PR TB 039 Bomben Auf Karson
Wenn ihm noch ein bißchen Glück
beschieden war, dann mußte er sein Ziel erreichen können.
In aller Eile begann er, die Signalraketen auseinanderzunehmen und
ihren Inhalt in einem der Reparaturkassette entnommenen Kästchen
zu sammeln.
Zum erstenmal, seit seine Leute ihn kannten, war Rich Leven alles
andere als der kühl kalkulierende, überlegene Mann, der
jede, selbst die verfahrenste Situation sofort unter Kontrolle
brachte.
Es war ihm völlig rätselhaft, wie sein Gefangener hatte
entkommen können. Er hielt die Türen mit ihren altmodischen
elektronischen Schlössern für völlig sicher; aber
Stoke Derringer hatte, bevor er sich aus dem Staub machte, nicht nur
seine Zellentür und den Hauptausgang, sondern offenbar auch noch
ein paar andere Türen geöffnet, wie der sorgsam aufgebaute
Inhalt der Kugeln bewies.
Was die eigentliche Flucht anging, so hatte er ganz einfach
unverschämtes Glück gehabt. Der Mann bei den Gleitern hatte
nicht richtig aufgepaßt, und Derringer war in den Besitz eines
Fahrzeugs gelangt. Es wurmte Leven, daß er sich ausgerechnet
seinen Continental ausgesucht hatte.
Leven hielt nichts davon, Derringer zu verfolgen. Erstens war er
mit dem Continental jedem Verfolger überlegen, und zweitens
konnte er ohnehin keinen Schaden anrichten. Er würde Stav die
Lage des geheimen Labors verraten, und Stav würde in aller Eile
eine Streitmacht ausrüsten, um den vermeintlichen Schlupfwinkel
mitsamt seiner Besatzung zu vernichten. Bis dahin jedoch wollte Rich
Leven schon längst woanders sein.
Er ließ einen seiner Leute einen Baum erklettern und
Derringers Abflug beobachten. Wie er erwartet hatte, hielt Derringer
sich in , nordöstlicher Richtung — er hatte sie
schließlich kommen sehen — und hatte es ungeheuer eilig.
Leven rechnete, daß er Karson-Main in siebzig bis achtzig
Minuten erreichte. Um Stav zu finden und ihn in Kenntnis zu setzen,
brauchte er mindestens eine weitere halbe Stunde. Stav seinerseits
brauchte Zeit, um seine Polizeitruppe zu alarmieren, zu bewaffnen und
in Marschbereitschaft zu versetzen. Knapp gerechnet, anderthalb
Stunden. Der Flug zum Labor dauerte noch einmal so lange. Leven
rechnete sich aus, daß kein Grund bestand, seinen
ursprünglichen Plan zu ändern. Sie würden das Labor
nach Anbruch der Dunkelheit verlassen.
Er ließ den Mann, der auf den Baum gestiegen war, als Wache
am oberen Ende des Treppenschachts. Er selber kehrte in die
Laborhalle zurück, wo zwei seiner Leute damit beschäftigt
waren, den Verwundeten zu verarzten. Alo Perritt stand vor dem Tisch,
auf dem Derringer die Einzelteile des Kugelinhalts aufgebaut hatte
und bestaunte die fremdartigen Erzeugnisse einer unbekannten Technik.
Er hörte Leven neben sich treten und sah auf.
»Das also«, sagte er beinahe ehrfürchtig, »ist
ihr Geheimnis?«
»Das«, antwortete Leven, »ist mein Geheimnis.«
»Wie sind Sie dazu gekommen?
Er sah Leven an und bemerkte, daß er eine Sekunde lang
zögerte. Dann trat ein amüsanter Ausdruck in sein Gesicht,
und er sagte:
»Ich denke, es kann nicht viel schaden, wenn Sie alles
erfahren. Ich fand die beiden Kugeln durch Zufall. Das war an dem
Tag, bevor Pavl Arransch das erste Halbkugelfeld entstehen sah. Die
Kugeln lagen auf einem flachen Stück Land in der Nähe
der Küste, und man konnte sie weithin sehen. Ich nahm sie auf
und brachte sie nach Hause. Damals wußte ich noch nicht, was
ich damit anfangen könnte, aber das geringe Gewicht faszinierte
mich. Ich stellte fest, daß das Gebilde sich leicht
auseinandernehmen ließ. Ich studierte den Inhalt, und da ich
einige Fachkenntnisse besitze, kam ich ziemlich bald dahinter, was es
mit den Kugeln auf sich hatte. Ich konnte mir ziemlich leicht
zusammenreimen, daß die Halbkugelfelder mit den Kugeln zu tun
hatten — das heißt: von den Kugeln erzeugt wurden.«
»Phantastisch«, murmelte Alo. »Und wozu das
alles?«
Leven zuckte theatralisch mit den breiten Schultern.
»Das weiß ich nicht«, gab er zu. »Aber es
spielt auch keine Rolle. Hauptsache ist, daß die Felder eines
Tages wieder verschwinden werden. Wenn es uns gelingt, das
darunterliegende Land rechtzeitig aufzukaufen, sind wir reiche Leute,
sobald der Spuk vorüber ist.«
»Ja, das sagten Sie schon«, meinte Alo nervös. Er
trat einen Schritt zur Seite und sah unsicher zu Boden, als hätte
er nicht den Mut, Leven ins Gesicht zu sagen, was er auf dem Herzen
hatte. »Ich bemerkte vorhin schon, daß ich mir dies und
jenes zuschuldenkommen lasse,
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