PR TB 064 Männer Fur Lacertae
werde hier schlafen. Hilde ist bei John.«
»Und. und was tut sie bei ihm?«
»Sie unterhalten sich, Mabel. Du siehst, ich habe mich mit
der neuen Moral abgefunden, und ich bin sicher, sie ist besser als
die von Ann gewollte. John kann frei entscheiden und wird das Gefühl
nie verlieren, ein freier Mann zu sein. Glaubst du nicht auch, das
sei besser für ihn - und damit auch für uns? Glaube aber
nur nicht, mir sei es leichtgefallen, Johns Vorschlag zuzustimmen -
wir beide waren sehr glücklich zusammen, und wir werden es auch
weiterhin sein. Aber ich sehe ein, daß ich nicht egoistisch
sein darf. Unsere Kinder würden eines Tages allein auf dieser
Welt sein, wenn wir und die Kolonie stürben.«
Mabel hielt noch immer die Granate in ihrer Hand. Sie schien ihr
plötzlich schwerer geworden zu sein.
»Wir wollen alle nicht, daß die Kolonie stirbt, Bess.
Darum bin ich hier. Ich stimme Anns Methode nicht zu und wollte eine
bessere finden, darum wollte ich den Gleiter vernichten.«
»Du wirst es nicht tun, Mabel. Wirf die Bombe ins Wasser.«
»Und wenn ich es nicht tue?«
»Ich sagte dir schon, was dann passiert. Ehe du sie zündest,
bist du tot. Ich bin in der Wildnis hart geworden, glaube mir.«
Mabel hielt die Hand über den Rand der offenen Kabine und
ließ die Bombe los. Sie klatschte ins Wasser, und die Wellen
trieben das Boot der Fischerin weiter in die Bucht hinein.
»So ist’s gut, Mabel. Nun können wir weiterreden.
Ich denke, du wirst zum Ufer zurückrudern und berichten, was
hier geschehen ist. Vielleicht nimmt Ann endlich Vernunft an. Sie
bekommt ihren John, aber erst dann, wenn John es will. Damit muß
sie sich abfinden.«
»Und ich.?« Mabel stockte, aber dann fuhr sie fort:
»Wann werde ich.?«
Hinter ihr lächelte Bess in die Finsternis hinein.
»Auch du wirst Kinder haben«, sagte sie ruhig.
Wortlos kletterte Mabel aus dem Cockpit und ließ sich ins
Wasser gleiten. Sie schwamm zum Boot, und wenige Minuten später
ruderte sie aus der Bucht und nahm Kurs auf die Siedlung.
Als der Morgen graute, kehrte auch Hilde Smart zur Siedlung
zurück. Sie hatte durch Bess erfahren, was geschehen war, und so
überraschte sie der freundliche Empfang nicht, der ihr zuteil
wurde. Sogar Ann schüttelte ihr die Hand.
»Hat John seine Absichten geändert! Wir dachten, du
wolltest ihn begleiten?«
»Das wird nicht nötig sein. Er bleibt noch eine Weile
hier. Wir können ihn besuchen, Ann, auch du. Bess läßt
fragen, ob du etwas dagegen hast, wenn sie heute nachmittag mit den
Kindern hierher kommt.«
Es wurde ein Freudenfest, und später kam auch John. Er hatte
seine frühere Unbeholfenheit und Schüchternheit verloren.
Aber nicht nur sein Charakter hatte sich zu seinen Gunsten verändert,
auch äußerlich war er anders geworden. Die langen Haare
reichten bis zur Schulter, und ein selbstgewebtes Hemd umspannte
seine breite Brust. Er trug kurze Hosen und ging barfuß. Sein
Körper war braungebrannt und strotzte vor Gesundheit.
Er wäre auch auf Welten aufgefallen, auf denen es andere
Männer gab. Hier wirkte sich sein Erscheinen geradezu phänomenal
aus. Die Mädchen bestaunten ihn wie ein Wunder und versuchten,
seine Aufmerksamkeit zu erregen, denn von Hilde wußten sie, daß
John keineswegs unnahbar war. Und sie wußten auch, daß
Bess’ Kinder nicht die einzigen bleiben würden.
Für Ann konnte die Umstellung nicht einfach sein, aber sie
beherrschte sich meisterhaft. Sie fand sich damit ab, daß
der Mann bestimmte - zumindest in dieser einen Angelegenheit. Und sie
fand sich auch damit ab, daß sie und die anderen sich mit
Geduld wappnen mußten.
Langsam begriff sie, was in Bess vorgehen mußte, und sie
begann die junge Frau zu bewundern - und zu beneiden. Der Unterschied
zu früher war nur, daß sie Bess nicht Johns wegen
beneidete, sondern ihrer Großzügigkeit wegen. Ihrer
Gelassenheit wegen, mit der sie ihren Mann liebte und ihm die
notwendigen Entscheidungen nicht nur verzieh, sondern ihm sogar dabei
half.
Sie begriff auf einmal, daß erst heute, an diesem Tag, die
Moral in die Kolonie zurückgekehrt war - eine andere Moral zwar,
wie sie auf der Erde üblich war, wo Männer und Frauen sich
nahezu die Waage hielten, aber eine Moral, ohne die die Kolonie
zugrunde gehen mußte.
Zwei Jahre nach dem Schiffbruch begann die neue Ordnung.
Und vier Jahre danach landete die THUNDERBOLT.
5.
Captain Graybound holte tief Luft, ehe er sagte: »Und das
hat dieser Mausbiber die ginze Zeit über gewußt - so
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