roslin; an den Plüsch-Gucky und den Stahlkappenverstärkten Stiefel, der die geliebte Puppe zerstampft hatte. Das lag sehr, sehr lange zurück... Waren seither nicht bloß, drei Jahre vergangen, sondern deren neun?
    Tränen strömten aus Tamras Augen. Ihre Eingeweide verkrampften sich. Die Lernunterlagen rutschten unter dem schäbigen Nachthemd hervor und polterten zu Boden.
    Nichts war, wie es schien. Die Menschenkinder, die jungen Alteraner wurden getäuscht, beschwindelt, zum Narren gehalten.
    Oder als Narren?
    Tamra begriff, dass ihnen die Heelghas mithilfe der Pastillen - und der seltsamen, würzigen Dämpfe bei den Sonnenfeiern - eine heile Welt vorgaukelten, die so nicht existierte. Warum kam niemand auf die Idee, genauer nachzufragen, was sich außerhalb der Mauern und blickdichten Glasscheiben des Internats befand? Oder weshalb sie den siebeneckigen Bau nie verließen? Wenn man sie dermaßen betrog - waren dann die Laren überhaupt jene verehrungswürdigen, gottgleichen Gönner, als die sie von den Heelghas dargestellt wurden? Hatten sie die Kinder tatsächlich gerettet - oder nicht eher entführt, brutal den Eltern entrissen?
    Und was war mit denen geschehen? Mit Papa? Mit Mama!
    Tamras Knie gaben nach. Zu viel brach schlagartig über sie herein. Sie sackte weg, rollte sich auf den dreckigen, eiskalten Fliesen zusammen wie ein Baby.
    Lange lag sie wimmernd da, hin und her gerissen zwischen Lähmung und Schüttelfrost, Ohnmacht und Wut, bis sie wieder einen klaren Gedanken fassen konnte. So elend hatte sie sich nie zuvor gefühlt. Nichts, gar nichts stimmte. Sie war einem Bluff aufgesessen, hatte sich die ganze Zeit willig blenden und einlullen lassen.
    Und, schlimmer noch: Dieses unvermittelt erworbene Wissen half ihr kein bisschen, nützte ihr nicht das Geringste. Im Gegenteil, es stieß sie in abgrundtiefe Verzweiflung, in eine Hölle, aus der jeglicher Fluchtweg versperrt war.
    Keine Chance. Keine Hoffnung. Bitterkalt erkannte sie die Sinnlosigkeit ihrer Anstrengungen; sowie, dass sie nicht länger die Pastillen mit Frizzi tauschen durfte. Erstens würden sie unweigerlich auffliegen. Zweitens brachte Tamra die Gesundheit ihrer naiven, unschuldigen Bettnachbarin in Gefahr. Schon jetzt lief das zarte, rotblonde Mädchen kaum mehr Rollschuh, sondern hockte meist antriebslos da und stierte vor sich hin. Unlängst war sie mitten in der Unterrichtsstunde eingedöst. Bekam sie weitere Überdosen, bevor die Heelghas Verdacht schöpften, brachte die Droge Frizzi möglicher Weise um. Konnte Tamra das mit ihrem wachen Gewissen vereinbaren? Nein.
    Und drittens, da machte sie sich nichts vor, vermochte sie die neu gewonnene Realität nicht zu ertragen. Das überstieg schlichtweg ihre Kräfte. Als Sehende unter Blinden, ganz auf sich allein gestellt, musste sie über kurz oder lang wahnsinnig werden. Abhauen, heute Nacht noch, solange sie bei nüchternem Verstand war? Wohin denn? Selbst wenn sie, äußerst unwahrscheinlich, an den Heelghas vorbeikäme, die am einzigen, fest verriegelten Tor Wache schoben -da draußen wartete ein fremder Planet, bewohnt von bulligen, rücksichtslosen, Stiefel mit Stahlkappen tragenden Gestalten; und nur noch mehr Angst, unvorstellbare Schrecknis, gepaart mit grenzenloser

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