PR TB 026 Die Fischer Des Universums
darstellte.
Aissa fragte sich, wie eine solche Kultur überhaupt nennenswerte
wissenschaftliche Leistungen erzielen konnte. Die extreme
Dezentralisierung mochte das Zeichen moralischer Reife sein - der
Förderung wissenschaftlicher Leistungen war sie nur abträglich.
Vielleicht stammten alle großen Errungenschaften aus einer
Zeit, da die Thutas noch ein dynamisches Gesellschaftssystem besaßen?
Er schob alle diese Fragen beiseite. Man würde sie lösen
können, sobald die von der Stadt drohende Gefahr beseitigt war.
Zwar hatte die Stadt sich seit der ersten Begegnung friedlich
verhalten, aber keiner mochte diesem Frieden trauen. Wenn
intelligente Wesen auf so engem Raum existierten, gab es nur
zweierlei Möglichkeiten: entweder verständigten sie sich -
oder es gab Krieg.
»Wollen Sie bitte Platz nehmen, Sir«, sagte die sanfte
Stimme Wurghs.
Aissa nickte stumm und ließ sich vorsichtig in dem Sessel
der Lenkapparatur nieder. Sie hatten eine größere
Sitzschale aufmontiert, aber das Gestell sah so zerbrechlich aus wie
zuvor.
Es war ein eigentümliches Gefühl, ruhig dazusitzen und
darauf zu warten, daß man sich in einem anderen Körper
wiederfand. Aissa spürte sein Herz laut gegen die Rippen
hämmern. Seine Handflächen bedeckten sich mit kaltem
Schweiß.
»Es ist alles in Ordnung«, sagte Wurgh. »Sind
Sie bereit, Sir?« Kapitän Bhugol räusperte sich, um
seine Beklemmung loszuwerden.
»Es kann losgehen!« sagte er betont forsch.
Gleichzeitig jedoch fühlte er, wie sich die Angst in ihm
ausbreitete, instinktive, kreatürliche Angst.
Im nächsten Augenblick verschwand das Lenkpult vor seinen
Augen.
Es war kalt.
Als Aissas Augen sich an das ungewisse Dämmerlicht gewöhnt
hatten, entdeckte er summende Apparaturen. Aus siebartigen
Wandöffnungen strömte eisiger Hauch. In schmalen,
durchsichtigen Behältern gluckste eine grünliche
Flüssigkeit.
Er wollte fluchen, aber er zitterte so, daß nur ein heftiges
Zähneklappern über seine schmalen Lippen kam. Er
verwünschte den Gnom. Es gab natürlich nichts daran
auszusetzen, daß er den Androind in einem Kühlraum hatte
entstehen lassen. Aber es war schon ein makabrer Scherz, ihn nicht
vorher zu informieren.
Vage nur spürte er den Kontakt zu seinem eigenen Körper.
Er hatte das Gefühl, als wäre nicht der Androind, sondern
sein wirklicher Körper ein synthetisches Erzeugnis. Schon
fürchtete er, die Rückkopplung hätte versagt.
Doch da verschwamm die Umgebung vor seinen Augen. Gleich darauf
stand er in einem schmalen Gang. Aufatmend ließ er sich von
warmer Luft umspülen.
Doch obwohl er sich beständig einredete, es sei alles in
Ordnung, ertappte er sich bei Fluchtgedanken. Oder waren das gar
nicht seine Gedanken, sondern die Gedanken des Androinds ... ?
Er sah an sich herab. Mit gemischten Gefühlen musterte er
»seine« zarten, schwächlichen Glieder. Erwürde
Schwierigkeiten haben, sich daraufumzustellen.
Ein fernes, an- und abschwellendes Dröhnen weckte seine
Neugier. Er wandte sich um und begann, auf die Quelle des Geräusches
zuzugehen. Mehrmals stolperte er dabei. Er atmete heftig und
versuchte, das Stechen in der Brust zu ignorieren. Seine ganze
Willensenergie war nötig, um dem schwachen Synthokörper
Wurghs ein erträgliches Tempo aufzuzwingen.
Als er etwa einen Kilometer gegangen war, mußte er sich
ausruhen. Er konnte inzwischen erkennen, daß das Dröhnen
von einer vielbefahrenen Straße kam. In ungefähr zwanzig
Metern Entfernung mündete der schmale Gang ins Freie.
Aissa wunderte sich darüber, daß ihm bisher niemand
begegnet war. Das war ihm jedoch nur recht. Er wollte zuerst soviel
wie irgend möglich über die Stadt und ihre Bewohner wissen,
bevor er einen Kontaktversuch unternahm.
Nach zehn Minuten schmerzten seine Muskeln immer noch. Dennoch
zwang er seinen Körper dazu, weiterzugehen. Das Dröhnen
wurde lauter, je näher er der Gangmündung kam. Als er sie
erreicht hatte, schob er vorsichtig den Oberkörper um die
Biegung.
Sofort zuckte er wieder zurück. Dicht an ihm schritten vier
hochgewachsene, grellbunt gekleidete Gestalten vorüber.
Aissa hielt den Atem an.
Ob sie ihn gesehen hatten ...
Er wußte genau, daß zwei der Fremden in seine Richtung
blickten, während er hinaussah Dennoch kümmerten sie sich
nicht um ihn. Nachdem der erste Schreck vorüber war, schob sich
Aissa erneut um die Biegung.
Die Mündung des Ganges führte nicht direkt auf die
Straße, sondern auf einen durch hohe Gebäude von drei
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