PR Posbi-Krieg 02 - Stern der Laren
gebrochen. Man plauderte zwanglos über dies und das, tauschte Tratsch und sonstige Neuigkeiten aus, erzählte heitere Anekdoten aus den jeweiligen Tätigkeitsbereichen und so weiter. Auch Mitrade trug, zusehends gelöster nun, da sie die überhand hatte, zur Unterhaltung bei. Freas-Buld hingegen, eher ein verklemmter Typ und offensichtlich nicht die hellste Kerze im Lüster, warf nur selten eine beipflichtende Anmerkung ein.
Erstaunt stellte Pulpon fest, dass er die Nervosität abgelegt und begonnen hatte, sich regelrecht zu amüsieren. Da verstummte das Gemurmel im Saal, so auffällig graduell, als brande eine machtvolle Flutwelle aus Schweigen über die vieltausendköpfige Menge der Vasallen. Kein Einziger sprach es aus, nicht einmal gehaucht; und doch wusste augenblicklich jeder, sogar Pulpon-Parkk, der kleine Bezirksverwalter, was die atemlose Stille bedeutete.
Ihrer aller Lehnsherr war erschienen. Der Erste Steuermann des Großen Bootes GREER hatte sich zu seinen Matrosen gesellt.
General Kat-Greer ließ den traditionellen Ritus der Unterwerfung mit unbewegter Miene über sich ergehen.
Insgeheim langweilte ihn das schleppend-pathetische Zeremoniell maßlos. Den vielen Weihrauch konnte er nicht ausstehen, und die blutigen Tieropfer verabscheute er.
Aber er hütete sich, dies selbst in intimster Runde auch nur anzudeuten, geschweige denn, es vor der breiten, größtenteils erschreckend dumpfen Masse seiner Gefolgsleute zu offenbaren. Die Ersten Steuermänner des Großen Bootes GREER waren immer schon als besonders konservativ und rigoros am Überlieferten festhaltend bekannt gewesen. Auch er hatte frühzeitig den Ruf kultiviert, die Ehre, Treue und Gesinnung seiner Vorväter mit Verve hochzuhalten. Diese Rolle, diese Funktion im komplexen Machtgefüge des Trovents war ihm zugefallen - weshalb hätte er sich partout eine andere, weniger probate suchen sollen? Also stand er reglos, hoch aufgerichtet, die Beine gespreizt und durchgedrückt; wohl wissend, dass die Vasallen, je länger sich der Akt hinzog, umso bewundernder rätseln würden, wie er diese unnatürlich gerade, steife Pose so lange durchhielt. »Gleichsam aus Erz gegossen«, würden sie hinterher tuscheln. »Und dabei habe ich aus verlässlicher Quelle erfahren, dass der General weder Exo-Skelett noch teilparalysierende Mittel verwendet. Derlei Tricks passen auch nicht zu ihm, so etwas lehnt er aus tiefster Überzeugung ab. Nein, es ist angeborene Würde, stählerne Selbstbeherrschung, pure Willenskraft.«
Mhm. Sowie eine Sehnenoperation, die im zwölften Lebensjahr des Erbfolgers durchgeführt wird, plus ein Paar Spezialstiefel mit keilförmigen Einlagen.
Nachdem die Hymnen endlich abgesungen, die Eide kollektiv erneuert und die Kadaver der Opfertiere weggeräumt worden waren, mischte sich Kat-Greer wie üblich unters Volk. Seine Adlaten hatten die Route durch den Saal dergestalt ausgetüftelt, dass der General in unmittelbarer Nachbarschaft jedes Tisches vorbeikam und kurz stehen blieb, um ein paar Worte zu wechseln. Dadurch würde jeder der Geladenen später behaupten können, sein Lehnsherr habe sich ihm persönlich gewidmet: »Ich schwöre dir, wir standen einander so nahe wie jetzt wir beide. Ich hätte nur den Arm auszustrecken brauchen, um ihn zu berühren.«
Dieser Teil der Veranstaltung zog sich noch viel endloser dahin und war in seiner nervtötenden Eintönigkeit noch ungleich anstrengender, da in 95 Prozent aller Fälle reine Pflichtübung, Repräsentation ohne nennenswerten politischen Nutzen. Andererseits durfte Kat sich nicht davon einlullen lassen, denn die verbleibenden fünf Prozent erforderten seine höchste Aufmerksamkeit. Dazu war weit mehr Selbstdisziplin vonnöten als für das kindische, akrobatische Kunststück, stundenlang strammzustehen...
Gegen Ende des Rundgangs kamen sie zu Tisch 2998 - ebenfalls ein Bluff, Nummern unter 200 gab es sowieso nicht, desgleichen keine Zahlen, denen in der Volksmystik negative Bedeutung angedichtet wurde, und das waren eine ganze Menge. Kat-Greer rief sich routiniert ins Gedächtnis, mit wem er es hier zu tun hatte, dann begrüßte er alle vier Personen mit vollem Namen und Titel. Zum blassen, trotz des kostspieligen Aufputzes erbarmungswürdig reizlosen Balg des Verwalters von Dekombor sagte er: »Meine Tochter Nindel, welche sich sehr gefreut hat, dass du uns heute mit deiner Anwesenheit beehrst, verlangt nach dir, Fräulein Mitrade. Du wirst im Jungdamensalon erwartet. Man bringt dich
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