PR TB 058 Das Verbotene Sonnensystem
Hand über die
borkige Rinde eines Baumes.
"Nichts", sagte er.
Der Biologe war verstimmt. Er wurde das Gefühl nicht los, daß
Kensington ihm etwas verschwieg. Er ahnte allerdings nicht, wie recht
er mit seiner Vermutung hatte. Er blieb stehen, bis der Analytiker
zwischen den Bäumen verschwunden war.
Hinter ihm war ein Geräusch. Schnell drehte er sich um und
atmete befreit auf, als er Rena Stonehill erkannte, die auf ihn zu
kam.
"Hallo, da sind Sie ja wieder! Wurde es Ihnen beim Shift zu
langweilig?"
"Ein wenig Bewegung tut gut", wich sie einer direkten
Beantwortung aus. "Wo ist Kensington geblieben?"
Fendalls Geste drückte Verärgerung aus.
"Er hat sich selbständig gemacht. Im übrigen ist
mir Ihre Gesellschaft ohnehin lieber, Miß Stonehill." Er
deutete auf den nächsten Baum. "Nun, was meinen Sie? Ist er
echt - oder werden wir jetzt von einem Mystaner belauscht?"
Sie lächelte, als fände sie das Thema amüsant.
"Kann sein, Doktor. Stört es Sie?"
Insgeheim wunderte er sich nicht wenig über diese Antwort,
die sie in eine Frage gekleidet hatte. Die Astronomin schien
kaltblütiger zu sein, als er nach ihrem bisherigen Benehmen
annehmen mußte.
"Etwas schon, wenn ich ehrlich sein soll. Gehen wir weiter?
Ein Baum ist so gut wie jeder andere."
"Sie wissen also wirklich nicht, warum die TAIGA hier
gelandet ist?"
Er starrte sie an, dann schüttelte er langsam den Kopf.
"Wie meinen Sie das? Wir wissen doch, daß es ein Fehler
im Antrieb ist. Oder sind Sie da anderer Meinung?"
"Fragen Sie Kensington, Doktor. Vielleicht sagt er es Ihnen."
Sie ging davon und ließ den verdutzten Fendall einfach
stehen. Der war viel zu überrascht, um ihr sofort zu folgen, und
als er es dann doch tun wollte, war sie längst in den Büschen
verschwunden. Langsam und nachdenklich spazierte er durch den kleinen
Wald, aber er traf auch Kensington nicht mehr. Als er schließlich
zum Shift zurückkehrte, fand er alle Expeditionsteilnehmer
friedlich versammelt am Flußufer.
Rena Stonehill stand neben Hansen, und als sie Fendall sah,
lächelte sie ihm zu. Aber in diesem Lächeln war kein
Einverständnis und keine Spur von Geheimniskrämerei. Sie
schien eine ausgezeichnete Schauspielerin zu sein.
Das war genau das, was Fendall nicht leiden konnte. Er trat auf
Kensington zu und fragte ohne große Vorrede:
"Hören Sie, wie wäre es, wenn Sie uns einmal
darüber aufklären würden, warum die TAIGA ausgerechnet
auf diesem verrückten Planeten ihren Antrieb überholen muß?
Oder wollen Sie noch immer behaupten, das sei alles purer Zufall?"
Bei diesen Worten beobachtete Fendall Kensington und Rena
aufmerksam. Der Analytiker blieb äußerlich ganz ruhig,
aber eine Augenbraue zuckte fast unmerklich. Rena Stonehill hingegen
mimte Überraschung, und zwar so echt, daß Fendall direkt
Zweifel kamen, ob er richtig handelte.
"Wie kommen Sie auf die Idee?" Kensington sah Fendall
scharf an, als wolle er ihn mit seinen Blicken durchbohren. "Ganz
schnell, antworten Sie. Es hängt viel davon ab!"
Fendall sah sich in die Enge getrieben. Er warf der Astronomin
einen hilfesuchenden Blick zu, aber er begegnete großen,
erstaunten Augen, die ihn baten, Kensingtons Bitte zu erfüllen.
Fendall konnte sich jedoch noch immer nicht dazu entschließen,
sie zu verraten.
. "Eine Vermutung, Kensington. Mehr nicht. Aber ich wäre
ihnen doch für die Beantwortung dankbar."
Kensington schüttelte den Kopf.
"Bevor ich mich dazu entschließe, muß ich alles
wissen. Wie kamen Sie auf diese Vermutung? Es ist immens wichtig für
mich - und für uns alle, das zu wissen. Ich werde Ihnen alles
erklären."
Fendall wandte sich an Rena Stonehill.
"Soll ich es ihm sagen?"
Ihre Verblüffung war so echt, daß Fendall sich zu
ärgern begann.
"Warum sollten Sie es ihm nicht sagen, Doktor, wenn Sie es
wissen? Oder fürchten Sie sich vor Ihren eigenen Vermutungen?"
Da war Fendall es endgültig leid. Er entschloß sich,
seine Informantin nicht mehr zu schützen.
"Aber Sie haben es mir doch selbst gesagt, Miß
Stonehill!" Er sah Kensington wieder an. "Miß
Stonehill riet mir, Sie zu fragen, Kensington, und sie behauptete,
Sie wären über die wirklichen Gründe unserer Landung
hier informiert. Ich möchte von Ihnen wissen, welche Gründe
das sind."
Während Kensingtons Gesicht leichte Verwunderung ausdrückte,
war Rena Stonehill total erschüttert. Sie schnappte nach Luft,
dann fuhr sie Fendall an:
"Was reden Sie da für einen Unsinn? Ich soll Ihnen das
gesagt haben?
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