PR Rotes Imperium 01 - Die fossile Stadt
richtete seinen Blick auf einen Reliquienschrein. Ein paar vermodernde Knochen lagen dort, von einem Energieschirm umfasst.
»Ich habe während der letzten Jahre ein paar Mal gesündigt«, begann Wiesel, nachdem er sich aufgerichtet hatte, »aber ich meine, dass Pum mir vergeben könnte.«
»Wie kommst du auf diese Idee?« Der Erzbischof runzelte die Stirn. »Pum ist ein Gott, der Versagen straft und der von seinen Gläubigen verlangt, selbst die schwersten Strafen in aller Demut hinzunehmen. Deinen Worten entnehme ich, dass du diese wichtigste aller Tugenden noch nicht ausreichend verinnerlicht hast…«
»Jetzt ist Schluss mit dem Gefasel, Allerwertester!« Wiesel schob sich näher an den Erzbischof heran, gab ihm einen kräftigen Schubser und schob ihn vor sich her, auf eine der kargen Holzbänke zu. »Glaubst du etwa, ich habe nicht bemerkt, dass du Perry Rhodan verfolgen ließest? Deine Gehilfen benahmen sich so unauffällig wie betrunkene Trampeltiere in einer Eiswüste. Und wenn ich richtig vermute, stammten sogar ein oder zwei dieser Flüstergeister von dir!«
»Ich… aber… wie konntest du… wer bist du eigentlich, und wie kannst du es wagen…«
»Lassen wir doch die Formalitäten, Priesterlein. Ich bin in Begleitung Perry Rhodans unterwegs. Ich habe sehr wohl verstanden, was du ihm zugerufen hast. Von wegen Wahrheit hinter den dünnen Wänden der Illusion und so… Ich möchte gern mehr darüber wissen.«
»Das war bloß dahingesagt.« Der Erzbischof schob sich tiefer in die Sitzbankreihe und streckte abwehrend seine zierlichen Hände aus. »Es hatte keinerlei Bedeutung, glaub mir.«
»Ich unterhalte mich nicht gern mit einem Kerl, dessen Gesicht ich nicht erkennen kann.« Wiesel folgte seinem völlig verängstigt wirkenden Opfer. Er ärgerte sich über die Gewissensbisse, die er empfand. Seit Jahren bemühte er sich, endlich einmal den lästigen Skrupel zu vergessen, wenn er gemein werden musste. Es wollte ihm einfach nicht gelingen.
Mit einem Ruck zog er dem Erzbischof das Tuch vom Gesicht. Der Gottesmann schrie erschrocken auf und verbarg das Gesicht hinter seinen Händen.
Doch zu spät. Wiesel pfiff erstaunt. »Das ist mal eine Überraschung!«, sagte er, »Der Erzbischof ist eine Erzbischöfin!«
Tränen liefen der Frau über die Wangen. Sie schluchzte sogar, und Wiesel ließ ihr ausreichend Zeit, sich wieder zu fangen. Und tatsächlich ertappte er sich dabei, sich bei der Alten zu entschuldigen und ihr gar die Nässe aus dem Gesicht zu wischen.
»Danke«, sagte sie mit leiser Stimme. »Pum wird dir vergeben…«
»Lassen wir den guten, alten Pum mal aus dem Spiel. Du wirst ihm selbst einiges bei deiner nächsten Beichte zu erzählen haben, nicht wahr?«
»Pum weiß alles über mich.« Die Erzbischöfin richtete sich auf. Sie zeigte ein verhärmtes, von vielen Falten zerfurchtes Gesicht, das dennoch eine gewisse Würde ausstrahlte. »Ich bin Erzbischöfin Suleima Laurentia III, die Bewahrerin des Einzigen. Die letzte Priesterin seiner Göttlichkeit auf diesem Planeten – und möglicherweise die letzte im Roten Imperium. Die Geschichte meiner Kirche reicht bis in die Gründerzeit zurück. Sie begann an Bord der FEDUK. deren Besatzungsmitglieder den Planeten Ty eroberten. Pum gab ihnen den Halt, den sie in diesen schweren Tagen benötigten, und sie unterstützte diese Pioniere, als sie sich unter übelsten Bedingungen behaupten mussten. Doch der Einzige Gott leidet unter der Treulosigkeit und Vergesslichkeit seiner Schäfchen. Nun, da es uns Menschen besser zu gehen scheint, vergessen sie ihn und gehorchen anderen, falschen Göttern – oder sie finden ihren Trost im schnöden Materialismus.«
»Ist ja interessant, diese Geschichte. Aber eigentlich nicht das, was ich hören wollte. Mich interessiert nach wie vor, warum du der Meinung bist, dass in Leyden City alles ganz anders ist, als es sich darstellt.«
Die Erzbischöfin Suleima Laurentia III. stand auf und packte ihn am Kragen seines Anzugs; mit einer Kraft, die er der alten Frau nicht zugetraut hätte. »Die Menschen werden betrogen und manipuliert. Wahrheit wird zur Unwahrheit, weil Bavo Velines es will.« Wiesel ließ den Sprühregen ihrer Spucke gezwungenermaßen über sich ergehen. »Er und Seinesgleichen sind skrupellose Verbrecher. Wortverdreher, Illusionisten, Gaukler. Du musst Perry Rhodan sagen, dass er auf keinen Fall auf ihre Doppelzüngigkeit hereinfallen darf.«
Die Erzbischöfin blickte nach oben und verdrehte
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