PR TB 074 Strafkolonie Erde
verschieden. "
Ich streckte eine Hand aus und zog Demeter an ihrem breiten Gürtel
näher. Als sie meine Finger an der Haut spürte, sprang sie
mit einem Satz zurück. Ich sagte leise:
„Zuerst befiehlst du mich hierher, dann hast du Angst
Demeter - du hast Angst?"
„Nein", sagte sie und kam wieder näher.
Ich wartete regungslos, schaute ihr ins Gesicht und wußte,
daß ich mit ein paar wohlgemeinten Äußerungen nicht
eine Weltanschauung innerhalb von Minuten umwerfen konnte. Vielleicht
gelang es mir, auf dem Umweg über Angst, Unbehagen, Unsicherheit
und Enttäuschung der jungen Frau näherzukommen, vielleicht.
Wahrscheinlich, sagte mein Extrasinn.
Ich durchforschte im Licht des Mondes ihr Gesicht, und mein Blick
schien ihr weh zu tun. Sie kam langsam näher, zögernd und
unsicher, mit winzigen Schritten. Diese Situation war ihr neu,
vollkommen ungewohnt, unverständlich. Sie blieb so dicht vor mir
stehen, daß unsere Zehen sich berührten. Dann fuhren ihre
Hände hinunter an den Gürtel, und die beiden Dolche fielen
in den Sand, dann schlug die Eisenschnall e schwer gegen meinen Fuß.
„Die Dolche sind weg", sagte sie „Was soll ich
jetzt noch tun?"
Ich deutete auf den Platz neben mir.
„Setze dich neben mich. Ich habe keinenDolch."
Sie setzte sich hin, steif und aufrecht wie eine Statue. Ich
drehte meinen Oberkörper, faßte in ihr Haar und zog die
beiden Spangen heraus. Als sie sich wehrte, bog ich behutsam ihre
Hände zurück. Das schwarze, glatte Haar fiel auf die
Schultern Demeters.
„Du bist kein Mann", murmelte ich beruhigend „Du
bist schön. Aber du bist häßlich wie Agamemnon, wenn
du nicht willst, daß du schön bist. "
Widerwillig sagte sie:
„Ich will schön sein. Jetzt. "
Ich nahm ihr Gesicht in beide Hände, drehte ihren Kopf herum
und küßte sie. Ich war, wie ich dabei verwundert
feststellte, der erste Mann, der sie je geküßt hatte. Als
die Sterne zu verblassen begannen und die ersten Vögel auf die
See hinausflogen, schlief Demeter in meinen Armen. Neben der
gebrochenen Säule kauerte Kerberos und wachte über unsere
Sicherheit.
Irgendwo über uns begann ein Steinchen zu rollen, wurde
schneller und schlug auf die Felsen. Dann polterte ein größerer
Stein den steilen Hang hinunter, fiel auf Moos, gegen Holz und ins
Gras, es klang wie Fußtritte. Einen Augenblick glaubte ich,
hoch oben, am Schnittpunkt zwischen dem fahlblauen Himmel und dem
Grün der am-phitheatralisch aufsteigenden Bucht, eine
menschliche Gestalt zu sehen grau, verschwommen und undeutlich -aber
ich hatte mich geirrt. Der Tag kam, mit ihm zog die Ahnung der Hitze
einher. Es knisterte in der Luft förmlich vor Elektrizität.
Es würde ein schweres Gewitter geben. Aieta Demeter sah mich an,
dann wurden ihre Augen schmal,unddie Nasenflügel bebten.
„Es war schön", sagte sie, „aber ich habe
verloren. "
Ich zog sie an mich, aber sie rührte sich nicht.
„Ich nabe verloren", sagte sie leise, beharrlich „Ich
wollte nichts anderes als einen Sohn von dir. Ich habe mich
verändert. Aber ich wollte mich nicht verändern. Deswegen
muß ich dich hassen, Atlan. "
„Ich nabe dir gezeigt, was es bedeutet, zu lieben, Demeter",
sagte ich und wischte eine Haarstrahne aus ihrer Stirn.
„Ich bin unterlegen."
„Niemand unterliegt. Jeder gewinnt", sagte ich leise.
„Ich bin von mir selbst gezwungen worden, anders zu sein,
als ich sein wollte. Ich bin nicht mehr Demeter, die Fürstin,
sondern Demeter, die Sklavin eines Mannes."
Ich stand auf und setzte mich hin.
„Du redest so dumm wie Menelaos", sagte ich laut und
scharf. „Du bist frei wie die Uferschwalbe. Meine Sklavin? Nimm
dein Pferd und reite weg! Schnell!"
Sie kniete vor mir, die Hände im Sand, und sah mich an, hart
und direkt.
„Aber du bist kein Mann, kein Grieche. Du bist ein Halbgott.
Ich werde jetzt ins Lager zurückreiten."
Ich blieb sitzen.
„Ich warte heute nacht wieder auf dich. Hier. Einige Stunden
früher", sagte ich. „Und du wirst kommen, das weiß
ich. Es ist nicht dein Stolz, der verletzt ist, sondern deine
Einbildung spielt mit dir. Heute nacht wirst du klüger sein. "
Sie hob den Gürtel auf, schwang sich wortlos auf das Pferd
und ritt davon. Kerberos drehte den Kopf und sah ihr nach, bis sie um
die Felsen des Vorsprunges verschwunden war.
Als ich ins Lager zurückkam, waren die Trojaner bereits
wieder in einen Angriff der Griechen verwickelt; noch während
sie versuchten, die Toten zusammenzutragen und vor den Mauern,
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