PR TB 061 Der Planetenkönig
länger er darüber nachdachte. Er hatte
wenig zu verlieren für den Fall, daß die Wunderwaffe
versagte und der Kampf zu seinen Ungunsten endete - außer
vielleicht der physischen Bequemlichkeit, die einem Manne aus der
Abwesenheit von blauen Flecken, Hautabschürfungen und
Platzwunden erwuchs. Agbros Leute würden recht übel mit ihm
verfahren, sobald sie einmal die Oberhand gewonnen hatten. Aber das
konnte er ertragen.
Der Vorteil dagegen, den er im Falle eines günstigen
Ausganges erzielte, war von bedeutendem Wert. Erstens brach die
Belagerung des Herzogtums Tulli zusammen. Tulli blieb Herzog und
konnte seine Stimmen zu Hiros Gunsten abgeben, wenn der Tag der
Königswahl kam. Zweitens gewann er selbst eine nicht
unbeträchtliche Anzahl von Stimmen, indem er sich zum Range
eines anitischen Fürsten emporschwang. Und drittens
kontrollierte, wie Ohlen schon angedeutet hatte, das Fürstentum
Agbro den Zugang zu den Häfen von Nal-Pöa, und wenn die
Unisten von Nal je zu der Ansicht gelangen sollten, es bliebe ihnen
nur die rohe Gewalt, um ihre Pläne zu verwirklichen, dann
bildete das Fürstentum ein ernstzunehmendes Hindernis, das sie
recht wohl an der Verwirklichung genannter Absicht zu hindern
vermochte.
Stoke Derringer hatte seinen Entschluß getroffen.
»Ich bin mit von der Partie«, erklärte er Ohlen.
»Wieviel Zeit haben wir?«
»Zwei Tage höchstens«, erwiderte Ohlen. Von dem
Triumph, den er empfinden mußte, nachdem er sein Ziel endlich
erreicht hatte, war nichts in seinem Gesicht zu sehen. »Bis
dahin hat Agbro genügend Leute beisammen, um Tulli zum Zweikampf
herauszufordern.«
»Ich werde die Zeit nützen, um zu trainieren«,
versprach Stoke. Ȇbrigens: Was wird aus Agbro, nachdem
erverloren hat?«
»Er nimmt Ihren Stand an. Wir präsentieren Sie als den
Reichen Derringer von Aritui.«
»Aber es gibt keinen Reichen Derringer von Aritui, nicht
wahr?«
»Wirwerden einen aus dem Boden stampfen.«
Stoke dachte darüber nach. »Der Reiche Soundso von
Daundda« war ein Titel, den sich nichtadelige, jedoch
wohlhabende Aniter selbst zu verleihen beliebten. Es war nichts
Verfängliches daran. Es beeindruckte ihn jedoch zu erfahren, daß
Greg Ohlen keinerlei Schwierigkeit darin sah, einen Mann namens
Derringer in seiner Heimatstadt Aritui nicht nur so zu erschaffen,
daß seine Existenz allgemein bekannt war, sondern ihn auch
gleich wieder verschwinden lassen, so daß der geschlagene Agbro
seinen
Stand, seinen Beruf und sein Anwesen übernehmen konnte. Er
war sich schon im Gemach des Herzogs darüber klargeworden, daß
er Ohlen unterschätzt hatte. Wie sehr, das ging ihm jetzt erst
auf.
»Sie haben ohne Zweifel Vorbereitungen getroffen«,
sagte er zu Ohlen. »Geben Sie mir drei Stunden Zeit, damit ich
ausruhen kann. Sie finden mich«, er lächelte spöttisch,
»in meinen Gemächern.«
Bao-Nai genoß die Vorrechte, die die Stellung ihres Vaters
mit sich brachte, in vollem Umfang. Ihr Reich waren zwei Etagen des
südlichen Palastflügels, unmittelbar hinter dem Torhaus.
Von den Fenstern ihrer Gemächer aus hatte sie freien Ausblick
über den Zentralplatz und die Stadt auf der einen, den Innenhof
auf der anderen Seite. Ihr Hofstaat bestand aus mehr als fünfzig
Dienern beiderlei Geschlechts, die Mitglieder ihrer Umgebung ohne
Ausnahme Damen aus ebenfalls adeligen Familien.
Das heißt: Eine Ausnahme gab es doch. Nais engste Vertraute
war eine alte, häßliche Frau bürgerlichen Standes,
Diin mit Namen und nach ihrer eigenen Aussage mit übernatürlichen
Kräften begabt, die ihr erlaubten, Geister zu bannen und in die
Zukunft zu schauen.
Nach ihrer Rückkehr von dem Rendezvous mit Hiro sorgte Nai
dafür, daß alle gesellschaftlichen Aktivitäten des
Tages abgesagt wurden, und zog sich in eine Suite von drei Räumen
in der obersten Etage zurück. Die drei Räume nahmen eine
Sonderstellung ein. jedermann am Hofe wußte, daß Bao-Nai
nicht gestört werden wollte, wenn sie sich dort aufhielt.
Nur Diin hatte dort Zutritt.
Nai setzte ihre Dienerin mit wenigen Worten über die
Ereignisse des Morgens in Kenntnis und trug ihr auf, Hiros Anweisung
wörtlich wiederholend, »den Zugang offenzuhalten«.
Diins zahnloser, dünnlippiger Mund verzog sich zu diabolischem
Grinsen, als sie von dem bevorstehenden Besuch erfuhr. Sie war die
einzige, die von der Romanze zwischen Bao-Nai und dem König
wußte. Aus Gründen, die Nai nur zur Hälfte verstand,
hatte Hiro darauf gedrungen, die Sache vorläufig
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