PR Posbi-Krieg 05 - Die Psi-Fabrik
dimensionstechnische Überempfindlichkeit«, verkündete er.
»Wohl bekomm's, Chef. Soll ich dir jetzt die Beine bürsten? Oh.«
»Was oh?«, fragte Tawe. »Oh?« Und sah nach hinten. »Oh!«
Da kamen Dutzende Alles-für-euch angesaust.
»Ich meinte: Oh, da sind sie ja schon, Chef. Du hast so ausgehungert ausgesehen. Ich dachte, du könntest ja vielleicht so richtig aus dem Vollen schöpfen wollen, Tawe.«
»Du kennst meinen - natürlich kennst du meinen Namen. Ihr verpfeift mich doch nicht?«
»Wieso?«
»Na wegen ...« Tawe zeigte auf sein Bier. »... und so.«
Der kugelrunde Alles-für-euch tanzte auf und ab. »Chef. Du solltest mal die anderen Chefs sehen, wenn sie Ausgang haben.«
Zwei Dutzend Roboter der verschiedensten Ausführungen bestätigten das.
Natürlich. Die anderen Forscher. Sie waren ja keine Gefangenen der Fabrik.
»Und? Haben welche Ausgang? Jetzt gerade?«
»Ein paar bestimmt, Chef. Soll ich die Daten abfragen?«
»Nein, nein. Das reicht mir schon, danke. Hmm!« Tawe betupfte nachdenklich die Schaumreste in dem Becher. »Ich glaube, das wird ein schöner Tag. Aber ich möchte doch ein wenig mehr Abgeschiedenheit. Es muss mich ja nicht gleich jeder sehen.«
»Aber du solltest dir unbedingt noch den Start der Fragmentraumer ansehen, Chef! Das ist ein seltenes Schauspiel.«
»Und ein erfreuliches«, brummelte ein Dreibeiner in der zweiten Reihe.
»Ihr Alles-für-euch mögt die Posbis von draußen nicht gerade, hm?«
»Nein, Chef.« - »Nee.« - »Nö.« - »Gefühlloses Pack.« - »Die sollen ihr Zeug ausladen, ihr Zeug einpacken, und gut ist!«
»Schon gut, verstanden.« Tawe fühlerte zu dem nächsten der fragmentierten Raumschiffe hinüber. »Und das sieht toll aus, wenn die starten?«
»O ja!«, sagte der Kugelige.
»Und das ist sicher? Sie kommen mir nah vor. Und groß.«
»Ach, wir passen schon auf dich auf, Chef«, machte einer. Mit einem Chor aus Echos.
»Ja, na dann ... dann hätte ich gern noch ein Bier und vielleicht ein bisschen Schatten.«
Das Dutzend Alles-für-euch überschlug sich schier. Wenig später lag Tawe in einer gemütlichen Sandmulde auf dem Rücken, ließ sich die Beine bürsten, die Panzerbögen ölen, ließ Bier aus einem Fässchen in sich hineinrinnen und schaute unter mehreren Sonnensegeln, Sonnenschirmen, Regenpilzen, einer Guckglocke und zwischen den schrägen, Schatten spendenden Säulen des Dreibeiners hervor zu, wie die Fragmentraumer langsam und feierlich vom Boden abhoben, sich zu einer Kette aufreihten und in den Himmeln verschwanden.
»Ich glaube, nachher möchte ich eine Spritztour machen«, überlegte er laut. »Ans Meer vielleicht... Von Bergen habe ich erst mal genug.« Er sah nach hinten zum Nebelfeld. »Und von Tälern auch.«
Das Meer, das träge Meer, machte ihn melancholisch. An genau so einer Bucht hatte er sich schon einmal in den Sand eingegraben und ein Fässchen geleert oder zwei. Allerdings war das in der Nacht gewesen, und jetzt war helllichter Tag. Damals, als er verzweifelt gewesen war wegen seiner Liebe zu Adilai. Seiner Hitze. Irgendwo hinter dem Sand und den Gräsern begannen Frauen zu singen. Es war eine Abfolge von Schreien ... Trommeln setzten ein ... Pfiffe ertönten wie Vogelschreie ... fernes Knarren ... Grunzen ... Der Dschungel hinter dem Strand und die Töne der feiernden Frauen verschmolzen.
»Moment mal«, sagte Tawe. »Hier feiern keine Frauen. Es ist Tag!«
»Wir haben uns erlaubt, etwas Musik anzumachen, der Gleiter und ich«, sagte der Kugelige und schwebte hinter einer Düne auf. »Wegen der Atmosphäre, dachten wir.«
Musik! Wie lange hatte Tawe keine Musik mehr gehört, ob nun frische oder konservierte. Er hatte ganz vergessen, dass es Musik überhaupt gab.
»Ja. Danke. Das ist eine gute Idee.«
Die Trauer kam in machtvollen Schüben.
»Alles in Ordnung?«, fragte leise der Alles-für-euch schräg über ihm.
»Ja«, sagte Tawe. Er rollte sich zu einer Spirale zusammen, barg sich an sich selbst. »Mir geht es gut«, sagte er in die glatte Haut seiner Rückenpanzer hinein. »So gut wie lange, lange nicht mehr.«
Dann überließ er sich wieder der Trauer und der Musik.
SIEBENUNDDREIßIG
»Lasst uns eine Reise machen«, sagte er, als er sich wieder gefangen hatte, »eine Reise durch meine Vergangenheit.«
Als sie in der Stadt seiner Geburt ankamen, herrschte noch heller Tag. Es würde noch Stunden dauern, bis die Sonne unter dem Horizont versank. Die Ueeba-Frauen schliefen. Tawe war es recht.
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