PR TB 046 Planet Unter Quarantäne
benehmt euch ja wie ein Mob. Ihr habt überhaupt
keinen Grund zur Aufregung.«
»Nein?« rief eine Frau aus den Reihen der Aufklärer.
»Immerhin ist dieser Prediger in unser Versteck spaziert, als
sei
es die einfachste Sache von der Welt.«
»Ja«, pflichtete ein Grauhaariger ihr bei. »Soll
uns das etwa kalt lassen?«
»Nein«, erwiderte der Mann mit dem roten Rock, »aber
das ist kein Grund, diese Räume in ein Tollhaus zu verwandeln.«
Er wandte sich an einen Mann, der in voller Kampfausrüstung vor
ihm stand. »Gaischer, solltest du nicht Wache stehen?«
Der Wachtposten zuckte zusammen, als er sich so plötzlich
angesprochen sah. Er benetzte sich die Lippe und wollte allem
Anschein nach etwas entgegnen. Aber als die dunklen Augen des
Sprechers nicht von ihm abließen, nickte er nur, machte kehrt
und bahnte sich einen Weg durch die Versammelten.
»Und du, Sisch, müsstest du nicht beim Parkschacht
wachen? Los, verschwinde! Und du Zera, Felisch, Nahrer …«
Er zählte noch weitere Namen auf. Die Angesprochenen zogen
sich kleinlaut auf ihre Posten zurück. Die meisten erreichten
ihre Wachplätze überhaupt nicht. Als Sisch den
Versammlungssaal verließ und in den unbeleuchteten Korridor
eintrat, schössen zwei kräftige Arme aus der Dunkelheit.
Mit eisernem Griff drückten ihm die Hände Mund und Kehle
zu. Sisch konnte keinen Laut von sich geben. Der eine Jäger
hielt ihn immer noch umklammert, als Marasch seinen Oberkörper
bloßgelegt hatte und den Aufklärer fest gegen seine Brust
drückte. Nach kaum einer Minute wurde Sisch losgelassen. Es
zeigten sich keine äußerlichen Veränderungen an ihm,
aber er war jetzt durch und durch ein Jäger.
Inzwischen war im Versammlungssaal die Diskussion unter den
Aufklärern weitergegangen.
»Wenn ihm Raschana den Weg gezeigt hat«, rief eine
helle Stimme, die einem Jungen gehörte, der fast noch ein Kind
war, »dann soll sie mit ihm büßen!«
»Ja«, stimmte ein gebeugter Mann ein, »tötet
sie beide!«
Raschana, die in der Nähe des Mannes mit dem roten Rock
stand, war bleich geworden.
»Ich…«, begann sie ihre Verteidigung, aber der
Wortführer unterbrach sie.
»Sei still Mädchen, niemand wird dir ein Haar krümmen.«
Und den Versammelten schrie er zu: »Und niemand wird sein
Mütchen an dem Prediger kühlen. Er kann uns noch wertvolle
Dienste leisten.«
»Das werde ich!« rief Pharon in diesem Augenblick.
Alle wandten sich ihm zu. Selbst der Wortführer war von Pharons
Erscheinung so überrascht, dass er sprachlos war.
Als Pharon auf eine andere Erhöhung sprang und mit dem
Wortführer auf gleicher Höhe war, zuckte manche nervöse
Hand zur Waffe, aber niemand griff ihn an.
»Ihr werdet elend zugrunde gehen!« rief Pharon mit
donnernder Stimme. Dann machte er eine Kunstpause. Es war sein
Element, eine Hörerschaft in seinen Bann zu ziehen, und er
wusste in diesem Augenblick, dass er zumindest einen Teilsieg
errungen hatte. Jedenfalls hatte er die Meute von dem gefährlichen
Gedanken an Lynchjustiz abgebracht.
Ihr werdet elend zugrunde gehen - das war ihnen in die Knochen
gefahren.
»Wir werden kämpfen!« schrie ihm der Wortführer
zu.
»Ja, das wollt ihr«, sagte Pharon und senkte den
Tonfall seiner Stimme. Damit erreichte er, dass es noch stiller
wurde, weil sie seine Worte hören wollten. »Aber gegen wen
wollt ihr kämpfen? Ich weiß, ihr denkt an die Jäger,
und ich weiß auch, dass ihr euch nicht scheuen würdet,
gegen sie anzugehen, Euch ist nichts heilig!«
»Doch, unsere Freiheit, die Freiheit der Persönlichkeit,
die Freiheit der Gedanken.«
»Natürlich«, donnerte Pharon, »ihr betet
die Götzen der Wissenschaft an. Ihr …«
Bevor Pharon noch in Schwung kommen konnte, unterbrach
ihn der Wortführer.
»Sei still!« brüllte er. Als Pharon schwieg,
lächelte er wissend. »Du kannst deine Absicht aufgeben,
uns mit deinen Worten blenden zu wollen. Wir kennen unsere Ziele, und
wir kennen die deinen. Unser Entschluss, gemeinsam gegen die
Glaubensgesetze aufzustehen, ist schon lange gefasst. Wir werden die
gesamte Menschheit aufklären, dieser Prozess ist nicht mehr
aufzuhalten. Und wir werden sie nicht nur aufklären, sondern
auch von den Ungeheuern befreien.«
»Und ihr denkt nicht an Monas Dämonen!« schrie
Pharon. Nach einer Schrecksekunde ertönte schallendes Gelächter,
in das außer dem Wortführer und Raschana alle einstimmten.
Pharon schloss die Augen. Sie glaubten ihm nicht. Pharon hatte noch
nie davon gehört, dass einer
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