PR TB 071 Sturm Uber Babylon
feinen Schnitt in die Haut und zog vorsichtig die
Pfeilspitze heraus. Um mich waren nur die erregten Atemzüge der
anderen zu sehen. Ich sprühte ein ganzes Röhrchen Bioplast
auf die offene Wunde, öffnete dann den breiten Saum meines
Mantels und holte ein Stück Spezialverband heraus. Ich klebte
ihn über die Wunde. Dann verschloß ich den Saum, faltete
den Mantel zusammen und legte mit Hilfe der anderen Männer den
Assyrer auf den Mantel. Zwischen den Schulterblättern lag der
Aktivator, unkenntlich gemacht durch lederne Verkleidung.
„Es war nur eine Fleischwunde", sagte ich. „Die
Spitze ist am Knochen festgehalten worden. Wer seid ihr?"
Aus der Dunkelheit kam die Antwort:
„Freunde der neuen MardukPriester."
Ich hob die Lampe und leuchtete nacheinander in die Gesichter. Ich
kam bis fünfzehn. Jeder nannte seinen Namen, und ich war
überrascht, hier lauter Berufe zu finden, die zu den Spitzen der
Stadt gehörten. Schreiber, junge Feldherrensöhne,
Verwalter, ein Verwandter des Hammurabi, zwei Soldaten, ein
Baumeister und wieder mehrere Schreiber. Beim Vorletzten erlosch die
Lampe.
„Ich bin fremd", sagte ich. „Kennt jemand von
euch lachdun-chur?"
Das folgende Gespräch verlief in völliger Dunkelheit.
Ich saß auf dem Boden und lehnte mich gegen das Holz der Tür.
„Ja. Er ist seit zwanzig Tagen in der Stadt."
Ich holte Luft.
„Was sucht er?"
Die Antwort kam aus der linken, hinteren Ecke.
„Seine Schwester. Die Priester haben sie für Marduk
entführt."
„Was tut Marduk mit lachdun-churs Schwester?"
Kichernd sagte jemand aus der rechten Ecke.
„Er weidet sich an ihrer außergewöhnlichen
Schönheit und besitzt sie. Jede Nacht!"
Ein Mann räusperte sich und fügte trocken hinzu:
„Wahrlich Marduk ist ein großer Gott."
Du bist offensichtlich in eine Versammlung von Häretikern
gekommen. Nutze die Chancen! flüsterte mein Extrasinn.
„Also ist die Schwester des Assyrers im Tempel des Marduk?"
„Ja", war die Antwort. „Dort, wo er am höchsten
ist. Über ihr sind nur die Wolken. Das ärgert
lachdun-chur."
„Begreiflich", murmelte ich. „Und weswegen seid
ihr alle hier?"
Ein Gelächter war um mich herum; ein gespenstisches Lachen in
vollkommener Dunkelheit.
„Wir haben Marduk gelästert, weil wir den Priestern
vorwarfen, sie würden sich auf Kosten des Volkes bereichern. Sie
haben schnell zugeschlagen. Gewöhnlich werden die Gotteslästerer
verbrannt. Wir enden alle als Braten, Fremder."
Jemand lachte, hustete dann und brach ab. Er sagte erschöpft
aus dem Hintergrund:
„Du natürlich auch, Fremder!"
Sie wußten natürlich nicht, daß ich binnen
Minuten frei sein konnte. Ich erkannte den unschätzbaren Wert
der Informationsquelle, gleichzeitig spürte ich, daß die
„Brüder der Wölfe" hier, in diesem
Kellergefängnis, neugegründet werden würden. Ich
suchte nach einem Weg, um zu Hammurabi vorzustoßen.
„Hammurabi... er ist ein gerechter Herrscher?" fragte ich
behutsam.
„Ja. Hart und gerecht, aber hin und her gerissen zwischen
Heer und
Priesterschaft. Und seit die neuen Priester erschienen sind mit
ihren Wagen ohne Rädern ... "
Ich setzte mich kerzengerade auf.
Deine Feinde. Die Leute aus dem Raumschiff, wisperte mein
Estrasinn, aufs höchste erregt.
„Mit Wagen ohne Rädern?" fragte ich gedehnt.
„Ja. Sie haben von Hammurabi die Erlaubnis, einen neuen,
mächtigeren Tempel zu bauen, obwohl es der alte auch noch getan
hätte. Sie brauchen Material, Sklaven, Essen und Opfer. Viele
Opfer. Besonders teure und wertvolle Opfer nehmen sie sehr gern. Wir
alle warnten Hammurabi vor der Habgier der Männer und du siehst
das Ergebnis."
Die bekannte Stimme bemerkte kühl:
„Ich rieche die Zeder so gern. Hoffentlich nehmen sie für
den Scheiterhaufen Zedernholz."
Einer antwortete lachend:
„Für dich genügen Binsen, Freund Silchaha!
Gewöhnliches Schilf!"
„Hört zu", sagte ich. „Wir haben noch lange
Zeit, bis sie uns verbrennen. Ich habe euch etwas zu sagen, das euch
freuen wird.
Ich komme aus einem Land, das sehr weit entfernt ist. Meine
Krieger sind nicht tapferer als eure, aber sie sind besser
ausgerüstete. Und sie sind frei..." Wir redeten bis zum
Morgengrauen.
Ich entwickelte meinen Plan, sie antworteten und zeigten mir die
Unmöglichkeiten auf. Als der Tag graute wir sahen es daran, daß
eine fahle Helligkeit irgendwoher von oben einsickerte , waren wir
einig. Als das Licht stärker wurde, richtete sich mein Assyrer
auf und sagte:
„Mein Rücken
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