PR TB 068 Die Säulen Der Ewigkeit
brauchte — denn was konnte er mir geben,
was ich nicht leichter ohne seine Hilfe haben konnte? —
erkannte er ganz klar, daß ich ihm aus reiner Freundschaft
half.
»Wer bist du, Fremder?« fragte er ein zweitesmal.
Ich lächelte.
»Ich bin der Geliebte deiner Schwester, dein Freund, und der
Freund einiger der besten Männer dieses Landes. Und ich bin ein
Feind aller Quälereien, aller Toten und des Blutvergießens.
Und ich bin ferner ein Feind von Unfreiheit.«
»Du bist so klug, du könntest aus einer anderen Welt
kommen — wie diese Priester!« sagte er. »Was willst
du von mir für diese Stadt, die mich nichts gekostet hat?«
Ich schüttelte wortlos den Kopf.
»Nichts. Doch, etwas: ein schnelles Schiff, das mich zu
Nefer-meryt bringt.«
Er lachte, griff nach meinem Arm und zog midi in den Schatten des
Palastes. Dort ließ er Wein bringen, gab mir einen Becher und
sagte drängend, wie aus innerem Zwang heraus: »Bruder!
Berater des Menes ... ich habe dieses Land zu verwalten. Ich weiß
nicht, wie dies zu geschehen hat. Ich bitte dich wieder, mir zu
helfen. Wie lange wirst du, Re-Atlan-Anhetes, noch zwischen uns
barbarischen Menschen bleiben?«
Ich legte meinen Arrn um seine Schultern und erwiderte ruhig und
leise:
»Noch mehr als fünf Jahre. Und ich werde dir einen
Schrein geben, den du öffnest, um mich wieder zu holen, wenn du
in Not bist.«
Gedankenvoll fragte er:
»Wie kann ein Pharao, von dem sie sagen, daß er ein
Gott ist, Freunde unter den Menschen haben?«
Ich begriff.
»Da du keine Freunde unter den Menschen hast, wie du
glaubst, nimm ruhig an, ich wäre ein Gott. Die Enttäuschung,
die du haben wirst, wenn du siehst, daß ich ein Mensch wie
du bin, wird dir helfen. Muß ich hierbleiben, wenn du dir die
Krone beider Ägypten aufsetzt?«
»Ich bitte dich. Bleibe neben mir.«
»Gut, ich werde bleiben«, versprach ich.
Als ich den Palast verließ, um mich um die Pferde und den
Wolf zu kümmern und von den Spähern, Meldern und Läufern
zu hören, wie die Truppen in der Wüste sich befanden,
brachten sie auf zwei Lanzen und drei Schilden, die an den Schäften
befestigt waren, den User-Rechmire. Er lebte noch lange genug, um
mich zu verfluchen. Dann, mitten in dem Schrei, der mir ?wige
Verdammnis wünschte, brach dunkles Blut aus seinem Mund, und er
starb.
Ich riß einen der Männer herum und brüllte:
»Ihr habt ihn umgebracht. Sprich! Was geschah?«
Der Lanzenträger schüttelte langsam den Kopf, sah zu
Boden und erwiderte:
»Bruder des Pharaos ... als wir ihn vom Schiff in den Palast
bringen wollten, riß er sich los, stieß einige von uns um
und rannte die Treppen zum Torturm der Neit hinauf, schrie Flüche
und stürzte sich zwischen die Menge, auf die Steine vor dem Tor.
Er lag lange da, bis wir ihn auf die Schilde hoben.«
Ich rannte, unhörbare Verwünschungen murmelnd, durch die
Straßen und lief zu Hepetres Haus. Dort traf ich ihn nicht,
aber Menkauhor. Ich trank viele Becher des teuflisch starken Weines,
betrank mich bis zur halben Besinnungslosigkeit und blieb neben dem
Tisch liegen, bis die Sklavinnen des Hepetre sich meiner erbarmten
und mich mit einigen Ziegenfellen zudeckten.
Die Stadt schien noch vom Jubel zu erbeben, der sich erhoben
hatte, als sich Menes von mir die Krone beider Ägypten, die
weiße des südlichen und die rote von Sais und Buto
aufsetzte.
Das Schiff fuhr, von einem seltenen, günstigen Wind
geschoben, und von den vielen Ruderern bewegt, nilaufwärts.
... Memphis ... Nefer-meryt ...
Überall, in jeder Stadt, machten sich die Bildhauer an die
Arbeit. Die Schreiber des Pharaos schufen aus Rosengranit, aus
Sandstein, aus Quarzit und jeder anderen Steinart Bildwerke. Menes
selbst hatte ihnen die Bilder und den Text befohlen. Oben lief ein
Fries aus Glyphen mit einem entsprechenden Text.
Darunter waren drei Gestalten abgebildet. Es war Menes, angetan
mit dem Zeremoniengewand und gekrönt mit der Doppelkrone. Neben
ihm Re-Atlan-Anhetes in der Maske des Weisen, eine Hand auf seiner
Schulter und in gleichgroßer Bedeutungsperspektive Nefer-meryt.
Während über meinem Kopf das Zeichen des Wolfes
eingehämmert wurde neben dem Symbol des Horus, trug Nefer-meryt
die Horusmaske. Darunter standen die Worte:
ICH BIN MENES.
UND SO SPRECHE ICH ZUM STEIN, DER DIE ZEICHEN TRAGEN WIRD BIS ZUM
ENDE DER WELT: DIES IST MEIN GESETZ.
EIN WEISER STEHT NEBEN MIR. SEIN NAME IST RE-ATLAN-ANHETES. ER
WIRD SPRECHEN, WIE ICH SPRECHE. ER WIRD STRAFEN, WIE ICH STRAFE.
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