PR TB 061 Der Planetenkönig
abgelaufen waren, stand er bereit. Er stieg
auf das Pa-Anu. Ein Diener reichte ihm die Lanze. Auf der anderen
Seite wartete Riesner, ebenfalls schon beritten. Einer der Richter
erhob sich und rief in zeremoniellem Singsang die Worte, die den
Kampfeinleiteten.
Bei »Jetzt ... « schlug Stoke seinem Tier die Hacken
in die Seite. Das Pa-Anu preschte davon. Der Trommelwirbel der Hufe
erfüllte die Luft. Stoke fixierte seinen Gegner. Er durfte sich
keine weitere Niederlage leisten. Riesner durfte ihm nicht ein
zweites Mal zuvorkommen. Einen zweiten Schock würde er nicht
überstehen.
Er hatte keine besondere Taktik. Er verließ sich darauf, daß
Riesner bei diesem Gang zuversichtlicher sein werde als beim vorigen,
daß er vielleicht eine Hundertstelsekunde zögern würde,
seinen Schocker einzusetzen, um einen besseren Eindruck zu erzielen.
Das Zögern mußte den Ausschlag geben. Stoke war fest
entschlossen, seine Waffe aus maximaler Reichweite abzufeuern. Die
Distanz schrumpfte mit atemberaubender Schnelligkeit. Riesner und
sein Tier wurden größer. Stoke hatte jedes Gefühl für
Bewegung verloren. Was er sah, war ein Mann auf einem Pa-Anu, der
immer größer wurde und immer drohender sein Sichtfeld
beherrschte.
Er begann, die Entfernung zu schätzen. Noch fünfzig
Meter. Er legte die Lanze ein. Vierzig Meter. Der Finger berührte
sanft den Auslöser. Dreißig Meter. Riesners Kopfschutz
beschattete sein Gesicht; aber Stoke hatte den Eindruck, daß er
grinste. Das machte ihn unsicher. Hatte Riesner noch einen weiteren
Trick auf Lager?
Fünfzehn Meter.
Stokes Muskeln verkrampften sich. Die nächsten zwei, drei
Sekunden würden den gesamten Kampf entscheiden. Der Finger
verstärkte den Druck auf den Auslöseknopf.
Riesner grinste tatsächlich. Sein Gesicht war eine höhnische
Grimasse, eine schadenfrohe Fratze vorweggenommenen Triumphs. Zehn
Meter... jetzt...
Plötzlich ertönte die Stimme.
Sie sagte nur drei Worte, und für Stoke war sie so undeutlich
wie eine Radiostation auf einer nicht scharf eingestellten
Wellenlänge. Die Worte hießen:
»Paß auf, Riesner...!«
Riesners Kopf ruckte in die Höhe. Die Lanze vollführte
eine unkontrollierte Schwenkung und zeigte weit über Stoke
hinweg in die Luft.
Fünf Meter.
Stoke ließ eine halbe Zehntelsekunde verstreichen, dann
drückte er ab.
Riesner schrie auf. Er hörte seinen gellenden
Schmerzensschrei, während er an ihm vorbeiraste. Stoke zügelte
das Pa-Anu und ließ den angehaltenen Atem langsam aus der Lunge
entweichen, mit jeder Nervenfaser auf das erste Anzeichen von Schmerz
wartend, das die Wirkung des Schocktreffers ankündigte.
Aber er spürte keinen Schmerz. Er wandte sein Tier und sah
Lang Riesner zwanzig Meter hinter sich am Boden liegen. Wie im Traum
hörte er die Stimme eines der Richter:
»Der Kampf ist entschieden. Dieser, der Herausforderer,
vormals der Reiche Derringer, jetzt aber der Fürst Agbro, hat
den Zweikampf gewonnen. Es ist dem Sieger überlassen zu
entscheiden, ob er die restlichen Gänge des Kampfes...«
Die Stimme wurde übertönt von dröhnendem Rauschen.
Die Welt schien sich zu drehen. Stoke klammerte sich hastig an die
Mähne seines Reittieres, sonst wäre er noch zu guter Letzt
vor Schwäche aus dem Sattel gefallen.
Vierundzwanzig Stunden später war der neue Fürst Agbro
wieder auf den Beinen. Er hatte das Zeltlager unverzüglich
übernommen und im Vertrauen auf die alten, unverbrüchlichen
Bräuche des Zweikampfs, sich der Ruhe hingegeben, die er so
nötig brauchte. Als einzigen Schutz hatte er seine zehn Diener
und Greg Ohlen, der mit seinem Lastgleiter wahrscheinlich irgendwo
durch die Hügel strich, nie zu weit entfernt, als daß ihn
ein Hilferuf nicht eilends herbeigebracht hätte.
Am nächsten Morgen war das Lager so gut wie leer. Das Gefolge
des ehemaligen Fürsten Agbro, seiner Verpflichtung infolge des
Falls des Fürsten entledigt, hatte sich zerstreut. Nach Aussagen
der Diener hatten die meisten alles, was ihnen gehörte,
zusammengepackt und waren mit ihren Fahrzeugen in generell westlicher
Richtung verschwunden. Alles deutete daraufhin, daß sie sich
auf den Rückweg ins Fürstentum Agbro gemacht hatten, um
dort abzuwarten, wie sich die Dinge unter der Regie des neuen Fürsten
entwickeln würden.
Agbro selbst war unmittelbar nach dem Ende des Zweikampfs
abgereist. Seine Begleitung zählte nur zehn oder zwölf
Mann, aber einer unter ihnen war, wie Stoke zu seiner Erleichterung
vernahm, der Graf Aldo von Aleu.
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