PR Rotes Imperium 03 - Die Zukunftsbastion
schöpfen.
Deborah sah mich überrascht an. »Es gibt kein Terrania, weder in dieser Diözese des Symposions noch in einer anderen. Die Erbauer des Mentalen Symposions haben die Stadt gelöscht. Es gibt nur die Wüste.«
Ich stand auf. »Es hat auch damals nur die Wüste gegeben«, sagte ich und dachte: Nichts als Wüste - und ich habe eines der Nervenzentren der Milchstraße daraus gemacht. »Kommst du mit mir?«, fragte ich. »Führst du mich hin?«
Sie schüttelte den Kopf und stemmte die Arme neben sich auf die Bank. Mit einem Blick auf die Gräber sagte sie: »Du wirst dich zurechtfinden. Ich fühle mich hier zu Hause.«
Was sollte ich ihr sagen? Dass sie sich hier zu Hause fühlte, weil sie tot war?
Sie schaute mich an. »Du glaubst, ich bin traurig, nicht wahr? Eine kleine, tote, traurige Existenz.« Ihr Gesicht war glatt und schön und strahlte vor marmorner Ruhe. »Das bin ich nicht, Perry.« Sie stand auf und beugte sich zu mir. »Ich bin ein ganz zufriedenes Gespenst, und ich empfinde, wie du vielleicht sagen würdest, ein Äquivalent von Glück.« Sie stupste meine Nase an, berührte die Narbe und boxte mich dann spielerisch an die Schulter. »Pass besser auf dich auf als damals, ja?«
Ich legte Zeige- und Mittelfinger der rechten Hand grüßend an die Stirn und sagte: »Zu Befehl, Ma'am. Ich komme schon nicht unter die Räder.«
»Gut«, sagte sie. »Dann gebe ich dir jetzt ein paar Tipps.«
Auf dem Flug von New York nach Los Angeles wich das Gefühl, mich in einer Halluzination zu bewegen. Die Stewardess, das Essen, die Getränke waren so real, dass mir die Rhodan-Welt wie eine falsche Erinnerung vorkam.
Ich musste mich zwingen, von mir nicht als Ry Walker zu denken.
Ich hatte einen Fensterplatz in der Lockheed Constellation, sah die Tragfläche mit den beiden Propellermotoren, die dadurch, dass sie endlos im Kreis liefen, uns voranzogen. Ich sah die Wolken und den Pazifischen Ozean wie eine Lasur glänzend und unverwundbar, ich sah die Weiden der Mandschurei, das Land des Überflusses, und, kurz nachdem unsere Connie die Stadt Jinzhou überflogen hatte, die steinerne Kontur Chinas, die Große Mauer. Ich sah das schöne Land Erde und musste mir wieder ins Gedächtnis zwingen, dass es nicht die Erde war, die ich sah, nicht meine Erde, sondern ein Datenkonstrukt von unbekannter und unbegreiflicher Textur.
Ich war ein Fremder hier. Perry Rhodan Beta, ein Bewusstsein, das auf einem Daten-Sherpa reiste.
»Es gibt keine Monster«? Ma, ich fürchte, du hast ein Monster zum Sohn. Ich grinste und schwenkte der Stewardess mein leeres Sektglas entgegen.
Die Dame, jung und brünett und mit einem Gesicht, das wie aus einem Filmplakat herauskopiert aussah, strich ihr sensationell kurzes Röckchen zurecht. Ihr sensationelles Datenröckchen über ihren sensationellen Datenbeinen. Sie schenkte mir Datensekt ein. »Fliegen Sie zum ersten Mal?«, fragte sie. Es klang wie eine obszöne Liebeserklärung.
»In gewisser Weise«, sagte ich. »Ja, in gewisser Weise ist das mein erster Flug über diese Welt.«
Wie Deborah mir geraten hatte, fuhr ich von Peking aus mit der Eisenbahn zunächst südlich über Yangquan und Xi'an, von dort westwärts über Baoji und Tianshui nach Lanzhou. In Lanzhou stieg ich um, der nächste Zug brachte mich über den Hunang He nach Xining.
Am Bahnhof wartete ich einfach. Mit meiner nordamerikanischen Kleidung sah ich zu exotisch aus, um nicht von den Einheimischen der Art bemerkt zu werden, die sich professionell um Fremde kümmert: Schlepper, Bauernfänger, Studenten.
Binnen weniger Minuten hatten mich vier Personen angesprochen. Die ersten drei hatten sich in behelfsmäßigem Englisch mit mir verständigt, der Letzte sprach es fließend.
Ich fragte ihn, ob er mich zum Kloster Kumbum bringen könnte.
»Die Gelbmützen-Lamaserei?«, fragte er zurück.
Ich nickte. »Kumbum Chamba Ling.« So hatte Deborah das Kloster genannt.
»Kumbum mit dem Wunderbaum: Das ist ein Sandelholzbaum, alle seine Blätter zeigen das Bildnis Buddhas. Was suchen Sie im Kloster?«
»Erleuchtung.«
Er lachte hoch und meckernd. »Ich bin Endrit«, sagte er und streckte die Hand aus. Sein Griff war fest und trocken. Endrits Gesicht wirkte wenig chinesisch mit der flachen, dabei langen Nase und der fast kakaobraunen Haut. Er trug einen grauen Wollpullover mit eingestrickten weißen Elchen.
»Endrit ist kein chinesischer Name«, sagte ich.
»Ich bin Mongole. Sie nicht.«
»Ich bin Amerikaner.«
»Nicht
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