PR Rotes Imperium 02 - Requiem für Druufon
Schornsteine; dazwischen waren Laufstege montiert, die an altertümliche Hängebrücken erinnerten.
Jaakko Patollo nahm Bavos Blick wahr. »Es ist ungemein inspirierend, zwischen den Türmen spazieren zu gehen und die Gewalt des Windes zu spüren. Es zeigt mir, dass ich nur ein Mensch bin, der staunend die Weite betrachtet und den Naturgewalten ausgeliefert ist.«
Bavo stellte sich vor, wie der Wissenschaftler mit seinen ungleichen Beinen über die wackeligen Brücken humpelte. Wahrscheinlich vermochte er sich mithilfe seines Sprungbeins eleganter und sicherer zu bewegen, als es zunächst den Eindruck erweckte. Und notfalls sicherten ihn Prallfelder und Antigravstützen.
Patollo führte sie zu einem Tisch, der vor dem Haus stand. Bavos Blick schweifte aufs freie Meer. Selbst hier oben trieben feine Wassertröpfchen durch die Luft, was jedoch angesichts der brennenden Sonne eher angenehm als störend war. Sie setzten sich. Für Moiwoa stand ein geeignet großer Stuhl bereit.
Ein humanoid gebauter Roboter surrte herbei, öffnete eine Klappe in seiner Brust und holte drei Gläser und zwei Flaschen hervor.
»Für dich habe ich reines Wasser gerichtet, Bavo, mit einem Hauch von Fruchtsüße. Wenn du andere Wünsche hast, lass es mich wissen. Für dich, Moiwoa, steht Mulazi bereit. Es heißt, die meisten Druuf mögen es.«
Die Druuf bedankte sich und schenkte ihr Glas voll. Patollo hatte an alles gedacht, wie es aussah, und erwies sich als der perfekte Gastgeber; von einem Getränk namens Mulazi hatte Bavo noch nie etwas gehört. An interkulturellem Austausch war er nicht interessiert. Ihm ging es ums Geschäft, darum, endlich mit kompetenter Unterstützung an einem geeigneten Ort seine lange brachliegenden Forschungen fortsetzen zu können.
Gerade wollte er das Gespräch endlich auf dieses Thema lenken, als vom Haus her helles Kinderlachen ertönte. Ein etwa achtjähriges Mädchen eilte herbei. Es hatte auch den eigenartig hinkenden Gang zweier unterschiedlich langer Beine. Wie Patollo trug es schwarze Haare, die sich erst bei näherem Hinsehen als winzige Federn erwiesen. Die Lippen glänzten jedoch nicht golden wie bei seinem Vater. Patollo streckte beide Arme aus. Das Mädchen sprang mit einem gewaltigen Satz auf seinen Schoß.
»Siri!« Patollo küsste seine Tochter.
Bavo staunte. Patollos Tochter trug denselben Vornamen wie Siri Fahrom, die lange Jahre Bavos Geliebte und außerdem die Mutter des Propheten Salesch gewesen war. Das war ein bemerkenswerter Zufall, auch unter dem Gesichtspunkt, dass sich Salesch wieder in seine Gedanken gedrängt hatte.
»Hör zu, meine Große«, sagte Jaakko. »Ich muss einige wichtige Dinge mit unseren Gästen besprechen. Später habe ich Zeit für dich.«
Das Mädchen schaute erst Bavo an, dann Moiwoa. Als es die Druuf sah, lächelte es. »Stimmt es, dass wir wegen euch beiden von hier wegziehen werden? Mir gefällt es hier! Ich möchte nicht auf so einen seltsamen Mond ziehen, wo ich keine Freundinnen habe!«
»Aber Siri«, tadelte ihr Vater. »Wenn wir wirklich wegziehen, ist es, weil ich es so möchte und nicht wegen unserer Gäste! Die Druuf sind so freundlich, uns für ein ...« Er sprach in verschwörerischem Tonfall weiter. »... seeehr wichtiges Experiment wahrscheinlich einen ihrer Monde zur Verfügung zu stellen. Dort wird keiner zusehen können, welche Forschungen wir betreiben, und außerdem könnte es gefährlich werden!«
»Gefährlich?«, fragte Siri ängstlich.
»Nicht für dich! Auf dich passe ich gut auf. Außerdem gehen wir ja nicht für immer. In ein paar Monaten kommen wir zurück. Wenn wir überhaupt dorthin gehen können. Das muss ich erst noch mit unseren Gästen besprechen.«
Siri steckte die Kuppe des Daumens in den Mund und kaute darauf. Die Federhaare auf ihrem Kopf waren schwärzer als schwarz. »Na gut.« Sie griff nach der Flasche, die vor Moiwoa stand. »Was ist das?«
»Etwas, das Druuf gerne trinken«, sagte Patollo.
»Nichts für Kinder?«
»Nichts für Kinder. Nun lass uns bitte allein.«
»Wenn du mir versprichst, dass wir auf diesem Mond auch zusammen singen werden, gehe ich!«
»Ich verspreche es dir.«
Siri zog sich zufrieden zurück, und Bavo beschloss, die Gunst des Augenblicks zu nutzen. Von Familienleben und Höflichkeitsfloskeln hatte er genug. Er öffnete seinen Koffer und entnahm ihm einen gläsernen Kubus, in dem es bernsteinfarben schimmerte. Geräuschvoll stellte er ihn auf dem Tisch ab. »Darum geht es. Ich nenne
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