PR Rotes Imperium 02 - Requiem für Druufon
hoch, wenn ich schlafe. Schweißgebadet, die Kehle trocken wie die Wüste, jedes Geräusch macht mich verrückt. Mein Nacken ist verspannt, so sehr, dass ich nicht mehr schlafen kann. Ich habe Albträume, kapierst du das? Albträume!«
Seine Stimme, die von Wort zu Wort lauter geworden war, kippte, und ein jämmerliches Schluchzen kam aus seiner Kehle. Dann packte er Perkunos an beiden Armen und schüttelte ihn durch. »Wie kannst du nur so gelassen dastehen und dir ansehen, wie deine Tochter als mordendes Monstrum durch die Gegend zieht?«
»Ich bin alles andere als gelassen, aber ich habe gelernt, mich zu beherrschen. Wenn du mit dem nicht zurechtkommst, was du erlebt hast, kann ich dir Hilfe anbieten. Unser Wonne...«
»Euer Wonnepfropfen oder wie immer ihr den nennt, kann mir gestohlen bleiben!« Wiesel umklammerte noch immer die Arme seines Gegenübers. Am Handrücken traten die Fingerknöchel deutlich hervor.
Perkunos stöhnte leise, zeigte jedoch keine weitere Reaktion und versuchte nicht, den Griff zu sprengen. »Du hast auch eine Tochter, nicht wahr?«
Plötzlich rann eine Träne über Wiesels linke Wange. Er sank in sich zusammen, schien um Zentimeter zu schrumpfen. »Ihr Name war Alina. Sie war ... sie war fünf, als sie starb. Ein Unfall ... es war ein Unfall. Sie trug ... trug einen Helm, einen Sturzhelm, weil sie ... weil sie gerne mit dem Blitz-Raser durch den Garten sauste.«
Er schaute ins Leere. »Den ganzen Rasen hat sie kaputt gemacht, und wir haben geschimpft, wir ... wir haben mit ihr geschimpft. Sie ist mindestens zehn Mal gestürzt, oder zwanzig Mal, aber an diesem Tag - an diesem Tag ging alles gut. Sie hat mich angegrinst, und ihre grünen Augen haben geleuchtet, ehe sie angefangen hat. Und dann, irgendwann, kletterte sie auf das Spielgerüst. Sie wollte auf die Hochschaukel. Einfach nur schaukeln.« Sämtliche Farbe wich aus seinem Gesicht, und er bot einen erschreckenden Anblick. »Und dann stürzte sie. Ich habe es gesehen, führte aber mein Hologespräch weiter, weil ich an einem guten Geschäft dran war. Sie hat nicht geschrien, also sagte ich mir, sie kann sich nicht verletzt haben, und sie war ja nicht aus Zucker, die kleine Alina.«
»Aber?« Es war das erste Mal, dass Wiesel Rhodan einen Einblick in sein Privatleben bot. Was wusste der Terraner bislang schon über den Gauner aus München? Nichts, was dessen säuberlich polierte Fassade auch nur ankratzte, geschweige denn einen Blick in die Tiefen seiner Seele bot.
»Aber sie war nicht bis zum Boden gestürzt, sondern mit dem Helm an einer Sprosse hängen geblieben. Ihr Kopf wurde nach hinten gedrückt. Der Hals überdehnt. Sie hat keine Luft mehr bekommen. Als ich endlich zu ihr ging, weil ein Nachbarkind zu mir rannte und mich am Ärmel zupfte, war sie schon erstickt.« Die letzten Worte sprach Wiesel kaum noch verständlich. In diesen Augenblicken war er nicht mehr als ein Heimatloser auf der Suche nach Frieden. »Meiner Frau habe ich gesagt, wie Alina gestorben ist. Hätte ich doch nur damals schon gewusst, was eine gute Lüge wert sein kann. Danach war ich allein.«
»Auch durch Lügen hättest du keinen Frieden gefunden«, sagte Rhodan erschüttert.
»Frieden? Wer spricht denn davon?«
»Ist es nicht das, was du willst?«
»Das Einzige, nach dem ich suche, ist Vergebung. Aber die wird mir niemand geben können.« Wiesel griff in seine Hosentasche und holte einen kleinen, gebogenen Knochen hervor, den Teil einer Schädelplatte, den er aus einem Gebäude der Knochenstadt gebrochen hatte. »In der Knochenstadt habe ich gesehen, was aus Alina geworden ist. Natürlich wusste ich - wusste ich es schon vorher, aber...«
»Du musst nicht weiterreden«, sagte Rhodan. »Ich verstehe dich gut.«
Stille breitete sich aus, die erst Finan Perkunos nach einer gefühlten Ewigkeit unterbrach. »Auch für dich, Wiesel, wird es gut sein, das Stafu-Mahnmal des Roten Imperiums zu sehen. Es wird dir zeigen, dass dein Vergehen nichts weiter war als ein Fehler, wie er vielen anderen hätte unterlaufen können. Willentlich eine Knochenstadt zu errichten oder ein solches Mahnmal zu erschaffen, ist etwas völlig anderes.«
Wiesel rollte das Schädelbruchstück zwischen den Fingern, wie andere ihre Fingerfertigkeit mit Kugeln trainierten. »Red nur weiter. Deine Worte bedeuten mir nichts. Ich bin zurecht in dieses Universum gezerrt worden. Hier bin ich unter Meinesgleichen. Hier gehöre ich hin. Zum Abschaum der Menschheit.« Sein Grinsen
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