PR Rotes Imperium 01 - Die fossile Stadt
Ordnung?«, fragte Rhodan seinen Partner besorgt.
»Es geht wieder. Für einen Moment war mir, als hätte mir jemand einen glühenden Draht durchs Gehirn getrieben und gleich wieder herausgezogen.«
»Dein Metabolismus spricht empfindlicher auf diese… Schutzschicht an als meiner.« Rhodan wartete einen Augenblick, bis ihm der Mutant mit einem Nicken zu verstehen gab, dass er wieder vollständig einsatzbereit war. Dann drehte er sich zum Fenster, streckte vorsichtig, die Hände aus und umfasste den Rahmen. Er fühlte sich kühl, staubig und glitschig zugleich an. Die Fingerrezeptoren seines Anzugs lieferten widersprüchliche Informationen.
Der Glasmund befand sich in Brusthöhe. Perry Rhodan stieß sich ab, so kräftig er konnte, bekam die Lippen zu fassen. Sie waren weich und nachgiebig, und sie entwickelten einen seltsamen Sog nach innen. Hin zur anderen Seite, die unmöglich mit der Rückseite des Fensters gleichzusetzen war. Da war etwas anderes. Ein Raum im Raum, eine Ebene außerhalb allen Seins.
Ein fasriger, rauer Gewebeteppich entfaltete sich und glitt unter seinen Körper. Eine Zunge. Sie vibrierte leicht, und sie strahlte Wärme aus.
Perry Rhodan kannte dieses Bild eines weit geöffneten Mundes mit der langen, herausgestreckten Zunge. Da waren Erinnerungen an die Zeiten vor der Mondlandung, doch er konnte sie nicht richtig fassen. Besaß dieser symbolische Einstieg etwa eine tiefere Bedeutung?
Er fühlte Übelkeit und Schwindel, sein Magen revoltierte. Hinter ihm wurden Stimmen laut. Als wollte man ihn warnen, ihn von seiner Wahnsinnstat zurückzuhalten versuchen. Perry Rhodan scherte sich nicht darum.
Das Rote Universum. Ernst Ellert. Hilfe gegen die Terminale Kolonne…
Er schob den Körper zwischen die Lippen. Sie standen kaum noch weit genug auseinander. Ein weiteres Wort dieses… Mundes, und der Durchgang wäre zu schmal gewesen, um ihn zu passieren.
Dunkelheit umfing den Unsterblichen. Dann Röte. Schleim, blutig und stinkend. Unzusammenhängende Sätze erreichten ihn über Normalfunk. Eine Stimme schrie, voll Panik. Etwas lief ganz grässlich schief.
Perry Rhodan kümmerte sich nicht darum. Er ließ sich weitertreiben, hinein in diesen widerlichen Schlund, ließ sich endgültig verschlucken.
Seine Entscheidung war getroffen.
5
Wiesel
Wiesel nutzte den zentralen Versorgungstunnel der G6. Eines der ältesten unterirdischen Nahverbindungssysteme der Stadt verband die nördlichen Randbezirke Münchens mit dem Zentrum; die Kombination aus Gleitfahrzeugen, Laufbändern und Antigravs bedurfte eines relativ hohen Wartungsaufwands, der zumeist von hoch spezialisierten Robotern erledigt wurde. Nur selten traf man in diesem Bereich Menschen an. Wiesels aufgemotzte Wettpositronik besaß selbstverständlich ein Zusatzmodul, das ihn über die täglichen Wartungsgänge der hiesigen Sicherheitsdienste informierte und somit vor unliebsamen Überraschungen bewahrte.
Einer semitransparente Röhrenkonstruktion durch tunnelte den Bereich eines Grundwasserreservoirs. Wiesel hielt kurz inne und beobachtete fasziniert die Arbeit der Mercaniten, die rings um ihn schwebten. Die Makrobakterienstämme waren vor vielen hundert Jahren von einer Blues-Welt importiert worden und hatten sich wunderbar an die hiesigen Gegebenheiten angepasst. Sie zersetzten jedweden Unrat und wandelten ihn in ungiftige Schwebstoffe um. Nach wenigen Wochen kristallisierte die Substanz und sackte zu Boden, um dort wunderschön anzuschauende Figuren auszubilden, die Kristallarmen ähnelten. Selbst schwer verschmutztes und belastetes Wasser erhielt auf diese Weise seine Trinkwasserqualität zurück. Die versteinerten Mercaniten konnten problemlos in Konvertern entsorgt werden.
Wiesel trennte sich nur widerwillig vom Anblick der rot, grün und blau glänzenden Korallenarme. Sie bargen Faszination und Schönheit, die etwas in ihm zum Schwingen brachten, ihn fast zu Tränen rührten.
Er schwebte einen Antigravschacht in die Tiefe hinab, der scheinbar im Nichts endete. Nur bei genauerem Hinsehen entdeckte man den Ausgang knapp über der Sohle des Schachtes. Er war mit Gerümpel und Sperrmüll zugedeckt. Wiesel hatte ihn eines Tages durch Zufall entdeckt und war auf ein Tunnelsystem gestoßen, das möglicherweise aus dem 24. oder 25. Jahrhundert datierte. Auch damals hatte man in München schon mit einem ähnlichen Röhrentransportsystem wie derzeit gearbeitet. Die verwendeten Materialien wirkten porös und warfen teilweise großflächige
Weitere Kostenlose Bücher