PR TB 042 Das Erbe Der Jahrtausende
so kalt ist wie am Tage heiß,
werden wir zähneklappernd schlafen und die armen Wüstenbewohner
erschrecken.« Sie nahm einen Wassersack herunter, goß die
Hälfte des Inhalts in einen zusammenschiebbaren Kunststoffeimer
und tränkte die Tiere. Dann streute sie das Gras aus, das sie
vom Flußufer mitgenommen hatten.
Die Gegend hatte sich alle hundert Meter geändert.
Zuerst war sie flach und von hartgebackenem Sand bedeckt, aus dem
wenige Pflanzenbüschel ragten. Dann war der Sand in lange,
geriffelte Hügel übergegangen, deren Kämme immer höher
wurden. Schließlich gab es nichts anderes mehr als lange Dünen
mit feingemusterter Oberfläche. Singend strichen jedesmal, wenn
sich ein Windstoß erhob, Sandkörner über die Flanken
dieser gelben Hügel. Unter den Hufen der Tiere stob Sand hoch;
tiefe Eindrücke blieben noch stundenlang bestehen, bis der Wind
sie auslöschte.
Vier Tage.
Viermal mehr als dreizehneinhalb Stunden.
Viermal Hitze, Sand, Trockenheit, brennende Kehlen, tränende
Augen, durstende Tiere. Am dritten Tag entdeckten sie, halbverweht,
zwei Gerippe. Sherpa ritt hinüber. Sie waren an einem
offensichtlich kreisrunden Fleck angelangt, dessen Oberfläche
aussah wie geaperter Schnee - weiß, kristallin und mit feinen
schwarzen Linien. Ein trockener Fleck zutage getretenen Salzes, von
dem jahrhundertelang wehenden Wind und dem schmirgelnden Sand
glattpoliert wie eine Schiffswand.
Die weißen Rippenbögen, die Gelenke und der lange
Schädel zeigten, daß es sich um die Überreste eines
darcan handelte. Daneben lag, von einigen faserigen Stoffresten
umflattert, ein zweites Gerippe. Ein Jäger. Ein Schwert steckte
im Boden, daneben lagen die Reste eines hölzernen Sattels. Alles
war uralt.
»Keine Spur, die Falkayn hinterlassen hat«, sagte
Sherpa und ritt wieder weiter.
Vier Tage..
Am letzten Tag taumelten sie mehr, als sie ritten. Sherpa und
Aaken waren abgesessen und zogen die Tiere am Zügel hinter sich
her. In den Stiefeln wurde der Sand feucht und begann zu drücken.
Wieder ging die Arckaringa Desert in flache Hügel über,
schließlich tauchten die ersten Büsche auf - dahinter kam
der niedrige Wald. Wie eine grüne Mauer schob er sich an die
Wüste heran und würde sie in einigen Jahrtausenden
überwuchert haben.
Hintereinander taumelten sie in den Schatten hinein.
Und jetzt bewies sich die Ausbildung, die sie unter Sherpa
genossen hatten. Sie setzten sich hin, schütteten den Sand aus
den Stiefeln und versorgten dann zuerst die Tiere. Binnen einiger
Minuten entdeckten sie eine Quelle, dreihundert Meter tief im Wald,
dort, wo sich ein kleines Tal zu senken begann. Die Quelle war neben
einigen schweren Steinen, schlängelte sich weiter und setzte
einen keilförmigen Streifen Boden unter Wasser. In diesen
kleinen Sumpf trieben sie die Tiere, die sich augenblicklich darin zu
wälzen begannen. Fliegen summten. Sherpa riß sich die
Schuhe herunter, das Hemd und den Hut, legte sich ins Wasser und
streckte sich aus. Sie hatten vier Tage gewonnen, weil sie den Weg
abgeschnitten hatten.
»Jetzt kann uns nichts mehr passieren«, sagte Sherpa.
»Denkt an eure Kameraden, die dies alles noch vor sich haben.«
»Ja. Jetzt müßten sich schon Spuren Falkayns
feststellen lassen, Sherpa«, sagte Sander. »Unsere
Vorräte reichen übrigens noch. Morgen müssen wir aber
etwas schießen.«
Sherpa nickte. »Das ist gut, aber., was ist das?«
Er entfernte einige bartähnliche Flechten und schlug einen
Zweig von einem der Steine weg. Irgendein Felsblock, dachten sie
zuerst, grob eiförmig, mit übertriebener Rundung und
Spitze, die nach unten wies. Dann erkannten sie die Züge, die
mit einer Patina von Moos, Schlamm und Vogelkot überzogen waren:
Ein haarloser kühner Kopf, der Kopf eines alten Lemurers.
Fanatische, brennende Augen, die seltsamerweise nicht bewachsen
waren. Sie starrten durch die halbe Dunkelheit des Waldes in eine
unbestimmte Ferne. Die Wurzeln hatten den Stein gespalten, Sonne und
Regen ihn verwittern lassen, aber der Eindruck war geblieben und
haftete an ihm.
»MANETHO«, flüsterte Edgar.
»Ein unfaßbar alter Zeuge dafür..«, sagte
Sherpa und stand auf. Er zündete sich eine Zigarre an und
versuchte, diese Plastik zu entschlüsseln. Aber sie hielt allen
seinen Versuchen stand und blieb, was sie war: unermeßlich alt
und traurig.
»Nutzlos«, murmelte Sherpa. »Wir werden später
alles herausbekommen. Und selbst wenn nicht., wo steht geschrieben,
daß stets jedes Geheimnis
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