PR TB 008 Am Rand Des Blauen Nebels
Niven dem Abgrund
entgegen.
„Vorsicht!" warnte Gord. „Schon gut", sagte
Niven und ging weiter. Elva drehte sich herum und sah ihm nach.
Plötzlich blieb Niven stehen.
„Kommt einmal her!" rief er laut.
Sie folgten ihm und blieben neben ihm stehen. Die mächtige
Metallhand des Technikers wies nach unten.
„Hier haben wir das Leben dieser Welt", sagte er knapp.
Aber welches Leben!
Ein gigantischer Talkessel unterbrach die lange Bergkette. Er
hatte mindestens fünfzig Kilometer Durchmesser und war bewaldet,
von Flüssen durchzogen und mit Hügeln und kleinen Seen wie
mit seltsamen Edelsteinen geschmückt.
„Was soll das bedeuten?" fragte Elva. „Hier
wächst sogar etwas!"
„Das ist eine Sache für die Chemiker", warf Elva
ein. „Ich bin zwar Biologin, aber das hier verstehe selbst ich
nicht. Pflanzliches Leben, wie es von hier aus scheint, unter drei
Erdschweren und einem Luftdruck von zwanzig atü - wer soll das
verstehen können?"
„Wie lange brauchen wir hier noch?" fragte Niven, „bis
alle Untersuchungen gemacht sind?" „Rund eine Stunde, dann
sind die Speicher voll."
Unablässig arbeiteten die winzigen Maschinen. Sie
untersuchten das Gas und spalteten es in die einzelnen Bestandteile
auf, vermerkten deren Natur, die genaue chemische Zusammensetzung,
die Affinität und den eigentlichen Strukturcharakter. Sie
verglichen unaufhörlich die Windgeschwindigkeiten, maßen
die Temperatur, schätzten und bestimmten das genaue Alter des
Gesteins, drangen in die Tiefe dieser Welt ein und registrierten die
Spannungsverhältnisse der Planetenkruste und verzeichneten
innerhalb dieser neunzig Minuten rund eine halbe Million einzelner
Daten, die gespeichert und in Fachgruppen zusammengefaßt
wurden.
Eine Landschaft, die nichts mehr mit der bekannten Erde gemeinsam
hatte, öffnete sich. Mit jedem Blick konnten die drei Mitglieder
des Vorauskommandos andere, neue Einzelheiten erkennen.
„Hier ist Aner Saltykow im Schiff. Könnt ihr mich
empfangen?"
Die Stimme kam schwach in den Helmlautsprechern durch die
elektromagnetischen Stürme, die in und über der Wolkendecke
tobten. Gord antwortete sofort.
„Wir verstehen dich, aber etwas schwach. Erhöhe die
Sendeenergie oder sprich lauter." Gleichzeitig drehte Gord an
einem kleinen Knopf an einem seiner Handgelenke. Eine feine
Mikrometerschraube wurde um einige Kontakte herumgedreht.
Jetzt wurden Fragen und Antworten deutlicher und lauter.
„Wie sieht es bei euch aus?" fragte Aner.
„Entmutigend. Felsen, kalkige Platten und eine unfaßbare
Einsamkeit. Sturm, Steine, wenig Licht, Sonne fast nicht sichtbar.
Wir stehen auf einer Ebene, die gerade von unseren Geräten
optisch vermessen und kartographisch erfaßt wird. Davor ist ein
Tal, dessen Anfang und Ende nicht mehr sichtbar sind, rechts und
links erstrecken sich Berge. Direkt unter dem Landeplatz - einem
schrägen Plateau - befindet sich ein Talkessel, der bewaldet und
bewachsen scheint, jedenfalls sehen wir etwas ähnliches wie
Bäume, Flüsse und kleine Seen."
Die Geräte arbeiteten noch dreißig Minuten lang, dann
schalteten sie sich automatisch ab. Die Informationen ruhten in den
Mikro-Speicherzellen und würden oben im Schiff koordiniert
werden. „Also kein Leben in unserem Sinne möglich?"
fragte Aner.
„Ich fürchte - nein", sagte Elva. „Wir
werden jetzt in diesen Talkessel fliegen und von dort Bodenproben,
einen Querschnitt durch die Flora und eine Flasche von der
Flüssigkeit mitbringen, die man von hier als Wasser bezeichnet."
„Gut, Elva", antwortete Aner. „Wir warten
gespannt auf eure Rückkehr, viel Glück weiterhin."
„Wenn du wüßtest, wie sehr uns das Schiff als Symbol
der Geborgenheit erscheint, gegenüber dieser planetenweiten
Einöde!"
„Ich glaube es aufs Wort", schloß Aner.
Die Geräte wurden mühsam und unter großen
Anstrengungen in den speziell entwickelten Fächern
untergebracht. Noch einen Augenblick lang blieben die drei Menschen
stehen und ließen die Augen über die Landschaft wandern.
Hier traf sie der erste Stoß.
Gord wirbelte mit einer erstaunlichen Geschwindigkeit herum und
stemmte sich mit einem Fuß gegen den Hand einer Spalte. Dann
breitete er die Arme aus und fing Elva auf. Das Mädchen
stolperte, von dem rasenden Ansturm des Orkans getroffen, genau auf
den Rand der Hochfläche zu. Gord spürte den Anprall kaum;
die Anzüge absorbierten die dreifache Erdschwere bis auf den
normalen Wert. Das Plastikseil straffte sich bedrohlich, riß
aber nicht. Es
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