PR TB 057 Kreuzfahrt Durch Die Galaxis
Bohnenkaffee hatte er höchstens dreimal in seinem
Leben getrunken; er war ein kaum erschwinglicher Luxus.
Er wunderte sich, daß er keine Nachwirkungen der
durchzechten Nacht spürte. Sein Kopf war klar. Bei seiner
Heimkehr mußte das anders gewesen sein, denn er hatte
vollkommen angekleidet geschlafen.
Kendall lächelte, als er an die Veteranen von Last Port
dachte. In gewisser Beziehung stellten diese alten Menschen einen
Anachronismus dar. Die stürmische Weiterentwicklung der
Zivilisation und der geistigen Anschauungen hatte sie längst
überholt. Dennoch hatten sie sich eines erhalten: einen
unerschütterlichen Lebensmut und die Freude am Leben. Sie
näherten sich alle unaufhaltsam dem Ende ihrer Existenz, und sie
wußten es. Aber niemand von ihnen zeigte Furcht vor dem Tode.
Nachdem er sich geduscht und umgezogen hatte, ging er in den
Frühstücksraum seiner Sektion. Eddie Burke saß
bereits dort, und nach und nach trafen die anderen »Söhne
des Lichts« ein. John Rawlins kam in Lyra Ben Kanaans
Begleitung.
»Was hattet ihr euch eigentlich dabei gedacht?« fragte
sie mit strengem Ton. Nur die Lachfältchen um ihre Augenwinkel
verrieten, daß sie es nicht so ernst meinte.
»Was denn, Süße?« fragte Roger und schob
sich eine Scheibe Frühstücksspeck in den Mund. »Wir
waren so brav wie die Engel.«
»Beinahe wärt ihr auch Engel geworden!« Diesmal
meinte Lyra es offenbar ernst. »Dieser verrückte Nelson!
Fliegt mit euch, etwa zweihundert Veteranen und den entlassenen Blues
einfach nach Aladin.«
»Zum Mond von Last Port. .. ?« fragte Kendall
verblüfft. »Davon weiß ich überhaupt nichts.«
»Du wolltest dort zusammen mit einem Blue nackt im Märe
Serenitatis baden. Das sagtest du mir jedenfalls, als ich dich
zusammen mit Mabel Nelson kurz vor der Bodenschleuse abfing.«
Franklin Kendall errötete.
»Willst du behaupten, ich wäre nackt... ?«
Lyra lachte hell.
»Nein, nein! Aber du wolltest dich gerade ausziehen.
Glücklicherweise warst du viel zu betrunken dazu. Dauernd
strittest du dich mit dem Blue über alle möglichen
komischen Kreaturen. Dann kam auch noch Hatty Even dazu. Eigentlich
müßten dir deine Wangen heute noch brennen. Jedenfalls war
sie mächtig wütend. Sie sagte, sie wollte nichts mehr von
dir wissen.«
Franklin kratzte sich verlegen hinter dem Ohr. In ziemlich
gedrückter Stimmung beendete er sein Frühstück und
begab sich in seine Abteilung, um sich für die neue Arbeit
einteilen zu lassen, denn seine bisherigen Schützlinge waren
inzwischen über einen Transmitter auf Aladin nach Latos
zurückgekehrt.
Während der Mittagspause versuchte er, Hatty über
Visiphon zu erreichen. Aber sie schaltete ab, sobald sie sein Gesicht
auf dem Bildschirm erkannte.
Doch Kendall war optimistisch genug, um das nicht weiter tragisch
zu nehmen. Sollte Hatty ruhig eine Weile schmollen. Eines Tages würde
sie einsehen, daß ein Mann auch einmal über die Stränge
hauen konnte, ohne deshalb schlechter zu sein als vorher.
Die nächsten Tage waren so mit Arbeit ausgefüllt, daß
Franklin Kendall keine freie Minute fand. Er wurde einer Gruppe
zugeteilt, die gemeinsam mit dem Ära-Biologen Akul Akiwa
syn-thobiotische Ersatzkörper für die drei körperlosen
Ligurier herstellen sollte. Kendall lernte ungeheuer schnell. Das
Gebiet interessierte ihn brennend, und Akul Akiwa half ihm, sich
durch Hypnoschulungen und selbständige kleine Forschungsaufgaben
weiterzubilden, so daß er bereits nach drei Wochen zum
Assistenten des Aras avancierte.
Mit Spannung erwartete er den Tag, an dem die RUDOLF VIRCHOW auf
Aralon, der Hauptwelt der Aras, landen würde. Dort war ein
Aufenthalt von vier Wochen geplant. Während dieser Zeit würde
ein großer Erfahrungsaustausch zwischen den Medizinern,
Biologen, Medokybernetikern und anderen Wissenschaftlern der VIRCHOW
und Aralons stattfinden, und Akiwa
hatte Franklin versprochen, ihm die kosmobiologischen Labors auf
Aralon zu zeigen.
Franklin Kendall hielt den Atem an, als die RUDOLF VIRCHOW das
erste Orientierungsmanöver innerhalb des Kugelsternhaufens M-13
durchführte und Myriaden von Sonnen auf den Bildflächen der
Panorama-Galerie auftauchten.
Akul Akiwa hatte es durchgesetzt, daß der Raumkadett
zusammen mit ihm die Kommandozentrale betreten durfte. Nor-malerweiee
hatte nur das reguläre Personal der Zentrale Zutritt. Aber der
Ära mußte sich auf Wunsch des Kommandanten bereithalten,
um bei Anfragen arkonidischer, akonischer und anderer
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