PR Rotes Imperium 01 - Die fossile Stadt
verzückt die Augen. »Der Unsterbliche ist der Gesandte Pums. Derjenige, der diesen Albtraum beenden wird und der uns das Himmelreich auf Erden schenken wird.«
»Das wird er sicherlich, wenn du mir sagst, was an Bavo Velines so gefährlich ist und warum er lügt. Was für Wahrheiten verbergen sich hinter seinen Worten?«
»Pum sei in meinem Herzen«, sagte die Erzbischöfin mit einer Stimme, als wolle sie jeden Augenblick abheben, »er schützt mich, er gibt mir die Kraft, trotz meiner schweren Sünden weiterzumachen und auf den großen Moment der Erlösung zu warten. Er hat mir meine Geschlechtsumwandlung vergeben, denn er weiß, dass ich ihm Frau und Mutter sein wollte, damit er durch mich einen göttlichen Sendboten in diesen Sündenpfuhl herabschicken würde…«
Sie wurde leiser und verlor sich in sinnlosem Gebrabbel, der den ganzen Wahnsinn von Suleima Laurentia III. offenbarte.
Wiesel löste sich von ihr und ließ sie ihre heiligen Psalme beten, während er nachdachte.
Konnte er den Worten dieser verwirrten Frau mehr vertrauen als jenen Farashuus, der Kindersoldatin? Hatte die Erzbischöfin recht? War Bavo Velines der große Manipulator? Oder verrannte sie sich in einer wahnwitzigen Idee?
Wiesel hatte auf den Straßen genug gehört, um zu wissen, dass der Generalgouverneur eindeutig nicht korrekt war. Er galt als skrupellos, und er hielt breite Schichten der Bevölkerung durch subtile Beeinflussung unter Kontrolle. Die sogenannten Kioske spielten dabei eine ganz besondere Rolle…
Was in den Intropolen der Druuf vorging – nun, das wollte man nicht einmal hinter vorgehaltener Hand besprechen. Er hatte lediglich die Bezeichnung Neubabylonische Enklaven aufschnappen können, in denen nicht nur die Druuf gefangen gehalten wurden.
»Es gibt Widerstand gegen das Roten Imperium«, unterbrach er den Singsang der Erzbischöfin. »Diese Leute nennen sich Anjumisten. Hast du schon mal von ihnen gehört?«
Sie brach ab und blickte ihn erstaunt an. Es war, als sähe sie ihn das erste Mal. »Ich kenne diese Leute. Auch sie nehmen den falschen Weg. Den des Kampfes und des offenen Widerstands, statt in Demut und im Flagellantismus das Seelenheil zu finden…«
»Was weißt du über sie?«
»Sie versuchen, das Lügenkonstrukt des Generalgouverneurs zu durchbrechen und zu verhindern, dass die Gewaltherrschaft des Roten Imperiums auch auf andere Bereiche des Universums übergreift.« Plötzlich sprach sie mit deutlicher, klarer Stimme. »Sie haben einige Sympathisanten im gemeinen Volk. Doch nur die wenigsten trauen sich, offen Partei für die Anjumisten zu ergreifen…«
»Und hast du schon einmal von der Knochenstadt gehört?«
Die Erzbischöfin erschrak, ihr Leib begann zu zittern. Wieder schien es, als wolle sie sich in ihren Wahnsinn zurückziehen. Es war wohl ein Wahnsinn, in dem sie gewissermaßen Freiheit fand. »Die Knochenstadt ist ein Ort, den du auf keiner Karte finden wirst. Es ist verboten, darüber zu sprechen oder auch nur daran zu denken. Er ist ein Ort der Sünde, des Sündenfalls. Der Schandplatz unserer Zivilisation. Ich verstehe nicht, warum er errichtet wurde, warum er nach wie vor existiert.«
»Wo ist die Knochenstadt?«
Suleima Laurentia III. kicherte. »Gar nicht weit weg von hier, mein hübscher Freund. Auf dem kleinen Kontinent Pja Potoo. Sie wird Jejoon genannt, weil der Begriff Knochenstadt im Roten Imperium verpönt ist.«
»Wie kommt man dort hin?«
»Gar nicht. Kein Gleiter wird deiner Programmierung folgen, niemand wird sich bereitfinden, dir zu helfen. Die Stadt sollte aus dem Gedächtnis der Menschen verbannt werden. Nur jene, die herrschen, wissen um dieses Mahnmal Bescheid.«
Wiesel griff nach dem Arm der Erzbischöfin. Er hauchte ihr einen Kuss auf den Handrücken. »Ich bin dir zu großem Dank verpflichtet. Und es tut mir aufrichtig leid, dass ich dich schlecht behandelt habe.«
»Schlecht behandelt?« Sie lächelte, und ihre Augen rollten wie wild. »Ich weiß nicht, was du meinst. Du bist ein lieber, ein sehr lieber Junge. Hat dich Pum selbst geschickt? Bist du etwa derjenige, der mir in Seinem Namen ein Kind machen soll? Ich habe ein Zimmer bereit für dich und mich. Seit Jahrzehnten steht es leer und wartet nur darauf, für diesen Akt der Heiligkeit genutzt zu werden.«
»Ich muss dich enttäuschen, Erzbischöfin. Ich bin es nicht. Aber ich hoffe, dass du deine Erfüllung findest.«
Wiesel drehte sich um, ließ die Wahnsinnige im Büßerzimmer allein. Auf
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