PR TB 064 Männer Fur Lacertae
der herbeigeeilten
Mädchen hatten sogar das vergessen.
»Ein Angebot?« Sie würdigte Bess keines Blickes.
»Welches?«
»Erinnere dich unseres Gespräches vor zwei Jahren, Ann.
Wir erwogen die Möglichkeit neuer Richtlinien für unser
Zusammenleben. Du konntest dich damals mit meinen Vorschlägen
nicht befreunden, darum ging ich und nahm Bess mit. Wir lieben uns,
und hinter uns liegen zwei schöne Jahre. Trotzdem sind wir
bereit, unsere Zweisamkeit für das Allgemeinwohl zu opfern. Die
Kolonie muß weiterbestehen, Ann. Das hat auch Bess eingesehen.
Ursprünglich wollte ich sie mit unseren Kindern hier bei euch
lassen und mit einem der Mädchen weggehen - für ein Jahr
vielleicht. Aber wir haben es uns anders überlegt. Wir nehmen
eine oder zwei von euch mit und bringen sie zurück, sobald sie
Mütter geworden sind.«
Ann war aufgesprungen, setzte sich aber wieder, als sich der Lauf
von Johns Gewehr um Zentimeter anhob.
»Du meinst, Ann, das sei ein unmoralisches Angebot?«
Er schüttelte den Kopf. »Es war dein eigener Vorschlag,
wenn du dich recht entsinnst. Ich habe ihn nur anders formuliert. Ich
bestimme die Umstände, nicht du. Das ist der ganze Unterschied.
Ann, sei doch vernünftig! Ihr braucht Kinder. Für wen wollt
ihr denn leben und arbeiten, wenn ihr keine Kinder habt?«
Sie fühlte die Bitterkeit in sich aufsteigen. »Wir
waren es vor zwei Jahren, die Kinder wollten, aber da wehrtest du
dich dagegen. Warum muß es heute umgekehrt sein?«
»Weil sich die Verhältnisse änderten. Du hättest
mich damals zu einem Werkzeug degradiert und als Mann entwürdigt.
Heute bist du von mir abhängig, und das erzürnt dich. Es
macht dich ungerecht und unvernünftig. Lieber läßt du
die Kolonie zugrunde gehen, als dich unterzuordnen. Geh, Ann, und
schick mir Hilde Smart.«
Ann sah ihn zornig an.
»Was willst du von ihr, John?«
Er lächelte sie über den Gewehrlauf hinweg an.
»Was will ein Mann schon von einer Frau?«
Sie drehte sich um und verschwand zwischen den Büschen.
Als Minuten später Hilde auf der Lichtung erschien, wunderte
sich keiner mehr als John, der nicht damit gerechnet hatte, daß
Ann dem Mädchen Bescheid sagen würde. Er senkte das Gewehr
und ging ihr entgegen. Bess folgte ihm langsamer.
»Willkommen, Hilde. Es geht dir gut, wie ich sehe. Gib mir
deine Hand. warum zitterst du? Es ist doch nicht kalt.«
»Ach was!« Hilde schien nicht verlegen zu sein. »Bloß
die Aufregung, weißt du. Man sieht nicht alle Tage einen Mann
hier.«
Er lachte. Bess begrüßte sie freundlich und gab ihr die
Hand.
»Wir bleiben die Nacht hier, Hilde. Möchtest du heute
unser Gast sein? Wir haben dir einen Vorschlag zu machen. Aber jetzt
kannst du mir erst einmal helfen, die Kinder aus dem Gleiter zu
holen.«
Hilde warf John einen abschätzenden Blick zu, dann lächelte
sie und folgte Bess zum Gleiter.
»Und ich sage euch, daß er nur an sich selbst denkt,
nicht an uns oder die Kolonie!«
Ann hatte alle Frauen in der kleinen Kirche um sich versammelt und
berichtete von ihrer Unterredung mit John. Sie bemühte sich,
objektiv zu bleiben, aber so ganz gelang ihr das nicht.
»Es ist doch egal, an wen er dabei denkt, die Hauptsache
ist, wir bekommen die Kinder«, rief Mabel dazwischen und dachte
insgeheim an ihren Kahn, der unten am Seeufer lag. »Und wir
wollen doch alle welche!«
»Eben, Mabel, das ist es ja! Wenn er zwei von uns mitnimmt
und erst in einem Jahr wiederkommt, haben wir, wenn wir Glück
haben, zwei Kinder für die ganze Kolonie. Rechnet euch doch
selbst aus.«
»Ann hat recht!« rief Mrs. Dilldap, und ihre Stimme
verriet ihre seelische Verfassung. »Wir werden alle alt, und
eines Tages kann es zu spät sein. Wir können nicht so lange
warten. John muß gezwungen werden, bei uns zu bleiben. Es ist
doch alles ganz einfach, wie jedes Naturgesetz. Wir Frauen können
nur ein einziges Kind im Jahr bekommen, aber John kann fünfzig
im Jahr.«
»Seid still!« Das war Mary Geldern, sonst immer sehr
ruhig und zurückhaltend. Vielleicht war gerade das der Grund für
ihre jetzige
Erregung. »Wie könnt ihr nur so reden? Wie könnt
ihr einen Mann zu einer Maschine degradieren und alle moralischen
Grundprinzipien zerstören? Ihr seid Tiere geworden, alle, wie
ihr da seid. Hat sich John nicht bemüht, einen guten Ausweg zu
finden? Ist er nicht zurückgekommen, um uns einen Ausweg
anzubieten? Gibt er sich nicht alle Mühe, uns zu helfen? Er
hätte auch mit Bess allein bleiben können.«
»Ja, das
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