PR Posbi-Krieg 02 - Stern der Laren
mit klarer Stimme. »Bitte verzeih, aber anders geht es nun mal nicht.« Er lachte. »Obwohl ... irgendwie macht das Theater auch Spaß, findet ihr nicht?«
»Hm. Hab mich schon besser amüsiert.« Sie schüttelte sich, sog die kalte Luft in tiefen Zügen ein.
Wu Pasterz wischte über sein bleiches, schweißnasses Gesicht, griff ans verdreckte Hemd und schüttelte es, um es zu lüften. »Morgen werde ich mir von meiner Frizzi ganz schön etwas anhören müssen. Sofern sie sich überhaupt noch erinnern kann, heißt das.«
»Ihnen ist klar, dass Sie niemandem, auch nicht Ihrer Gattin, von dieser Zusammenkunft berichten dürfen?«, erklang eine metallisch klirrende Stimme. »Egal, wie über Ihren Antrag beschieden wird?«
Wilbur, der Haltung angenommen hatte, schnalzte die flache Hand zur Schläfe. »Sir, ja, Sir. Die Probanden wurden diesbezüglich instruiert.«
Unterdessen hatten sich Tamras Augen an die Dunkelheit gewöhnt. Sie erkannte den Sprecher. Es handelte sich um einen alten, schlohweißen Mann, der ihr am Markt bisher nur als Rollstuhlfahrer untergekommen war, zu gebrechlich, um ohne Hilfe essen oder trinken zu können. Nun aber stand er, die Arme vor der Brust verschränkt, ebenso breitbeinig an der eisverkrusteten Hinterwand des Kühlraums wie Yilmaz Macmahon und das halbe Dutzend anderer Freigeborener neben ihm.
»Guilder?«, entfuhr es der verblüfften Tamra.
Er antwortete auf Alteranisch: »Kapitän Guilder Vinales, Kommandant des imperialen Transportraumschiffes MERCANT, unterwegs nach Neu-Szechuan. Und leider« - dabei lockerte er die Schultern ein wenig, und ein melancholisches Lächeln spielte um seine Lippen - »noch immer nicht am Zielort eingetroffen.«
Die Längste Nacht wurde ihrem Namen gerecht.
Guilder setzte die wenige Autorität ein, die ihm nach fast zwei Jahrzehnten der Erniedrigung verblieben war, um ihr dichtes Programm durchzubringen. Die Taoisten hatten sich viel vorgenommen. Das mussten sie wohl oder übel, denn Gelegenheiten, sich für längere Zeit in größerer Runde zu beraten, ohne dass die vermaledeiten Peilchips das konspirative Treffen als solches preisgaben und die Maahks oder gar die larische Polizei auf den Plan riefen, waren relativ rar.
Auch so hatten sie, trotz des im Areal der Olvid-Fabrik vorherrschenden Tohuwabohus, zahlreiche Sicherheitsvorkehrungen zu beachten. Ein Plenum abzuhalten, verbot sich. 60 Impulsgeber, 60 Punkte auf dem Schirm, ergo 60 Menschen, die über Stunden geballt in ein und demselben Raum verweilten - so gelangweilt konnte, wer immer gerade in der Überwachungszentrale Dienst schob, gar nicht sein, dass ihm das nicht aufgefallen wäre. Genauso wenig durften die dezentralen, übers ganze Gelände verteilten Kleingruppen aus den ständig gleichen Personen bestehen. Daher pendelte ein Teil der »üblichen Verdächtigen« in unregelmäßigen Abständen zwischen den Versammlungsorten hin und her. Außerdem hatten sie etliche arglose Halbwüchsige, deren Konstitution diese rüde Behandlung hoffentlich verkraften würde, systematisch bis zur Bewusstlosigkeit abgefüllt und in Räumen über oder unter den Treffpunkten deponiert, die sie zudem so ausgewählt hatten, dass in unmittelbarer Nähe möglichst viele Paarungs-Aktivitäten vor sich gingen.
Yilmaz verteilte Decken. Die Kühlaggregate waren, wie die ganze Fabrik, bis zum Beginn der Morgenschicht stillgelegt. Dennoch litten alle unter der Restkälte. Aber wann, seit die GORATSCHIN abgeschossen und die MERCANT aufgebracht worden war, hatten sie nicht gelitten? Von den armen Knechtgeborenen, die nichts Besseres kannten, ganz zu schweigen...
»Erstens«, sagte Guilder Vihales. »Aufnahme neuer Mitglieder. Auf Sie, Tamra Cantu, warten wir seit langem, und die Zahl Ihrer Fürsprecher ist Legion. In meiner Funktion als Ranghöchster dieser Untergruppe verfüge ich deshalb, dass mir Ihr Schweigegelübde, eine Erklärung Ihrer Solidarität sowie der Schwur auf das Buch genügt, um Ihnen den Status der Mitgliedschaft auf Probe zu verleihen.«
Er hatte während seiner auf Alteranisch gehaltenen Ansprache die junge, fragile, doch abgehärtet und quirlig, ja hungrig wirkende Frau genau beobachtet. Bei manchen Passagen hatten sich ihre Lippen bewegt, als vollziehe sie die Lautkombinationen nach. »Das Wahre Idiom ist Ihnen bekannt, jedoch nicht geläufig«, stellte er fest. »Haben Sie alles begriffen?«
»Nein«, gestand sie. »Soli...dari...tät; ah ja. Diese, äh, Vokabel ... ich habe sie lange
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