PR TB 061 Der Planetenkönig
geheimzuhalten.
Diin verehrte ihn mit aller Macht ihres alten, treuen Herzens und
hatte, vorhandene Installationen genial ausnutzend, jenen Zugang
geschaffen, der es Hiro ermöglichte, Nai zu sehen, ohne daß
seine Anwesenheit bekannt wurde.
Der Zugang war eine enge Wendeltreppe, die in der Südwand des
Gebäudes verlief und ihren oberen Ausgang in einem der drei
Intim-Räume hatte. Der Einstieg am unteren Ende erfolgte von
einem Korridor im Obergeschoß des Turmhauses aus. Die Tür
war sorgfältig verkleidet und mußte jedem Uneingeweihten
als integraler Bestandteil der Wand erscheinen. Der Zugang zum
Torhaus stand jedermann offen; denn der oberste Torwächter war
gleichzeitig Herzog Tullis Kommissar für Handel und Verkehr und
empfing täglich Dutzende von Berichten verschiedener
Handelsunternehmen, die den Herzog bezüglich des Güterumschlages
und der dabei eingenommenen Steuern informieren sollten und von Boten
überbracht wurden. In hinreichend geschickter Verkleidung konnte
Hiro es ohne weiteres wagen, in der Rolle eines Boten das Torhaus zu
betreten und durch die Geheimtür in Bao-Nais Privatgemächer
zu gelangen.
Die Tür, behauptete Diin, öffnete sich nur dem, der den
Zauberspruch kannte. Nai hatte es selbst ausprobiert und Diins kühne
Behauptung bestätigt gefunden. Was Na! nicht wußte, war,
daß die pangnostischen Fähigkeiten der anitischen Rasse
ausgerechnet in Diin einen Höhepunkt erreicht hatten und daß
der angebliche Zauber nichts weiter war als ein akustischer
Servomechanismus, der auf die Schallcharakteristiken des Kodesatzes
ansprach, welcher hieß:
»Kommen macht Freude, aber das Gehen schmerzt.«
Gegen fünfzehn Uhr zog ein Gewitter über die Stadt.
Bao-Nai erwartete, daß Hiro sich diese Gelegenheit zunutze
machen würde, und hatte sich nicht getäuscht. Der Regen
hatte kaum angefangen nachzulassen, da öffnete sich die Tür
in der Wand, und Hiro, in einen vor Nässe triefenden Umhang
gehüllt, trat daraus hervor.
Der Empfang war mehr als herzlich. Diin hatte, das Gebot der
Stunde sofort erkennend, einen halben Eimer voll heißen,
aromatischen und leicht berauschenden Getränks vorbereitet. Eine
Mahlzeit wartete darauf, serviert zu werden. Aber der König gab
von Anfang an zu verstehen, daß es sich nicht um einen seiner
üblichen Besuche handelte. Er war hier, um Politik zu betreiben,
und nichts durfte seine Aufmerksamkeit davon ablenken; denn es ging
um Dinge, von denen unter Umständen die Königskrone selbst
abhing.
Nachdem Diin sich zurückgezogen hatte, begann Hiro, Fragen zu
stellen. Er hatte die vergangenen Stunden benützt, um sich unter
beschwerlicher, aber vorzüglicher Verkleidung in der Stadt
herumzutreiben und, indem er hier oder dort Unterhaltungen begann,
Neuigkeiten zu sammeln. Er wußte im Detail, worüber ihm
die Botschaft, die er vor drei Tagen am Südkap von Maro abgeholt
hatte, nur in groben Zügen berichtete. Er kannte die Namen der
Fürsten, die Tulli belagerten, und hatte eine ungefähre
Vorstellung von ihrer Truppenstärke. Er wußte, daß
die Belagerer alle Funkwege nachhaltig blockierten, so daß die
wenigen, schwachen Sender der Stadt schon in fünfzig Kilometer
Entfernung praktisch unhörbar waren. Er hatte auch erfahren, daß
Tulli-Noe selbst erst seit kürzester Zeit von der Blockade
wußte. Vor dreißig Stunden noch hatten Reisende die Stadt
unbehindert betreten und verlassen können. Der Gegner mußte
mit nahezu unglaublicher Vorsicht zu Wege gegangen sein - wenn ihm
auch die Unbewohntheit des Hinterlandes und das unübersichtliche
Gelände der Berge zu Hand gekommen war. Die Tatsache, daß
er den Ring geschlossen und Tulli-Noe hermetisch von der Umwelt
abgeriegelt hatte, wies darauf hin, daß der Augenblick der
Entscheidung unmittelbar bevorstand. Denn selbst bei total gestörten
Funkverbindungen würde sich die Belagerung der Stadt nicht
länger als zwei oder drei Tage geheimhalten lassen.
Hiro war bereit, Tulli auszuhelfen. Mehr als das - er hatte es bis
vor kurzem noch für eine Notwendigkeit gehalten, Tulli zu
unterstützen, so daß der Herzog den Zweikampf, zu dem die
Nal-Fürsten sich gerüstet hatten, gewinnen würde. Ihm
als dem König standen größere Machtmittel zur
Verfügung als den Fürsten, und da sich die Frage, wer ein
Turnier gewinnen würde, gewöhnlich zu der einfacheren Frage
reduzieren ließ, wer die größere Anzahl an Kämpfern
aufzubieten hatte, hätte, sobald die Blockade von Tulli-Noe
unter dem Ansturm der königlichen
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