PR TB 056 Bruder Der Stahlernen Wölfe
dreizehn andere Jäger an meinem Lagerfeuer
sehen.«
»Wieviel?«
Ich hob die Hand hoch, spreizte die Finger ab und deutete mit dem
Zeigefinger der anderen Hand auf den Daumen. »Du, Anooa«,
dann auf den Zeigefinger und sagte: »Du, Yaac!« und
schließlich auf die anderen Finger.
»Soviel junge Jäger wie Finger. Dreimal eine Hand. Und,
Anooa.. es müssen kluge, starke und schnelle Jäger sein!«
Anooa nickte eifrig.
»Ich bringe sie morgen abend an dein Lagerfeuer, Adlaan.«
»Gut. Ich werde euch vieles lehren. Und wir werden zusammen
jagen.«
Die beiden vertrauten Gesichter verschwanden in der Menge. Ich
nahm wieder die Hand des Mädchens und ging mit ihr zurück
zu meiner Hütte. Es war tiefe Nacht, als wir endlich um den
letzten Felsblock kletterten und die Glut des Lagerfeuers sahen. Die
Nacht war warm, erfüllt von den Lauten des Waldes und vom
Schwirren winziger Insekten, aber diese Nächte hier waren
gefährlich. Neben mir bewegten sich die Wölfe zuverlässig
und lautlos, und plötzlich hörte ich das Scharren. Metall
kratzte über Stein - Truc sprang durch die Dunkelheit davon.
»Schnell«, flüsterte ich. »Zur Hütte,
Katya.«
Sie ließ meine Hand los und begann zu rennen.
»Asser - ihr nach. Beschütze sie, Bruder!«
Ich hastete dem Wolf nach. Die Geräusche vor mir nahmen zu,
dann hörte ich wieder den bekannten Schrei: ein Mensch in
Todesangst. In mir kam Panik hoch - während meiner Abwesenheit
war jemand in die Hütte eingedrungen und hatte etwas gesucht.
Hinter mir schlugen die Büsche zusammen, Äste und Blätter
schlugen in mein Gesicht. Der Schrei war rechts von mir aus einem
Busch gekommen, und ich schlug mit dem Kolben der Waffe einen
Ast zur Seite. Ich stolperte, überschlug mich fast und hielt
dann an. Hinter drei Büschen, die eine winzige Lichtung umgaben,
lag ein Jäger. Über ihm stand der Wolf und hatte seine
Fänge an dem Hals des Mannes.
»Uroga!« sagte ich leise.
Ich richtete die Waffe auf seine Füße.
»Zurück, Truc!«
Der Wolf richtete sich auf, riß den Kopf zurück und kam
an meine Seite. Der riesige Jäger kam auf die Füße
und blieb zwei Meter vor mir stehen. Aus zwei winzigen Rissen seiner
Kehle floß Blut; das Mondlicht und das Glitzern der Sterne
waren stark genug. Uroga atmete keuchend, seine Fäuste ballten
und öffneten sich unablässig. Ich konnte nicht erraten, was
Uroga getan hatte, ich spürte nur die Leidenschaften, die in ihm
tobten und nach einem Ausbruch fieberten. Es mußte Uroga bis in
die letzten Tiefen seines Stolzes getroffen haben, daß ich ihn
besiegt hatte. Ich begann einzusehen, daß das Gesetz dieser
Jäger den Begriff des Mitleids oder der Großmut nicht
kannte.
Es war ein Fehler, ihn leben zu lassen, sagte mein Extrasinn.
»Zurück zur Hütte, Uroga!« sagte ich hart.
Er blieb stehen, und mich überkam eine sinnlose, kalte Wut. Ich
zielte kurz aus dem Handgelenk und drückte dreimal ab. Dicht
neben den Fellschuhen des Jägers kochte der Boden auf, dichter
Qualm stieg erstickend hoch.
»Schnell!« flüsterte ich kalt, »ich
verbrenne dich sonst!«
Er ging vor mir her, einen Meter neben sich den schwarzen Wolf,
zurück zu meiner Hütte. Während wir durch das
Unterholz stolperten, überlegte ich. Viel konnte Uroga nicht
zerstört haben. Die unersetzlichen Dinge meiner Ausrüstung
trug ich bei mir, in der schweren Felljacke. Es konnte sich also nur
um einzelne Dinge der Ausrüstung handeln, die in den beiden
Felltaschen untergebracht waren: Medikamente, Verbandszeug, einige
Seren, Nahrungsmittelkonzentrate oder Chemikalien. Wir erreichten die
Hütte. Ich nahm einen brennenden Ast aus dem Feuer, neben dem
Katya und der Wolf hockten, hielt ihn über den Kopf und sagte
kurz:
»Truc - bewache ihn. Er darf sich nicht rühren!«
Der Wolf blieb mit ausgestellten Vorderläufen vor Uroga
stehen. Ich sah in der Hütte, daß der Jäger alles
durchgewühlt hatte, was sich hier befand. Die Teile der
Ausrüstung, von deren Verwendung er keine Ahnung hatte, lagen
verstreut in den Nadeln des Bodens; die Schachteln und Behälter
waren verschlossen, denn sie trugen Öffnungsmechanismen, deren
Funktion höchstens zufällig begriffen werden konnte. Ich
atmete tief ein und aus, und meine Befürchtungen vergingen.
Du solltest ihn töten, sagte mein Extrahirn. Er wird nicht
aufhören, dich zu hassen.
Ich ignorierte diesen logisch gerechtfertigten Einwand und ging
zurück vor das Feuer. Ich warf den Ast zu der übrigen Glut
und blieb dicht vor Uroga
Weitere Kostenlose Bücher