PR TB 020 Das Gesetz Der Gläsernen Vögel
in dem der Oberste der Landleute wohnte.
Das Zeichen am Giebel war nicht unbekannt, es zeigte die Silhouette
der Vögel, den Blitz und das Zeichen für Gesetz: Terß.
Der Klanobere trat auf die kleine Terrasse.
»Willkommen, Thoogr. Wie … die Vögel ließen
dich reiten?«
»Sie hatten nichts dagegen. Diese Fremden hier, Keenra und
Yser, stehen unter dem Schutz der Gesetze. Sie bereisen Glynth und
wollen hinter die Geheimnisse der Vögel kommen.«
Der Landmann lachte dröhnend. Als er sich beruhigt hatte,
sagte er laut, während er Keenra mühelos vom Cavan hob und
am Boden absetzte:
»Ihr habt mehr gesät, als ihr werdet ernten können,
ihr Fremdlinge. Es ist noch niemals gelungen.« Yser antwortete:
»Wir werden es schaffen. Uns hat eine fremde Kraft hierher
verschlagen, damit wir
diese Geheimnisse klären.«
Yser und Keenra saßen auf der Einfriedung eines Pferchs, in
dem die Cavans standen und am Fleisch fraßen, das ihnen die
Bauern hingeworfen hatten.
»Eine mehr als merkwürdige Situation«, begann
Keenra. »Wir haben hier ein Volk von zwei Millionen, das
systematisch erzogen wird. Erzogen in eine Richtung, die es zwar
selbständig, aber zu hart macht. Immer mehr Steine für
unser Mosaik.«
»Alles ist auf optimale Wirkung ausgerichtet«,
entgegnete Yser versonnen. »Sie leben, um den Fortbestand eines
harten Volkes zu sichern. Der Gestalt, der Sprache und den Augen nach
zu urteilen, sind die Bewohner von Glynth Ar-konidenabkömmlinge.
Tharc Aulaire, der Pirat, war ebenfalls Arkonide. Zusammenhänge?«
Keenra nickte. »Nehmen wir an, Aulaire züchtet mit
Hilfe
der Vögel ein Volk. Das würde in das Bild passen, das
wir bisher sahen. Wozu tut er das?«
Vorsichtig löste Yser ein Stück Rinde von einem der
Hölzer.
»Das können wir erst herausfinden, wenn wir den Sumpf
durchquert und den Horst der Vögel, die Kommandozentrale, die
angeblich dort liegen soll, entdeckt haben. Und das wird uns nicht
gelingen -so, wie wir ausgerüstet sind.«
»Noch etwas«, fügte Keenra hinzu. »Die
Zivilisation ist gerade so hoch, wie sie sinnreich ist. Es gibt hier
nicht ein Stück, das überflüssig ist, keinen Luxus.
Keine Fernsehverbindungen, nichts, was mit Positronik oder Elektronik
zu tun hat. Warum, glaubst du, haben die Vögel die Funkgeräte
unserer Ausrüstung zerstört - allerdings, jetzt fällt
es mir ein… Aiiaire hat sie damals nicht erwähnt gehabt, es
war eine Idee von mir.«
Resignierend hob Yser die Schultern und ließ sie wieder
sinken. »Ich weiß es nicht«, sagte er. »Ich
habe keine Erklärung dafür.«
Nachdenklich murmelte Keenra:
»Sie lieben, um Kinder zu bekommen, sie zeigen nur dann
Gefühle, wenn niemand zusieht, sie sind erbarmungslos, wenn das
Gesetz variiert werden soll, Mitleid wird bestraft, alles regeln die
Vögel durch Schmerz oder Tod - was ist das für eine Welt?«
Sie schwiegen.
»Wenn wir am Rand des Sumpfes sind«, sagte Yser leise,
nachdem er sich vergewissert hatte, daß der Vogel hoch über
der Siedlung kreiste, zusammen mit zwei anderen gläsernen
Wächtern, »müssen wir etwas erfinden, das uns vor den
Schlägen schützt. Eine Rüstung aus Metall, genügend
isoliert oder etwas Ähnliches. Aber dieses Problem stellt sich
uns später.«
Keenra drehte sich um und sah auf das Bild, das sich ihnen bot.
Die Maschinen kamen von der Ernte zurück und trugen in großen
Silowagen das Korn in die Speicher, in die es mit Turbinen gesaugt
wurde. Ein milchiger Dunst, der in den Nüstern stach, lag über
der Siedlung. Ein versteckt angebrachter Scheinwerfer beleuchtete das
Gesicht des wartenden Gottes, das mit stoischer Ruhe zuschaute.
»Den Ansatz einer möglichen Lösung jedenfalls
haben wir hergestellt, probieren wir ihn aus, wenn wir die
Beobachtungen addieren. Aulaire, längst tot, züchtet ein
Volk, dessen Lernprozesse nach den Effekten von Versuch und Irrtum
ablaufen. Er hat es geschafft: Zwei Million tüchtige, harte
Arkoniden warten darauf, ihrer eigentlichen Aufgabe zugeführt zu
werden. Was aber haben wir in diesem Bild zu suchen?«
Keenra schwieg und blickte Yser an, als erwarte sie die Auflösung
der Rätsel von ihm. Noch vor einem halben Hundert Tagen war Yser
in ihren Augen nichts anderes gewesen als ein überzüchteter
Arkoni de -jetzt hatte sich das Verhältnis gewandelt. Sie fühlte
sich nicht mehr schutzlos in seiner Gegenwart und bemerkte mit
Staunen und Befriedigung, wie er immer mehr die Leitung übernahm.
Sie ließ es geschehen -es war in ihrem
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