PR TB 015 Ich, Rhodans Mörder
Meine Finger
umklammerten Souteys Heft. Meine ganze Hoffnung
konzentrierte sich auf den Inhalt des kleinen Bandes, eine
Hoffnung, die sich bei ruhiger Überlegung schon in diesem
Augenblick als absurd erwiesen hätte.
Doch mein Geist befand sich in Aufruhr. Ich glich einem gefangenen
Tier, das von einer Ecke seines Käfigs in die andere taumelt,
sich dabei den Kopf anstößt und doch in seinem Bemühen
nicht nachläßt.
Ansom mußte etwas von meiner Verfassung spüren, als ich
wieder in seine Kabine kam. Er fragte mich nicht, was ich in der
Zentrale der TEEKANNE erlebt hatte. Schweigend schob er einen Stuhl
zurück, damit ich mich setzen konnte.
Die nächsten Minuten verstrichen damit, daß ich das
Morsealphabet studierte.
Dann griff ich nach Ansoms Schreibstift.
„Hören Sie zu, Mr. Ansom”, forderte ich.
Ich klopfte viermal kurz hintereinander auf den Tisch. Pause. Dann
ein einzelner Ton. Pause. Dann: Kurz, lang, kurz, kurz. Pause. Kurz.
Pause. Lang, kurz.
„Helfen”, sagte Ansom ruhig. „Sie brauchen
Hilfe, Mr. Beynon? Machen Sie weiter.” Ich hob den
Schreibstift, aber er berührte die Tischplatte nicht mehr. Ein
stechender Schmerz raste meine Wirbelsäule bis ins Gehirn
hinauf. Ich schrie auf und sprang vom Stuhl. Ansom wurde blaß
und kam mit ausgestreckten Händen auf mich zu.
Zeige ihm die Operationsnarbe, dröhnte ein noch
funktionierender Teil meines Verstands.
Ich wollte das Hemd aus der Hose zerren, doch der Schmerz wurde
übermächtig und raubte mir fast den Atem. Ich wimmerte und
stürzte aus der Kabine. Ansom folgte mir. Ich sank gegen die
Wand und blieb schweratmend stehen.
„Ich hole Dellman”, sagte Ansom und schluckte
mehrmals.
Schnell packte ich ihn am Arm. Es würde meinen Tod bedeuten,
wenn ich untersucht wurde und man die Operationsstelle fand.
„Bleiben Sie, Mr. Ansom”, stieß ich hervor. „Es
ist vorüber.” „Sie sind krank”, sagte der
Kolonist mitleidig.
„Es war ein Experiment”, sagte ich hastig. „Es
hängt mit meinem Aufenthalt in den Dolp-Werken zusammen. Ich
arbeitete dort an der Entwicklung geheimer Stoffe mit. Damit ich sie
nicht verraten kann, hat man mir einen Hypnoblock mit in die Freiheit
gegeben.” Ich versuchte ihn anzulächeln. „Ich wollte
feststellen, ob er noch funktioniert.” „Das ist eine
barbarische Methode”, ereiferte sich Ansom. „Die
Öffentlichkeit müßte davon unterrichtet werden.”
„Um Himmels willen”, stöhnte ich. „Wollen Sie,
daß mein sowieso schon berüchtigter Name noch mehr bekannt
wird?” Ansom senkte den Kopf. „Natürlich nicht.”
„Ich gehe jetzt in meine Kabine und werde ein wenig schlafen”,
sagte ich zu ihm. „Ich danke Ihnen für Ihre Hilfe.”
„Sie können jederzeit zu mir kommen, wenn etwas nicht in
Ordnung ist”, bot mir der Kolonist an.
Ich war froh, als ich meine Kabine erreichte. Der Anfall hatte
mich völlig erschöpft. Mein Nacken schmerzte. Von meinem
Magen dehnte sich ein Übelkeitsgefühl aus. Die Luft
erschien mir stickig und unerträglich warm.
Müde sank ich aufs Bett. Bei dem Gedanken an Jill Governor
lachte ich bitter auf. Diese Teufelin. Sie hatte mich in die Falle
gelockt. Sie war daran schuld, daß ich den Tod in meinem Körper
trug.
Minutenlang lag ich bewegungslos da. Endlich fühlte ich mich
etwas besser. Ich trank einen Becher Wasser und kühlte meine
Schläfen. In meiner Verzweiflung hatte ich bisher nur Fehler
begangen. Wenn ich einen Ausweg aus meiner Lage finden wollte, mußte
ich mich zu ruhiger Überlegung zwingen.
An Bord der TEEKANNE konnte ich nichts mehr unternehmen. Ich mußte
warten, bis ich auf Gelton war. Dort mußte ich systematisch mit
der Suche nach jenem Agenten beginnen, von dem Jill behauptet hatte,
daß er den verhängnisvollen Impuls ausstrahlen würde.
Die Frage war nur, zu welchem Zeitpunkt der Impuls zu erwarten
war.
Würde er mich erreichen, sobald ich den Landesteg der
TEEKANNE hinabging, um meine neue Heimat zu betreten, oder würde
er sich um Stunden oder Tage verzögern?
Ich trug den tausendfachen Tod in mir. Ich war zu einem wehrlosen
Instrument einer Gruppe gewissenloser Verbrecher geworden. Wer waren
die Hintermänner Itchs und Lan-Malcs? Was beabsichtigten sie?
Die Antwort darauf konnte ich nur auf Gelton finden.
Wenn man mir genügend Zeit dazu ließ …
l. Februar GeltonCity!
Eine Stadt, entstanden aus dem unbeugsamen Willen terranischer
Pioniere, eine fremde Welt zu besiegen. Ausdruck des nie ermüdenden
menschlichen
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