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PR Posbi-Krieg 02 - Stern der Laren

PR Posbi-Krieg 02 - Stern der Laren

Titel: PR Posbi-Krieg 02 - Stern der Laren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Lukas
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diverse Fruchtbarkeitsriten vollzogen, bei denen alle moralischen Schranken aufgehoben waren.
    »Wir verweigern die Fortpflanzung in Gefangenschaft«, antwortete Wilbur ebenso leise, »jedoch nicht die Sexualität als solche. Es gibt Techniken, Mittel und Wege ... Guck nicht so entsetzt, wir sind schließlich auch Menschen aus Fleisch und Blut. Vor allem aber bieten solche Feste eine optimale Tarnung; du wirst schon sehen. Verhalte dich möglichst natürlich, eben als wärest du aus reiner Neugierde gekommen. Trenn dich zwischendurch von mir, aber behalte mich im Auge. Wundere dich nicht, falls sich manche Personen etwas... merkwürdig benehmen. Und stütze mich später, wenn ich scheinbar total betrunken bin, als wärst du um meine Gesundheit besorgt. Was danach auch geschieht, bleib unbedingt bei mir, bis wir in Sicherheit sind. Ich weiß selbst noch nicht, wo wir landen werden. Das erfahre ich erst kurzfristig. Alles klar? Okay?«
    »Okay.« Das war Alteranisch; eines der wenigen Worte, die Tamra, ohne lang zu überlegen, noch in der »verbotenen« Sprache beherrschte.
    Wilbur holte zwei neue Becher »vom härteren Stoff«, dann zogen sie weiter. Tausende Menschen, gut zwei Drittel der alteranischen Bevölkerung, tummelten sich auf dem ausgedehnten Werksgelände. Viele von ihnen arbeiteten tagsüber in der Nahrungsmittelfabrik; so gut wie alles, was am Marktplatz von Dekombor erhältlich war, wurde hier aus den Früchten, Blättern, Rinden, Zwiebeln und Wurzeln der verschiedenen Olvid-Gewächse erzeugt. Auch Kitai Lechnoirs viel gerühmte Wurstkringel hatten nie ein Gramm Fleisch gesehen.
    Lug und Trug, dachte Tamra. Schein und Schimäre allerorten, vom Größten bis ins Kleinste. Alles kippt, sobald du genauer hinsiehst. Die ganze Welt, das ganze Leben - eine einzige Enttäuschung. Hört das denn nie mehr auf?
    Sie hatte gelernt, mitzuspielen und ihrerseits zu bluffen, mogeln, lügen. Ekelhaft erschien ihr diese permanente, allgegenwärtige Unaufrichtigkeit, ekelhafter noch als die Ausschweifungen, derer sie im Verlauf der Längsten Nacht Zeugin wurde, ob sie wollte oder nicht. Wenn sie sich in einen dunklen Winkel zu flüchten versuchte, erwies sich dieser oft von einem kopulierenden Paar oder gar Grüpp-chen besetzt. Andere trieben es mitten auf der Tanzfläche, mit wechselnden Partnern. Einmal meinte sie, im Zentrum eines Rings aus ölig glänzenden Leibern Frizzi Pasterz zu erkennen, splitternackt bis auf einige Blütenkränze. Zum Glück stumpften Tamras Sinne bald ab. Irgendwann nahm sie ringsum nur noch einen Wirbel aus Licht und Schatten wahr, nicht näher definierte Formen, Geräusche und Gerüche, als befände sie sich innerhalb eines gigantischen, alptraumhaften Gemäldes, einer monströsen, um sie rotierenden, sich endlos in alle Richtungen erstreckenden holografischen Installation. Sie ließ sich treiben, tauchte ziellos durch die orgiastische Fülle, innerlich leer.
    Fast hätte sie den Zeitpunkt verpasst. Tamra erwachte aus dem tranceartigen Zustand, weil jemand zum wiederholten Mal ihren Namen lallte.
    Zwischen Paletten, die aufgestapelt gewesen und umgestürzt waren, kugelten zwei Gestalten. Wilbur Donning und Wu Pasterz versuchten, ineinander verhakt, sich hochzurappeln, und scheiterten kläglich. Sie eilte zu ihnen, half ihnen auf die Beine. Die beiden jungen Männer schwankten, haltlos kichernd. Sie stanken wie eine Destillerie; wie zwei schwere, nasse Säcke hängten sie sich auf Tamra. Zusammen torkelten sie in Schlangenlinien über die volle, vor Ausgelassenheit kochende Tanzfläche, wobei Wilbur, nur scheinbar unzurechnungsfähig, die Richtung vorgab. Es war kurz nach Mitternacht, das Fest auf seinem Höhepunkt; niemand nahm Notiz davon,
    als sie durch ein angelehntes Tor in einen Schuppen verschwanden.
    Tamra empfand die Kühle des düsteren, mit Kisten und Containern voll gestellten Lagerraums, in den nur gedämpft der Lärm von draußen drang, als immense Erleichterung. »Sind wir ...«, begann sie, doch Wilbur gab ihr durch einen Druck auf die Schulter zu verstehen, dass sie noch in der Rolle bleiben sollte. Also wankten sie weiter, treppauf, treppab, vorbei an echten Schnapsleichen, die in Pfützen von Erbrochenem lagen, mit offenem Mund schnarchten oder sie aus trägen, schielenden Augen anstierten. Erst, nachdem sich eine schwere Doppeltür mit schmatzendem Geräusch hinter ihnen geschlossen hatte, straffte sich Wilbur und entließ Tamra aus seinem Griff.
    »So. Danke«, sagte er

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