PR TB 016 Phantom Station
dagegen, die er zu kurz geworfen hatte,
waren nirgends aufgeschlagen.
Es blieb Bull nichts weiter übrig, als die Bretter zu lösen.
Er legte sich auf den Bauch und versuchte, in der diesseitigen Wand
eine Absteigmöglichkeit zu ertasten. Vergeblich. Die Wand war
glatt, wie abgeschnitten. So ging es also nicht.
Bull kroch am Rande des Abgrundes hin und her. Überall war es
das gleiche. Kein Abstieg, nur glatte, senkrecht abstürzende
Wand.
Bull hockte sich neben seine Bretter und fluchte wie selten in
seinem Leben. Was sollte die ganze blödsinnige Aufgabe für
einen Zweck verfolgen, wenn sie ihm keine Lösungsmöglichkeit
bot?
Als er am Ende seines fragwürdigen Vokabulars angekommen war,
faßte Bull einen verzweifelten Entschluß. Allerdings war
dem ein logischer Denkprozeß
vorausgegangen. Freddy war nicht wieder aufgetaucht. Bull hatte
ihn jedoch auch nicht am diesseitigen Rand des Loches gefunden. Wo
sollte er anders sein als drüben, auf der anderen Seite! Da
jedoch auch ein Eiswolf nicht dreißig Schritte weit springen
kann, andererseits aber ein weitaus schlechterer Kletterer ist als
ein Longwaiter des Berg-Klans, blieb nur eine Möglichkeit übrig.
Freddy mußte entweder geflogen sein oder aber das Loch war kein
gewöhnliches Loch.
Bull entschied sich für die letztere Antwort.
Mit grimmigem Gesicht zog er sich, auf den Brettern stehend, etwa
fünfzehn Schritte vom Rand des Loches zurück, holte aus und
stieß sich mit aller Kraft ab.
Er fühlte die Eiskörner unter den Brettern davonrollen.
Noch einmal rammte er die Stöcke in den Boden, dann...
Ja, dann hätte eigentlich der Boden aufhören müssen.
Das tat er aber nicht. Obwohl Bull bei den nächsten beiden
Abstoßversuchen mit den Stöcken keinen Widerstand fand,
glitten die Bretter weiter, noch mehr, sie verursachten dabei das
gleiche knirschende und rollende Geräusch, als führe er
über Eiskörner.
Und dann war Freddy wieder da.
Freudig sprang er an seinem Herrn hoch. Aber Bull war denkbar
schlechter Laune. Er schlug mit dem Stock nach ihm und glitt
schweigsam fort.
Mitten in die dritte Aufgabe hinein.
Zuerst hörte Bull nur das gewohnte Knirschen und Knallen.
Er war inzwischen so daran gewöhnt, daß es ihn schon
kalt ließ.
Doch diesmal war es anders als sonst. Der Lärm
nahm überhaupt kein Ende. Sogar Freddy schien sich zu
fürchten. Er knurrte einmal dumpf und grollend, dann preschte er
davon. Bull hörte in dem Lärm nur noch einmal ein kurzes
Geheul, und dann nichts mehr.
Dafür wurden plötzlich Eisbrocken auf ihn
herabgeschleudert. Sämtliche Stalaktiten schienen von der
Eisdecke zu fallen. Nachdem einer von ihnen Bull hart am Hinterkopf
getroffen hatte, verkroch er sich benommen in eine Ecke und barg den
Kopf zwischen den Armen.
Erst als es unheimlich still wurde, sah er wieder auf. Es war
nicht mehr ganz dunkel. Durch unzählige Risse fiel Tageslicht
herein, und die Luft flimmerte von Eisstaub. Schon wollte Bull sich
aufrichten, als weiter vorn erneut furchtbares Getöse einsetzte.
Dann wurde es - jedenfalls für Bulls an Dunkelheit gewöhnte
Augen - blendend hell.
Und im nächsten Augenblick fing der Boden an zu hüpfen.
Ein Windstoß schleuderte Bull mit dem Rük-ken gegen eine
dichte Gruppe von Stalagmiten. Keuchend schnappte er nach Luft,
während der Eisstaub immer dichter wurde.
Als Bull sich endlich erheben konnte, versuchte er seinen
schmerzenden Rücken abzutasten. Er erstarrte vor Schreck, als er
klebrige Flüssigkeit an seinen Händen fühlte. Hatte er
sich so schwer verletzt, daß er blutete?
Stöhnend zog er seinen Anorak aus. Im Ungewissen Licht
entdeckte er die aus dem zerissenen Futter quellende, trübe
Flüssigkeit. Er fuhr mit der Hand hinter das Futter und zog eine
zerdrückte Höhlen-Assel hervor. Also hatte er nur die Assel
erwischt! Das war zwar
unangenehm, denn vorerst war er auf sie als einzige Nahrung
angewiesen, aber immerhin besser, als wenn es ihm das Rückgrat
zerschmettert hätte.
Kurzentschlossen verzehrte Bull soviel Höhlen-As-seln wie
möglich - und das war fast die Hälfte seines Vorrates. Den
Rest verstaute er in den heilgebliebenen Taschen. Einige Tage würden
sie noch genießbar sein. Danach wurden sie bitter, doch bis
dahin hoffte Bull den Strand und damit die Unterkünfte des
FischerKlans erreicht zu haben.
Bull konnte sich gut vorstellen, was vor einigen Minuten geschehen
war. Die Decke mußte auf einer beachtlichen Strecke eingestürzt
sein. Doch das war halb so schlimm,
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